Eins

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vor acht Jahren

Lilly
"Darf ich mitspielen? Ich bin Lilly." Lächelnd stellte ich mich neben ein Mädchen in meiner neuen Klasse.
"Was ist das da in deinem Mund?"
"Das ist eine Zahnspange. Willst du mal sehen?" Ich machte mich daran, die lose Zahnspange aus meinem Mund zu friemeln, doch das Mädchen neben mir sprang erschrocken zur Seite.
"Lass die bloß da drin, das ist ja ekelig!" Und schon rannte sie weg. Die anderen Kinder folgten ihr, denn anscheinend war sie die Anführerin der kleinen Gruppe.
Enttäuscht ging ich zurück zu meinem Klassenraum. Direkt am ersten Schultag an der neuen Schule stand ich wieder allein da. Niedergeschlagen setzte ich mich neben die Klassenschildkröte Cassiopeia.
"Cassiopeia, jetzt sind wir die einzigen hier. Keiner will mit mir spielen. Aber du bist ja da. Zum Glück. Sonst wäre ich jetzt ganz allein." Lächelnd nahm ich die kleine Schildkröte auf den Arm.
"Hast du eigentlich schon mal gesehen, wie es draußen aussieht? Guck mal!" Langsam ging ich zum Fenster. "Da ist die Schaukel. Und dahinten spielen die Jungs Fußball."
"Sie redet mit einer Schildkröte, habt ihr das gehört? Lilly redet mit Cassiopeia, wie Momo. Alice! Alice, ich muss dir was erzählen!" Der Junge rannte aus dem Klassenraum zurück auf den Pausenhof.
Tränen stiegen mir in die Augen. Es war ein schrecklicher Tag. Niemand wollte mit mir spielen und jetzt erzählte der Junge der ganzen Schule, dass die Schildkröte meine einzige Freundin sei. Schnell setzte ich das Tier zurück ins Terrarium und ging zu meinem Platz.
Nach dem Klingeln strömte die Klasse in den Raum und alle begannen ihre Sachen auf den Tischen zu verteilen. Plötzlich kam Alice, die Anführerin der Klasse, höhnisch grinsend auf mich zu.
"Hey Momo, wo warst du denn in der Pause?"
"Ich war hier." Tapfer wischte ich eine Träne aus meinem Augenwinkel.
"Hast du dich mit Cassiopeia vor den grauen Herren versteckt?" Die Klasse begann zu lachen.
Schweigend starrte ich auf mein Heft vor mir.
"Pass auf, sonst kommen sie dich holen." Dann ging sie an ihren Platz. Bis die Lehrerin kam, ließen sie mich in Ruhe. Der Unterricht begann und Arbeitsblätter wurden verteilt.
Schneide die Puzzle Teile aus und setzte sie richtig zusammen.
"Los, Kinder. Ich hoffe ihr habt alle eine Schere dabei. In 15 Minuten vergleichen wir die Bilder, ja?"
Alle Schüler kramten fleißig ihre Scheren aus den Mäppchen. Mein Sitznachbar stupste mich an.
Überrascht sah ich ihn an. "Was ist?", flüsterte ich ihm zu.
"Kann ich mir deine Schere ausleihen, Momo?"
Mein Mund klappte auf und mein Blick haftete sich entgeistert auf seine Augen.
"Wieso guckst du so? Darf ich jetzt, oder nicht?"
Schweigend schob ich ihm meine Schere rüber.
Er hatte mich Momo genannt. Momo. Sollte das jetzt mein Spitzname sein? Direkt am ersten Tag wurde ich gemobbt. Na super. Den Namen würde ich auf jeden Fall nicht so schnell wieder loswerden...

Es war einmal ein Mauerblümchen...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt