Die wenigen Laternen auf dieser holprigen Straße erhellten den finsteren Waldweg nur für wenige Sekunden. Zum Glück besaß der Wagen, der sich mühsam über die Straße schlängelte, wenigstens ein funktionierendes Scheinwerferlicht; das andere hatte vor einigen Stunden seinen Geist aufgegeben. Es war ein älteres Modell, seine Besitzerin eine ältere Dame, die von ihrem pummeligen Mops auf dem Beifahrersitz Gesellschaft erhielt. Dieser war aber nicht der einzige Mitfahrer.
Regentropfen prasselten rhythmisch auf das Dach des Autos und füllten den Innenraum mit einem beruhigenden Geräusch – doch jenen Mann auf dem Rücksitz vermochte es nicht zu beruhigen. Seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, die Kleidung durchnässt und klebend an seinem Körper, saß er da und blickte hinaus in den Regen. Es waren Stunden gewesen, die er im Freien verbracht hatte. Normalerweise keine Seltenheit für ihn. Nur war dieses Mal der Regen hinzugekommen. Sehnsüchtig dachte er an eine heiße Dusche und an das wohltuende Gefühl der Wärme, das ihn durchströmte, sobald er endlich einen Kaffee bekam.
Jake war auf dem Weg in eine abgelegene Kleinstadt, nähe Duskwood's. Vor Stunden hatte er sein provisorisches Quartier verlassen, um zu verhindern, dass Shiwon sich in große Gefahr brachte. Auf keinen Fall durfte sie diese Minen betreten. Wie es der Zufall so wollte, fuhr doch tatsächlich jemand an ihm vorbei – und blieb sogar stehen. So kam eins zum anderen. Vor wenigen Monaten wäre er nicht einfach in das Auto eines Fremden gestiegen. Jetzt lief ihm allerdings die Zeit davon.
„Sollten bald da sein. Ich schätze mal so 15 Minuten, wenn nichts dazwischen kommt.", ließ es ihn die betagte Dame wissen. Jake nickte nur. Glücklicherweise war sie eher von der schweigsamen Sorte, die keine nervigen Fragen stellte. Gedankenverloren beobachtete er, wie die bedrohlich wirkenden Bäume an ihnen vorbeizogen. Leichte Nebelschwaden umhüllten die alten Kiefern, während sich das Mondlicht zwischen den Wolken zeigte und eine mystische Szenerie schuf. Ein leises Brummen in seiner Hosentasche ließ den schwarzhaarigen leicht zusammenzucken. Mit einem stillen Seufzer zog er sein Handy aus der feuchten Hosentasche und schaltete es ein. Entgegen seinen Erwartungen war es Lily, die ihm geschrieben hatte. Ein wenig enttäuscht, dass es nicht Shiwon war, öffnete er den Chat seiner Halbschwester.
Lilly:
Jake, wo bist du? Shiwon und ich machen uns große Sorgen.
Falls du das hier liest, solltest du dich dringend bei Shiwon melden.
Mein Bauchgefühl sagt mir, dass Shiwon nicht mehr lange die Füße still halten wird.Du weißt doch, wie sie ist. Hat sie sich einmal was in den Kopf gesetzt, zieht sie es volle Kanne durch. Egal, was wir sagen. Du bist der einzige, der sie zur Vernunft bringen kann.
Ein weiterer Seufzer verließ seine Lippen. Flink texte er Lilly und versprach ihr, sich bei Shiwon zu melden. Das war allerdings gar nicht so leicht. Minuten lang starrte er die geschriebenen Worte an, die sie ihm als letztes geschickt hatte.
Er hat sich an mich gewandt. Das muss doch etwas bedeuten, Jake!
Ich hole die beiden heil nach Hause, mit oder ohne deine Zustimmung!Immer wieder las er den Satz in seinen Gedankengängen vor.
Leise schimpfend, stopfte er das Handy zurück in seine Hosentasche.Ich schreibe ihr, sobald ich im trockenen Sitze und einen Plan ausgearbeitet habe. Erst dann habe ich eine Chance, dass sie mir zuhören wird. Vorher sollte ich mich wohl für mein kindisches Verhalten entschuldigen. Einfach offline gehen. Bin ich 10 oder was?
Angespannt, drückte er sich etwas mehr in die Rückenlehne. Vielleicht konnte er so die restliche Autofahrt ein wenig entspannen.
In der Tat kam die alte Karre nach 15 Minuten vor einem heruntergekommenen Motel zum Stehen. Dieses erstreckte sich am Rande der verschlafenen Kleinstadt. Eine Ansammlung eingeschossiger, länglicher Gebäude, die sich wie eine Perlenkette entlang des Parkplatzes zogen. Jedes Zimmer hatte seine eigene Tür, die direkt ins Freie führte. Eine alte Metallüberdachung diente als Veranda, davor ein abgewetzter Plastikstuhl, der wohl zum Verweilen einladen sollte.
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Duskwood: Das dunkle Herz
FanfictionJake täuschte seinen Tod in den Minen vor, um einen gefährlichen Deal mit dem FBI zu vollenden. Bald könnte er endlich wieder mit Shiwon vereint sein. Doch Shiwon glaubt, Jake sei wirklich tot - und sie ahnen nicht, dass seine Vergangenheit sie beid...