"Wir werden dir die Nägel machen lassen und dir ein paar Drogerie Produkte besorgen. Dinge die Frauen eben brauchen. Was auch immer sie sind." Er klingt genervt, aber das ist mir egal. Nach der letzten Nacht kümmert es mich nicht mehr, wie er sich fühlt und ob ich ihn nerve. Ich werde mich nicht mehr extra gut anstellen damit es ihm passt.
Ich rolle das Fenster herunter und atme die frische Luft ein.
"Mhm."
Ich möchte nicht mit ihm reden. Je weniger ich mit ihm sprechen muss, desto besser. Ich spiele mit einer Haarsträhne, um mich abzulenken.
"Was möchtest du essen?", fragt er mich und ich bin so überrascht, dass ich für einen Moment innehalte. Er überlässt mir die Wahl? Habe ich mich letzte Nacht behauptet und dadurch Rechte gewonnen?
Ich zucke mit den Schultern. "Ist mir egal", antworte ich. Mit jeder Minute verliere ich mich ein Stück mehr. Ich werde kälter und es macht mir Angst. Ich möchte nicht so werden wie er. Trotzdem zeige ich ihm die kalte Schulter.
Er atmet hart aus. Es scheint so, als würde er sich gerade so zusammenreißen können.
"Verlier diese Attitüde oder ich ficke sie aus dir raus."
Mein Herz implodiert und meine Lippen öffnen sich. Ich drehe mich weg, hoffend, dass er nicht bemerkt, wie ich rot anlaufe. Mir wird warm also halte ich eine Hand aus dem Fenster. Diese Drohung ist nicht so wie die anderen. Sie ist persönlich. Und irgendwie macht der Gedanke daran mich verrückt.
"Wir haben viel zu tun und ich habe keine Nerven für deine Laune."
Ich funkle ihn böse an, doch er bemerkt es nicht, denn er schaut wütend nach vorn. Ich verschränke die Arme vor der Brust.
Nachdem wir gegessen haben, besorgen wir die Drogerie Produkte, von denen er gesprochen hat. Shampoos, Conditioner, Seife, Binden und Tampons, Cremes und sogar Make-up Produkte. Es fühlt sich komisch an. Einerseits bin ich froh so versorgt zu werden damit es mir an nichts fehlt, aber andererseits heißt es, dass sie vorsorgen, weil ich hier für längere Zeit bleiben werde. Wie sehr ich es auch hasse, bin froh, dass ich mir keine Sorgen um diese Dinge machen muss und alles bekomme. Sie könnten mich auch benutzen und dann in einer Ecke versauern lassen. Aber dann wäre ich nicht mehr schön genug, um Männer zu verführen.
Er lässt mir sogar die Nägel machen. Der Nagel Salon gehört offensichtlich zu ihnen, denn er hat um diese späte Uhrzeit geöffnet und sie kennen ihn. Wer weiß wie viele von den Frauen hier noch herkommen. Wie viele er noch herbringt. Kümmert er sich neben mir noch um andere?
Wir verlassen den Salon gegen dreiundzwanzig Uhr und gehen zurück zu seinem Auto.
Auf dem Weg knicke ich in den hohen Schuhen um und falle. Auf diesen Schuhen zu laufen ist die Hölle. Ich bin es nicht gewohnt. Ich rechne mit einer harten Landung und einem Bruch, doch zwei Hände packen mich an meiner Taille und halten den Sturz auf. Mein Gewicht verlagert sich und er stützt mich mit einem Arm um meine Taille. Die andere Hand lässt er fallen.
Ich atme erleichtert auf, weil ich keine Bekanntschaft mit dem Bordstein machen möchte.
Unsere Blicke treffen sich.
Die Zeit bleibt stehen.
Ich bin ihm so nah, dass in ihm gefangen bin. Es gibt keinen freien Zentimeter zwischen uns.
Er sieht genau so überrascht aus wie ich. Zum ersten Mal sehe ich wie er unvorbereitet getroffen wurde.
Meine Finger sind um seine breiten Arme gekrallt, suchend nach halt. Er scheint es im selben Moment zu bemerken, denn seine Muskeln spannen sich an und sein Blick verhärtet sich.