Wir sind Online!

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In den Tiefen seiner Gedanken versunken, blendete Jake das Chaos um sich herum komplett aus. Er starrte ins Nichts, während er neben seiner Schwester Hannah saß. Bilder liefen wie ein Film in seinem Kopf ab, holten die Emotionen wieder hoch, die er zuvor unterdrücken versuchte. Shiwons ängstlicher Blick, als sie ihren Verfolger anstarrte. Das Blut, welches sich auf ihrem Kleid abzeichnete, verschwamm mit der Erinnerung, als er und Phil sich umdrehten und Richy vor ihnen stand. Er weinte. Blutbesudelt und zitternd vor Schmerzen, sah er sie beide an. Der metallene Geruch steckte noch immer in seiner Nase.

Wir sind einfach an ihm vorbeigelaufen. Weder ich noch Phil haben ihn rufen hören, als er im Haus war. Ist mir auch etwas entgangen, als ich nach Shiwon suchte?

Seine eigene innere Stimme schwoll immer weiter an, bis mehrere Echos in seinem Kopf widerhallten. Um den Stimmen zu entkommen, legte er seine Hände auf seine Ohren. Gleichzeitig herrschte eine innere Leere in seinem Kopf, die es unmöglich machte, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Normalerweise konnte Jake gut mit Stress oder Gefahrensituationen umgehen. Aber dies hier war anders – es war persönlicher. Dieses Mal saß er nicht vor einem Computer und es ging auch nicht um jemand Fremden; dieses Mal ging es um seine Freunde.

„Jake?" Die liebliche Stimme von Shiwon drang an seinem Ohr und ließ ihn aufblicken. Leicht panisch sah er Hannah an. Es war natürlich nicht Shiwon. Wie auch? Sie war fort.

„Du bist ganz blass." Sie ließ ihren Blick über Jakes gleiten. Ihre Hände legte sie sanft auf seine. „Ich mache mir Sorgen um dich", sprach sie erneut.

Anstatt etwas zu sagen, schüttelte er nur den Kopf. Seine Hände ließ er sinken. Noch nie hatte er sich so hilflos und vor Angst gelähmt gefühlt. Dabei hätte er bereits an seinen Rechner sitzen müssen, um herauszufinden, wo dieser Mistkerl Shiwon versteckte.

„Nimm das sofort zurück, Cleo!" Jessicas Stimme drang nun endlich zu Jake durch.

Ein wenig verwirrt sah er zu den beiden Frauen, die sich gegenüberstanden. „Warum, Jessy? Findest du es wirklich so abwegig, dass Richy sich selbst verletzt und uns denken lässt, er wäre das Opfer und nicht der Täter?" Wie so oft hatte Cleos Art zu sprechen, diesen anklagenden Unterton.

„Das ergibt doch gar keinen Sinn! Hast du Phil nicht zugehört, als er sagte, dass der Kerl definitiv nicht Richy war? Jake kann sicher auch bestätigen, dass es nicht die Stimme von Richy war. Oder, Jake?" Die rothaarige sah ihn Hilfe suchend an.

Seufzend stand er auf. Das Stillsitzen ertrug er nicht mehr. „Das ist korrekt. Es war nicht seine Stimme." Sein Blick wandte sich zu Phil. Wer hätte gedacht, dass dieser Kerl einen Taschenspiegel besaß, mit dem er den Verfolger beobachten konnte? Seine Aussage, wie der Kerl aussah und die Aussage von Richy deckten sich. Jake selbst glaubte auch nicht daran, dass Richy dieses Mal dahintersteckte. Wozu auch? Nein, dieser Fall war anders. Alles schien darauf hinzudeuten, dass es komplizierter war. Das brachte auch Cleo vorerst zum Verstummen.

„Hört mal. Ich möchte, dass ihr euch dieses Mal daraus haltet. Zum einen, weil es dieses Mal gefährlicher ist und zum Zweiten will Shiwon sicher nicht, dass jeder in ihren Privatsachen herumwühlt. Es reicht, wenn ich mir die Hände schmutzig mache."

„Dein Ernst? Willst du hier wirklich den Helden spielen, Jake?" Phil trat einige Schritte näher.

„Held?" Jakes Fäuste ballten sich. „Ich bin kein Held. Meinetwegen ist diese ganze Sache doch erst passiert." Seine blauen Augen starrten in seine. „Dank Alan kann ich der Sache problemlos nachgehen. Ich werde sie zurückholen, Phil. Versprochen. Natürlich halte ich euch auf dem Laufenden." Sein Blick schweifte einmal durch die ganze Gruppe. Keiner wagte es im Moment, ihm zu widersprechen. Kurz darauf schnappte er sich seinen Rucksack und hievte ihn sich über die Schulter. Mit großen Schritten wollte er gerade zur Haustür eilen, als ein unheilvolles Lachen erklang. Jake drehte sich hastig um und durchsuchte den Raum. Woher kam das Lachen? Auch die anderen sahen sich irritiert um, bis der Fernseher sich von allein einschaltete. Während er den TV gebannt anstarrte, lief er wieder Richtung Couch. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

Duskwood: Das dunkle HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt