Die Augen des Teufels
Katsuki
Montage nervten. Man konnte davon halten, was man wollte, aber die Arbeitszeiten eines Dämonenjägers waren Dreck. Vor allem, wenn man am nächsten Tag Schule hatte. Ich war nicht der Einzige, bei dem Schatten unter den Augen lagen. Gähnend schlurfte ich zum Klassenzimmer. Um nicht von den leidigen Statisten angelabert zu werden, verbarg ich meinen genervten Gesichtsausdruck nicht und versprühte zusätzlich eine Sprich-mich-an-und-du-bist-tot-Aura. Natürlich funktionierte es, bis ich an der Klassenzimmertür ankam und auf den Scheiß-Nerd traf.
„He Kacchan, hab gehört, du hast sechs Vermis und einen Nachtgnom erwischt." Izuku strahlte mich an wie seine beschissene hellgrüne Aura. Verdammtes Schattenreich!
Ich war der Einzige an der Schule, der die Farben der Auren sehen konnte. Noch nicht mal die Lehrer waren dazu in der Lage. Ein Phänomen, dass mir keiner erklären konnte.
„Klappe Deku! Steh mir nicht im Weg." Ich kannte die Nervensäge bereits aus dem Kindergarten. Wie hatte dieser Volldepp nur ein Dämonenjäger werden können? Jemand, der über solche Kräfte verfügte und sie ausschließlich für die Geisterjagd verschwendete, hätte nie eine Lizenz zum Dämonenjäger erhalten dürfen.
Ich zog die Schultern hoch. Vermis und Nachtgnome waren nun wirklich nichts, auf das man stolz sein konnte. Kinderkram, mehr nicht. Ich wollte endlich beweisen, dass ich mit S-Jägern mithalten konnte. Aber zurzeit war es nachts in dieser Hinsicht fast schon verdächtig ruhig auf den Straßen. Vor allem was die höheren Dämonen und Yōkai anging. Ohne diesen Statisten eines weiteren Blickes zu würdigen, setzte ich mich auf meinen Platz.
Ich war maximal angepisst. Aizawa hatte mir eine Standpauke gehalten: „Du weißt, dass ich das dem Rektor melden muss." Es war keine Frage gewesen. „Ist dir nicht klar, in was für einer Situation du dich befindest? Wenn das noch einmal vorkommt, wirst du die vorläufige Lizenz entzogen bekommen und von der Schule suspendiert. Willst du das? Wenn du dich nicht an die Regeln der Akademie hältst und dich bei der Jagd nicht einem Team anschließt, solange du deinen Unmei no kizuna nicht gewählt hast, war es das mit deiner Karriere als Jäger."
Also hatte ich jetzt die Qual der Wahl. Die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder ich schloss mich als fünftes Rad am Wagen, einem der Statisten an, oder ich würde von der Schule fliegen. Was gleichbedeutend war, dass ich niemals die Drecksdämonen finden würde, die für den Tod meiner Eltern verantwortlich waren.
Das übelste war, dass selbst Professor Toshinori Yagi mir ins Gewissen geredet hatte. Er war der bekannteste Dämonenjäger der Neuzeit und mein Mentor und mein Vorbild. Er hatte mich vor fünf Jahren nach dem Tod meiner Eltern aufgenommen und dafür gesorgt, dass ich die Ausbildung an der UA machen konnte, obwohl ich keine nennenswerte, magische Kraft besaß. Ihn wollte ich auf keinen Fall enttäuschen.
Der Unterricht zog sich in die Länge. Wieso hatten wir überhaupt so viel theoretischen Unterricht? Natürlich waren Fächer wie Dämonen-, Geister- und Fluchkunde wichtig, aber wer brauchte schon Biologie, Erdkunde oder Englisch. Dämonen verstanden eh nur eine „Sprache". Und da Professor Yagi auf einer Mission war, fiel das Training für die Geisterjagd am Nachmittag mal wieder aus. Und so wie es aussah, würden für mich auch die nächtlichen Jagden ausfallen. Ich musste mich wohl möglichst schnell für ein Team entscheiden.
Deku würde ich mich auf keinen Fall anschließen. Dieser scheiß Nerd war schon Grund genug, aber dieser untalentierte Mädchen-Tross, der ihn immer umgab, war noch schwerer zu ertragen. Er war mit Ochako einen Bund eingegangen. Ihnen hatten sich Kyoka und Tsuyu angeschlossen, die reinsten Nervensägen. Sie hatten ebenfalls noch keinen Unmei no kizuna. Zudem hatte sich das Team hauptsächlich auf die Geisterjagd und das Fluchbrechen spezialisiert. Dämonen und vor allem Yōkai lagen den Flachpfeifen nicht. Und Deku der Obertrottel, wollte nichts vernichten, was lebte. Er hatte wohl noch niemanden an die Dämonenbrut verloren. Die Existenz dieser Monster war ebenso widernatürlich, wie die von Geistern. Und nur weil diese im Volksmund auch als Dämonen bezeichnet wurden, hieß das noch lange nicht, dass sie das auch waren. Die sollten sich nicht Dämonenjäger nennen dürfen.
Tenya und Momo, die als erste den Bund geschlossen hatten, blieben lieber unter sich. Das galt auch für Yuga und Mashirao. Und Rikido und Hanta hatten ihren Partner ebenso noch nicht gefunden, aber sie waren so gar nicht auf meiner Wellenlänge. Neito und Itsuka waren ein schönes Pärchen, gleichwohl ein Totalausfall, was die Dämonenjagd anging. Und wer wollte sich schon Yosetzu und Ibarra anschließen, außerdem waren die in einem Team mit Kosei und Yui.
Wenn ich mich Eijiro und Denki anschloss, konnte ich nur hoffen, dass Dummheit nicht ansteckend war. Was hatte sich das Schicksal nur dabei gedacht, als es das Band zwischen den Vollpfosten schloss und sie zu Unmei no kizuna machte? Dennoch hatte diese Trottel-Truppe einige Erfolge zu verzeichnen. Minus mal minus gab eben Plus. Zudem kam Eijiro so was wie einem Freund am nächsten. Verdammtes Schattenreich! Ich musste mich bald entscheiden.
Am Wochenende hatten wir dann letztlich alle frei. Kackfrisur und Pikachu hatten mich in den abgefuckten Club am Rande von Shibuya geschleift, in dem heute angeblich ein bekannter DJ auflegen würde. Wieso hatte ich mich nur dazu überreden lassen? An der blinkenden Leuchtreklame war ein Buchstabe defekt und machte einen eher schäbigen Eindruck. Der Türsteher musterte uns, ließ uns dann aber hinein, obwohl wir erst 17 waren.
„Wir haben hier schon mal einen Geist ausgetrieben", sagte Eijiro, als würde das alles erklären.
Man konnte es eigentlich nicht glauben, dass sich ausgerechnet in einem Vergnügungsviertel Dämonen und Geister versammelten, wie kack Fliegen um einen Scheißhaufen.
Die drecks Musik war so laut, dass es mich wunderte, dass ich noch nicht aus den Ohren blutete. Die Gäste drängten sich an den Tresen, als gäbe es Getränke umsonst. Die Stimmung war so aufgeladen, als wäre der hämmernde Bass elektrischer Strom, der durch die Adern floss.
Durch den Club waberten Schwaden von Trockeneisnebel und zusammen mit den blauen und grünen Laserspots verwandelte sich die Tanzfläche in eine bizarre Fantasiewelt. Sie war ein Meer aus schweißglitzernden Körpern, die sich im Gleichklang wie ein einziger Organismus bewegten und Wellen von Energie verströmten. Der wummernde Bass aus den übergroßen Boxen zerrte jede Minute mehr an meinen Nerven.
Kaminari kam mit drei Flaschen Bier von der Bar zurück und drückte mir und Kirishima eines in die Hand. Die hatten ihm Alkohol verkauft? Mit 17? Ungläubig sah ich ihn an.
Er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. „Verzieh nicht so die Visage. Ein Bier wird dich schon nicht umbringen."
Ich knurrte genervt, nahm aber einen Zug. Das Bier war eiskalt und schmeckte bitter. Eijiro nahm auch einen Schluck und legte den Arm um die Schultern seines Freundes. Das rote Band, das sich wie eine Tätowierung zweimal um sein Handgelenk wandte, leuchtete kaum merklich auf, so wie das von der Dumpfbacke. Ob die zwei so etwas wie ein Liebespaar waren? So wie Tenya und Momo, deren Band auch zwei Windungen besaß? Sie schwiegen sich aus, aber ich vermutete es. Ein Unmei no kizuna verband die Seelenpartner. Die erste Schlaufe verknüpfte die Seele, die zweite das Herz. Ich konnte noch nicht mal erahnen, wie tief so eine Beziehung ging. Aber wer brauchte schon einen Seelenpartner. Die Dämonenjäger glaubten daran, dass dieses Band sie stärker machte. Aber wie man an mir sah, konnte man auch ohne so einen Quatsch der Beste werden.
Aufmerksam ließ ich den Blick durch die Menge gleiten. Die Auren der Menschen schimmerten in unbedenklichen Blau- und Grüntönen. Ich entspannte mich ein wenig, auch wenn mich misstrauische Blicke musterten. Ich war es gewohnt. Die Menschen reagierten meistens so auf mich. Besser so. Dann ging mir auch keiner dieser Waschlappen auf die Nerven. Auch wenn sie meine ungewöhnliche, graue Aura nicht sehen konnten, schienen sie diese irgendwie wahrzunehmen.
Ich sah meinen bescheuerten Mitschülern zu, wie sie sich auf der Tanzfläche einen abzappelten. Das war nur nach einem zweiten Bier zu ertragen. Ob der Barkeeper auch mir eines verkaufen würde?
Urplötzlich und wie aus dem Nichts brandete eine dunkle Energie durch den Club. Ein Dämon war hier. Einer, der menschliche Gestalt annehmen konnte. Seine Aura so schwarz wie seine Seele. Er lief an mir vorbei und rempelte mich unverhohlen an. Wollte er mich damit provozieren? Dieser Drecksack würde sterben.
Ich folgte ihm, als er auf einen Notausgang zusteuerte. Meine übernatürlichen Sinne brummten geradezu, als ich die Emotionen des Höllendämons auffing. Er hatte die Absicht zu töten. Seine Mordlust war nicht zu verkennen. Ich drängte mich durch die Menschenmasse, riss die Tür auf, durch die er verschwunden war und stand im Freien.
Ich sah mich in der spärlich beleuchteten Gasse um. Keine Spur von dem scheiß Dämon. Beißender Gestank schlug mir entgegen. Müll in aufgerissenen schwarzen Plastiktüten stapelte sich neben überfüllten Containern.
Etwas zischte durch die Luft und im selben Moment traf es mich im Genick. Reflexartig griff ich danach und zog es heraus. Verdammtes Schattenreich, das war ein scheiß Giftstachel, wie sie Arachnoid-Dämonen besaßen. Scheiß gefährlicher hoher Dämon der Kategorie 4. Ich sah nach oben. An der Häuserwand klebte das hässliche Monster wie eine fette Spinne und glitt langsam herunter. Das war also seine wahre Gestalt.
Ich wollte nach meiner Fluchklinge Dynamight greifen und begriff, dass sie nicht wie sonst unter der Jacke versteckt war. So ein Dreck. Er riss das überdimensionale Maul auf. Zwischen zwei Reihen spitzer Zähne tropfte grüner Schleim. Eine schwarze, pockige Zunge züngelte hervor. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle. Sein heißer, stinkender Atem wehte mir entgegen und nahm mir fast die Luft zum Atmen. Den Schlag mit dem Schwanz sah ich nicht kommen und er brachte mich aus dem Gleichgewicht. Ich stolperte und landete auf dem Rücken. Mein Kopf und die Schultern krachten auf die Straße.
„Verdammtes Schattenreich!"
Ein zweiter Stachel traf unterm linken Schlüsselbein. Millimeter über dem Herzen. Der Dämon stürzte sich schrill schreiend auf mich. Ich rollte zur Seite und er verfehlte mich. Er kam rutschend zum Stehen, als seine Klauen den Boden aufrissen. Blitzschnell drehte er sich um und griff erneut an. Ich versuchte, mich mit äußerster Kraft aufzurappeln, doch das lähmende Gift tat seine Wirkung. Er würde mich erwischen. Fuck!
Noch im Sprung ging der Dämon in Flammen auf und regnete als Asche auf mich nieder. Was bei allen verfluchten Dämonen war das gerade? Ich sah mich um. Stand da jemand? Ein Dämonenjäger? Ich blinzelte. Die Straßenlampe im Hintergrund blendete mich und ich konnte die Person nicht richtig erkennen. Noch immer regneten Aschepartikel herab. Eh sie den Boden berührten, lösten sie sich vollständig auf.
Ein Junge in meinem alter trat auf mich zu und mein Blick blieb an ihm kleben. Ich starrte ihn an, als wäre er ein Außerirdischer. Er war von einer silberlichten Aura umgeben. Das alleine hätte mich schon zweifeln lassen, ob ich meinen Augen trauen konnte. Doch da war noch diese dunkle, lodernde Corona. Nein nicht dunkel. Sie war pechschwarz, als würde sie jegliches Licht verschlingen. Er trat einen weiteren Schritt auf mich zu und die Corona hellte sich auf, schimmerte rötlich, bis sie schließlich ganz verschwand. Mir schwindelte und ich schüttelte den Kopf, um klarer zu sehen. Ein Blitz schien durch mein Hirn zu jagen. – Autsch!
Jetzt erst sah ich den Bastard genauer. Was zum Henker? Hatte der sich nicht für eine Haarfarbe entscheiden können? Während die eine Seite so weiß war, wie scheiß frisch gefallener Schnee, war er mit der andern wohl in einen Farbtopf für Feuermelder gefallen und hatte gleich noch seine linke Gesichtshälfte mit angemalt? Ich spürte, wie mein Kiefer aufklappte. Ich hatte mich noch nicht ganz von diesem Farbunfall-Schock erholt, als sich unsere Blicke trafen und ich in die faszinierendsten heterogenen, mandelförmigen Augen sah, die ich je gesehen hatte. Ein Gewitter schien in ihnen zu toben. Zuckende Blitze, Wirbel in leuchtendem Blau und eisigem Grau. Wie machte er das? In seinem Blick lag pures Erstaunen. Gerade so, als ob ich hier das Alien wäre und er nicht glauben konnte, dass es mich wirklich gab.
Die ersten drei Knöpfe seines Hemdes standen offen, ließen einen Blick auf die definierte Brust erahnen. Sein Schlüsselbein zeichnete sich unter der hellen alabasterfarbenen Haut ab. Mir lief ein Schauer durch den Körper. Fuck, der Typ war echt – heiß? Mir schwindelte erneut.
„Geht es dir gut? Du siehst blass aus."
„Ich seh immer so aus", knurrte ich. Aber ich konnte nicht leugnen, dass mein Herz schneller schlug als gewöhnlich und ich mich zittrig fühlte. „Aber du solltest dir das Geld von deinem Friseur wieder zurückgeben lassen!"
„Friseur?"
Ich verdrehte die Augen. War der wirklich so schwer von Begriff, oder wollte er mich nur verarschen? Oder hatte er sich selbst die Farbe in die Haare geschmiert? Womöglich um bei den Mädels aufzufallen. Was ein Idiot.
„Ich rede von deiner scheiß Pokèball-Frisur."
„Pokèball?"
„Und was ist mit deinem Gesicht ...?" Verdammtes Schattenreich, vor meinen Augen flimmerte es. Ich wollte dem begriffsstutzigen Idioten eine gepfefferte Antwort geben, doch als hätte jemand den Schalter umgelegt wurde meine Welt schwarz.
Shoto
Er musterte mich mit einem langen Blick aus granatroten Augen, die glänzten wie flüssiges Feuer. Die schwarzen Pupillen waren ganz leicht oval und weckten meine Neugier und für ein paar Sekunden verfing ich mich darin. Blondy sah mich musternd an und versuchte, sich aufzurappeln.
„Geht es dir gut? Du siehst blass aus."
Für einen Dämonenjäger hatte er sich nicht gerade geschickt angestellt. Wie kann man ohne Waffen einem Höllendämon gegenübertreten? Das war ziemlich dumm.
Was war an ihm so außergewöhnlich, dass mein Vater wollte, dass ich ihn beschützte? Nach dieser absonderlichen, gräulich nebulösen Aura zu urteilen war er sowas wie ein Halbyōkai. Ungewöhnlich, aber noch lange nichts Besonderes. Er war heiß, doch daran lag es wohl nicht. Seltsam war nur, dass er seinesgleichen jagte und die offensichtlich ihn. Etwas kam mir bizarr vor. Ich wusste nicht, was es war, aber ich spürte eine obskure Verbundenheit, als hätte uns eine mystische Macht oder das Schicksal selbst hier zusammengeführt und das machte mich neugierig.
„Ich seh immer so aus", entgegnete er. „Aber du solltest dir das Geld von deinem Friseur wieder zurückgeben lassen!"
Ich wusste nicht, wovon er da eigentlich redete, aber bevor er sich erklären konnte, verdrehte er die Augen und kippte ohnmächtig zur Seite.
Ich kniete mich zu ihm. Der Arachnoid-Dämon hatte ihn erwischt. Der haarnadelgroße Stachel durchbohrte seine schwarze Lederjacke und steckte noch in seiner Brust. Schnell zog ich das Ding heraus. Was sollte ich jetzt tun? Ich strich ihm die blonden Strähnen aus dem Gesicht. Seine Haare waren weicher, als sie aussahen.
Vorsichtig legte ich die Hand auf seine Stirn. Erschrocken riss ich sie zurück und starrte ihn ungläubig an. Hölle und Verdammnis! Was war das? Seine gräulich diffuse Aura, die für den Bruchteil einer Sekunde golden geleuchtet hatte, erlosch augenblicklich. Erneut legte ich meine Hand an seine Stirn und sofort umgab ihn wieder dieses goldene Glimmen. Ich riss sie nochmals weg und das Leuchten erstarb. Wieso verbarg er seine Aura unter einem Schleier? Auch beim dritten Mal änderte sich nichts. Diesmal ließ ich meine Hand so lange liegen, um festzustellen, dass er wie zu erwarten Fieber hatte, und ich wusste, es würde noch steigen.
Er sah eindeutig besser aus als auf dem Bild der Depesche. Von einer ungewöhnlichen Aura stand da aber nichts und ich vermutete, dass noch mehr Informationen fehlten. Ich atmete tief durch. Hier konnte ich ihn jedenfalls nicht liegen lassen.
Mein Hemd riss auf, als ich meine Schwingen ausbreitete. Ich hob ihn hoch und flog mit ihm zum Pandämonium. Wahrscheinlich würde Fumikage ungehalten sein, aber was blieb mir für eine Wahl? Mein Vater würde mich in die Feuergruben schicken, wenn ich seinen Anordnungen nicht nachkam und der hier brauchte ein Gegengift.
Ich landete auf der Dachterrasse des Pandämoniums, von der ich direkten Zutritt in meine Wohnung hatte. Vorsichtig legte ich ihn auf das Bett. Sein Fieber war gestiegen und sein Herz raste. Er brauchte dringend Hilfe.
„FUMIKAGE, KOMM SOFORT ZU MIR!", flüsterte ich in die Stille hinein, aber wenn er im Haus wäre, würde er mich hören und sogleich hier erscheinen.
Es dauerte keine fünf Sekunden und er landete auf der Terrasse.
„Es muss ja mächtig wichtig sein, wenn ihr mich so ruft. Eure Königliche Hoheit." Er bemühte sich nicht mal, den Sarkasmus in seiner Stimme zu verstecken. Er wusste, dass ich es hasste, so angesprochen zu werden. „Mir ist vor Schreck eine Flasche französischer Champagner aus der Hand gefallen."
„Französischer Champagner ist redundant."
„Klugscheißer", raunte er vor sich hin, gerade so leise, dass ich es noch hören konnte.
Ich überhörte es geflissentlich. „Komm schon rein und flippe bitte nicht aus! Ich brauche deine Hilfe. Besser gesagt, er braucht sie."
Sein Blick fiel auf das Bett, das quasi mitten in dem loftartigen Apartment stand.
„Verdammt! Du hast ihn hier hergebracht? Er ist ein verfluchter Dämonenjäger."
Ich ging nicht auf seinen Protest ein. „Er wurde von einem Arachnoid-Dämon gestochen. Hol mir die Hexe Himiko Toga her. Sie weiß, was zu tun ist."
Hexen waren Halbdämonen, deshalb würde sie ihm sicher am besten helfen können.
„Darüber wird sie nicht sehr glücklich sein."
„Ist mir egal. Wenn nötig, schleif sie hier her! Und beeil dich!"
Er verbeugte sich und machte zwei Schritte rückwärts. „Wie Sie wünschen, Eure Königliche Hoheit." Dann flog er in die Nacht davon.
Ich verdrehte die Augen und setzte mich zu dem Blondschopf aufs Bett. Sein Körper war so heiß, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. Ich zog ihn aus, bis auf seine schwarzen Unterhosen. Was für wohlgeformte Muskeln er hatte. Ich ließ die rechte Hand über ihn gleiten und überzog ihn mit einer dünnen Eisschicht, um sein Fieber zu senken. Erstaunt stellte ich fest, dass meine eigene Aura ebenfalls aufstrahlte wie ein Komet am Nachthimmel. Was war das zwischen uns? Was verschwieg mir mein Vater noch alles? Oder wusste er nichts davon? Schwer vorstellbar.
Zehn Minuten später schwebte die Hexe durch das offene Fenster. Sie sah so jung aus, wie ein Schulmädchen, aber sie war steinalt.
„Ihr habt nach mir geschickt, Hoheit." Sie neigte den Kopf.
Ich stand auf. „Hilf ihm!", sagte ich, ohne mich lange mit Höflichkeiten aufzuhalten.
Sie trat ans Bett. „Er wurde von einem Arachnoiden-Stachel getroffen?"
„Ja, wahrscheinlich von zwei."
„Verstehe." Sie zog ein Flakon aus ihrem Umhang und setzte sich ihrerseits zu ihm ans Bett. „Was für ein hübscher Jüngling." Sie kicherte. „Ihr habt ihn in Eis gepackt. Das hat ihm das Leben gerettet." Sie öffnete das Fläschchen und brachte es an seine Lippen. „Ein paar Tropfen sollten genügen. Er wird noch ein, zwei Stunden schlafen und wenn Dornröschen aufwacht, wird er sich wie neu geboren fühlen."
Sie grinste zufrieden, doch auf einmal weiteten sich ihre Augen und sie schnüffelte argwöhnisch an dem blonden Dämonenjäger.
„Fumikage hat gesagt, er wäre ein Halbyōkai oder ein Halbdämon, so wie ich, aber er riecht so ganz anders."
„Was soll das heißen?" Mir war das leichte Aroma nach Minze und sowas wie Popcorn auch aufgefallen, aber ich hielt es für den Duft seines Duschgels oder Shampoos.
Ich schnupperte skeptisch. Ja, da war noch etwas anderes. Ganz dezent im Hintergrund, aber ich wusste nicht, woran es mich erinnerte.
„Was immer Ihr Euch da für ein Spielzeug mitgebracht habt, in ihm fließt kein Dämonenblut. Er hat was Menschliches, eindeutig. Aber da ist noch etwas anderes."
„Du irrst dich. Das kann nicht sein."
Ihre gelben Augen schienen zu glühen und ihr Grinsen wurde breiter. Blitzschnell zog die Hexe ein Messer und bevor ich begriff, was sie tat, hatte sie ihm in den Hals geritzt. Ein Tropfen Blut quoll hervor und lief als kleines Rinnsal über die Haut.
Himiko fing es mit einem ihrer überlangen Fingernägel auf und leckte es davon ab. Sie riss die Augen auf, griff sich an den Hals. Hustete und spuckte, als müsste sie sich gleich übergeben. Röchelnd tastete sie nach etwas in ihrem Umhang und zog einen Hexentrunk hervor. In gierigen Zügen trank sie davon. Der Hustenanfall ließ nach. Laut fluchend wischte sie sich mit dem Ärmel den Mund ab.
„Alles in Ordnung?", erkundigte ich mich.
„Was bei allen sieben Höllen war das? Stark! Viel zu stark. Der ist ganz bestimmt kein Halbdämon. Sein Blut ist toxisch." Sie funkelte mich an. „Dafür schuldet Ihr mir was, Höllenprinz!", zischte sie und legte die Hand an die Stirn des Blonden. „Angenehme Träume wünsche ich dir." Mit einem schrillen Kichern flog sie zurück in die Nacht.
Fumikage trat aus den Schatten hervor. „Kann ich noch etwas für dich tun?"
„Sag, was verschweigt mein Vater mir?"
„Ich befürchte, da kann ich dir nicht weiterhelfen. Aber es hat bestimmt einen Grund, dass er will, dass du diesen Menschen, oder was er auch immer ist, beschützt."
Ich atmete tief durch. „Da geb ich dir recht. Danke für deine Hilfe."
Fumikage verbeugte sich kaum merklich und verschwand.
Ich setzte mich neben den Jäger und musterte ihn erneut. In diesem Bett hatte auch schon der eine oder andere ansprechende Mann gelegen, aber er war wirklich gut gebaut und bildhübsch. Attraktiver als so manche Frau.
„Was bist du nur? Wieso glaube ich, dass du mir nur Ärger machen wirst?" Ich fuhr mit der linken Hand über seinen Körper und entfernte die restliche Eisschicht. „Es wird dir bald besser gehen." Sein Fieber würde jetzt von alleine sinken. „Du bist wirklich schön."
Ich fuhr die Konturen seiner Bauchmuskeln nach bis zum Bund seiner Boxer. Kurz blieb mein Blick an der Beule in seiner Hose hängen. Reagierte Blondy auf meine Berührungen? Mein Herz machte einen seltsamen Sprung und erschrocken fuhr ich schnell weiter bis zu seinen Füßen. Hölle und Verdammnis, was war das eben?
Fortsetzung folgt.
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Hallo ihr Lieben,
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen. Lasst es mich gerne wissen.
LG Nesaia
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Unmei no kizuna - Band des Schicksals
FanfictionYōkai, Engel, Dämonenjäger, Götter und Menschen... Die Fäden des Schicksals sind unfassbar stark, wenn auch oft verworren. Kann am Ende das zusammenfinden, was zusammengehört? Oder schaffen es, die dunkelsten Mächte sie für alle Zeiten zu zertrennen...