Fängt das Leben mit dem ersten Atemzug an?
Oder erst, wenn man etwas richtiges erlebt?
Wann fängt mein Leben denn richtig an?
Obwohl ich schon seit 17 Jahren auf dieser Erde herumlaufe, habe ich nicht das Gefühl, dass ich lebe. Zu leben, heißt doch Dinge zu entdecken, Emotionen zu fühlen, zu empfinden und Erinnerungen zu sammeln.
Tue ich nicht genau das?
Wieso fühle ich mich dann so, als würde ich nicht leben? Als wäre alles leer und stumpf. Nicht real genug. Nicht tief und nicht ehrlich oder wichtig genug.
Als Anführerin des Cheerleader Teams und begehrtestes Mädchen der Schule, könnte man denken, dass ich alles erlebe, was es zu erleben gibt. Und das in vollen Zügen.
Partys, Übernachtungen, Geheimnisse, Freunde und all der Kram der so aufregend sein soll. Nichts davon zählt wirklich, wenn man weiß, wie unfair das Leben eigentlich ist. Es zerreißt dich in Stücke und sorgt dafür, dass du erwachsen wirst, ohne überhaupt bereit dafür zu sein. Als wäre es nicht genug dich zu Fall zu bringen, trampelt es noch auf dir herum und lacht dich aus.
Wenn ich eines der genannten Dinge im Übermaß erlebe, dann sind es Geheimnisse. Geheimnisse, die so schwer wiegen, dass sie dich an den Grund des Ozeans ziehen könnten. Langsam, aber sicher, während du dein Leben an dir vorbeiziehen siehst.
Das einzige Problem daran ist, dass es nicht meine Geheimnisse sind. Vielleicht ist es deswegen umso schwerer. Mit so viel Last auf meinen Schultern durch ein Leben zu gehen, was nicht so schön ist, wie es von außen aussieht, kann einen umbringen.
"Hi."
Ich zucke heftig zusammen, als Cole mich, fast schon brutal, aus meinen Gedanken reißt und realisiere, dass ich immer noch vor meinem offenen Spind stehe. Meine Bücher, fest an die Brust gedrückt. Endlich, lasse ich sie los und verstaue sie im Spind, bevor ich ihn stumpf Grüße.
"Hi", sage ich zurück, mit großer Bemühung normal zu wirken und schließe den Spind.
Seine Augen wandern über meinen Körper. Es kostet mich Kraft, nicht die Augen zu verdrehen. Es ist so typisch für ihn. Er ist der Kapitän der Football Mannschaft also habe ich, ungewollt, viel mit ihm zu tun. Typen wie Cole sind eklige, seelenlose Neandertaler, die kein Rückgrat haben.
Er hatte einige Dates, mit meiner besten Freundin Ruby und jetzt ist sie verrückt nach ihm. Ruby liebt Sportler und übersieht daher, die Tatsache, wie widerlich sie sein können. Ich würde ihm, am liebsten, ins Gesicht schreien. Ihm sagen, dass er mit meiner besten Freundin ausgeht und mich nicht so anschauen sollte, denn Ruby ist zu gut für ihn.
"Du siehst heute verdammt gut aus", sagt er, mit einem Grinsen, dass für ein komisches Gefühl in meiner Bauchgegend sorgt. Kein positives Wohl bei bemerkt. Er ist so leicht zu beeindrucken. Ich Tage nur ein rosa T-Shirt, mit zerschnittenem Kragen und einen schwarzen Rock.
Ich seufzte.
"Danke", murmle ich trocken und schlucke, weil die Situation komisch und unangenehm ist. Ich mag es nicht, mit ihm zu reden. Oder ihn anzuschauen. Oder irgendetwas, dass mit ihm zu tun hat. Ich mag Cole Peterson einfach nicht. Ich muss ihn oft genug ertragen, bei Besprechungen, mit dem Team oder bei den Spielen.
Er beißt sich auf die Unterlippe.
Ich muss hier schnell weg.
Widerlich.
"Du sahst bei dem Spiel heute echt heiß aus. Dein Körper ist sehr flexibel."
Ob das ein Kompliment oder einfach nur übergriffig ist, weiß ich gerade nicht. Es gehört sich nicht, dass er meinen Körper während dem Spiel so betrachtet. Ich beiße die Zähne zusammen, um keine Szene zu machen. Diese Unterhaltung schlägt eine Richtung ein, die weder mir noch Ruby gefallen wird. Deshalb beende ich die Konversation und laufe einfach an ihm vorbei.