Trügerische Sicherheit

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Schreiend fuhr Jake aus dem Schlaf hoch. Schweißgebadet und mit rasendem Herzen starrte er in die Dunkelheit. Seine Kleidung klebte an ihm und sein ganzer Körper bebte. Panisch ließ er den Blick durch das Zimmer schweifen – er war auf seinem Sofa. Nicht mehr auf der Lichtung, umringt von dem bedrohlichen Wald. Von Shiwon und der unheimlichen Gestalt gab es keine Spur. Nur der Nachhall des Alptraums pochte in seinem Schädel.

Das Adrenalin schoss durch seine Adern und riss ihn aus dem Grauen, das ihn verschlingen wollte. Noch immer hämmerte ihm das Herz bis zum Hals. Mit zitternden Händen rieb er sich die Augen und versuchte die geisterhaften Bilder loszuwerden, die ihn verfolgten. Alles fühlte sich so real an, jede Minute dieses Traums hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Er atmete schwer, jeder Atemzug schmerzte. Langsam senkte er den Kopf und legte ihn auf seine Knie. Die Furcht ließ nicht nach, auch wenn der Alptraum vorbei war. Ob das die Schuld des Rabenmeisters war?

Jake hatte jeden Schritt von Shiwon verfolgt, während er seinen eigenen Plan für den kommenden Tag schmiedete. Oder war es sogar schon der heutige? Als plötzlich sein PC-Alarm losging, fokussierte er sich sofort auf Shiwon. Entsetzt sah er zu, wie sie einen Chatraum im Darknet betrat. Ihr PC war so verwundbar, dass Jake sich wunderte, dass bislang nichts passiert war. Doch als sein eigener Computer erneut Alarm schlug, dämmerte ihm, warum Shiwon offenbar keinen Schutz benötigte. Dieser ominöse Rabenmeister hatte ihn bemerkt und ohne Probleme sich in seinen PC gehackt!

Jake konnte nur zusehen, wie sein Bildschirm plötzlich schwarz wurde. Mit roten Buchstaben erschienen die Worte:

DEINE NEUGIER WIRD DICH NOCH TÖTEN, JAKE. SEI WACHSAM. :)

Die Worte tauchten einfach aus dem Nichts auf, aber genauso schnell waren sie auch wieder verschwunden. Ein bizarres Bild eines Mannes, der breit grinste und dessen Glieder verzerrte wirkten, tauchte Sekunden später mit einem typischen Jumpscare Sound auf. Jake konnte es nicht genau sehen, aber er war sich sicher, dass Shiwon neben diesem gruseligen Mann stand. Das prägte er sich so sehr ein, dass er nun sogar Albträume davon hatte. Stunden lang hatte er seinen Laptop nach Viren oder dergleichen abgecheckt und seine Schutzprogramme verstärkt. Völlig entkräftet war er dann auf der Couch eingeschlafen.

Jake zwang sich, sich aus der Couch zu erheben. Sein Herzschlag hatte sich allmählich beruhigt, doch das beklemmende Gefühl ließ ihn nicht los. Er fühlte sich wie in Watte gepackt, als ob alles, was er vor Stunden erlebt hatte, nicht wirklich real war. Langsam lief er mit schweren Schritten zur Treppe. Die Dunkelheit verschluckte beinahe alles und erschwerte es ihm, irgendwas zu erkennen.

Kaum trat er auf die erste Stufe, knarrte diese unter seinem Gewicht. Ein grausiges Geräusch, das die friedliche Stille durchbrach. Nervös blickte er zum Wohnzimmer. Es war totenstill in der Hütte und er konnte kaum etwas sehen. Das Gefühl, beobachtet zu werden, saß noch immer tief in ihm. Jetzt auch noch solchen Krach zu machen, ließ sein Herz fast vor Angst erstarren. Er verfluchte sich selbst dafür, das Licht nicht eingeschaltet zu haben.

„Scheiße, beruhige dich, Jake. Du bist allein", murmelte er vor sich hin, ehe er sich wieder in Bewegung setzte. Er öffnete die Tür zum Schlafzimmer und schaltete das Licht ein. Erst dann zog er sein durchgeschwitztes T-Shirt aus und ließ es achtlos auf den Boden fallen. Seine Unterhose folgte. Im Badezimmer angekommen, drehte er das Wasser auf und trat unter die Dusche.

Das warme Wasser prasselte auf seine Haut und ließ seinen Körper langsam entspannen. Seine Gedanken rasten jedoch weiter. Der Rabenmeister – wer war dieser unheimliche Typ? Und warum kannte Shiwon ihn? Er stützte sich mit den Händen an der kühlen Fliesenwand ab und ließ das Wasser über sein Gesicht laufen. Dieses Bild war so real gewesen, dass er es noch immer vor seinem inneren Auge sah. Die deformierten Glieder dieses Mannes, das unheilvolle Grinsen. Und Shiwon, in diesem weißen Kleid, wirkte wie eine leblose Puppe.

Duskwood: Das dunkle HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt