3. Juni - der Besuch

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In dieser Story hat Noah sich nie bei einem Filmworkshop beworben und war auch nie auf dem Weg nach Köln. Der Rest der Handlung bleibt bestehen. Es geht also quasi genau vor der Nachricht von Colin los.
Auf die Idee hat mich cCoricor990 gebracht! Dankeschön an dich <3

POV: Colin

Das letzte, was ich Joel versprach, bevor ich ging, war, dass ich ihn so oft wie möglich besuchen kam. Und jetzt, fast vier Monate später, hatte ich das tatsächlich auch mal hinbekommen.

Ich stand vor der Internatstür. Meine Gedanken drehten sich voll und ganz um Noah, dem ich heute vielleicht wieder gegenüber treten werde. Eigentlich wollte ich nur Joel besuchen und ein wenig mit ihm abhängen, oder an seinen Pastinaken arbeiten, aber dieser Junge schlich sich immer wieder in meinen Kopf, weshalb ich mit mir selbst vereinbarte, erst kurz zu Noah zu gehen, bevor ich mich mit Joel traf und in ein tiefgründiges Business Gespräch verwickelt wurde.
Langsam ging ich ins Internat. Eine gewisse Angst machte sich in mir breit. Ich wollte nicht noch ein weiteres Mal zurück gewiesen werden. Und ich wollte auch nicht, dass er mich wieder anschrie wegen meiner Gefühle. Was konnte ich denn dafür?

Vor meiner alten Zimmertür kam ich zum stehen. Ich atmete einmal tief ein und wieder aus. Dann drückte ich die Klinke runter und trat ein. Im Zimmer war es still. Es sah fast so aus, wie als ich gegangen bin. Von Joels Bett hörte ich ein Geraschel und kurz darauf schaute mich ein Augenpaar an. „Colin, hey!"
Ich lächle ihn an. „Hey, Joel!" Ich lief zu ihm und umarmte ihn kurz. „Sollen wir was zusammen machen?" fragte er mich. Ich schaute zu Noahs Bett. Sofort kamen diese Erinnerungen wieder. Der letzte Morgen. Wahrscheinlich einer der schlimmsten Morgende meines Lebens. „Später, ok? Ich wollte eigentlich noch zu Noah." erklärte ich. Joel nickte wissend und stand auf. „Ich muss sowieso nochmal zu Ava. Bis dann." er ging aus dem Zimmer und ließ mich alleine zurück.

Als ich mich umsah merkte ich, wie alles wieder hochkam. All die Zeit, die ich versucht hatte, zu verdrängen. Ich sah alles noch genau vor mir. Wie ich mit Noah die Wand angestarrt hatte, wie wir abends im Bett gequatscht haben und... ich wollte gar nicht darüber nachdenken. Aber es war der einzige Gedanke in meinem Kopf. Unser Kuss. Der Kuss, der von mir ausging und von Noah nicht einmal erwidert wurde.
Ich schluckte. Musste ich mir jetzt wirklich mit solchen Gedanken den Tag versauen? Ich schloss für einen Moment die Augen und ging dann ebenfalls aus dem Zimmer.

Ich wollte ein wenig an die frische Luft und meinen Kopf frei bekommen. Deshalb beschloss ich, ein wenig in den Wald zu gehen. Doch eigentlich bewirkte das irgendwie das Gegenteil. Jeder Platz, jeder Baum war mit Erinnerungen an Noah verbunden. Ich vermisste ihn so sehr.

Da ich so in meinem Gedanken war, merkte ich gar nicht, wie auf einmal ein kleiner Hund aus dem Wald gerannt kam. „Freddy?" flüsterte ich. Ich bückte mich nach unten zu dem Hund und kraulte ihn kurz hinterm Ohr. „Bist du mit Chung oder Noah unterwegs?" fragte ich ihn. Natürlich war mir klar, dass ich keine Antwort bekommen würde. Aber wenn Freddy hier war, war Noah bestimmt nicht weit entfernt.

Ich hatte ihm nicht Bescheid gegeben, dass ich kommen würde, weil ich davon ausging, es würde ihn sowieso nicht interessieren. Doch jetzt, wo ich mich ihm wieder so nah fühlte, bekam ich gleich wieder Angst, damit einen Fehler gemacht zu haben.

Etwas unbeholfen stand ich auf und sah mich um. Da, da war er! „Colin?!" fragte er sofort verwundert, als er mich sah. Ich biss mir auf die Unterlippe und nickte leicht. „Hey." murmelte ich leise.
Langsam lief er auf mich zu. „Schön, dass du da bist!" er schloss mich in seine Arme. Noch nie hatte ich so viel Liebe gespürt. Es war, als hätte er seine Meinung geändert. Mochte er mich doch mehr, als nur freundschaftlich?

Ich drückte ihn an mich, er hielt mich fest. Wir kuschelten uns aneinander und Noah vergrub seinen Kopf in meiner Schulter.
„Ich hab dich vermisst." flüsterte er. Ich musste lächeln. „Ich dich auch." erwiderte ich seine Worte. Vorsichtig lösten wir uns voneinander.

Nur für ein paar Sekunden. Dann schloss ich Noah wieder fest in meine Arme. Ich hatte ihn so sehr vermisst. Es war schon fast unerträglich gewesen. Ich konnte an nichts anderes denken, als an ihn. Warum war das nur alles so kompliziert zwischen uns?

Wir standen bestimmt fünf Minuten so da und hatten uns umarmt. Freddy wurde langsam ungeduldig und sprang abwechselnd an meinem und Noahs Bein hoch. Letztendlich lösten wir uns also nur wegen ihm voneinander. Wir mussten lachen, als der Hund uns schief anschaute. Er fand die Situation bestimmt voll komisch. Irgendwie war sie das ja auch. Meine eine Hand lag noch immer an Noahs Hüfte.

Freddy schaute uns immer noch schief an. Da fiel mir auf, dass Noah die ganze Zeit über einen Stock in der Hand hielt, den Freddy haben wollte. Ich nahm ihm den Stock aus der Hand und warf ihn für das kleine Tier. Noah lächelte mich darauf nur an.

Und dann, ohne jegliche Vorwarnung, beugte er sich zu mir und legte seine Lippen auf meine. In mir waren so viele Glücksgefühle, da ging meine Verwirrung total unter. Ich begann sofort, diesen zarten und doch so intensiven Kuss zu erwidern. Er legte seine Arme um meinen Hals und ich legte auch meine zweite Hand wieder an seine Hüfte.

Unser Kuss hielt eine Weile an, bis wir uns schließlich wegen Sauerstoffmangel lösen mussten. Ich legte meine Stirn an seine und strich vorsichtig mit meiner Hand seine Seiten auf und ab. Diese Gefühle in mir machten mich so unglaublich glücklich, dass ich nicht anders konnte, als ununterbrochen zu lächeln. Scheinbar ging es Noah nicht anders, denn als ich meine Augen öffnete, lag auch auf seinen Lippen ein strahlendes Lächeln.

Auch Noah öffnete nun langsam seine Augen und wir brachten etwas Abstand zwischen uns. Ich nahm vorsichtig seine Hände in meine und strich mit meinen Daumen darüber. Noah grinste mich noch immer an.

„Ich liebe dich." sagte er auf einmal leise.
Für einen Moment schien meine Welt still zu stehen. Was hatte er gerade gesagt? Klar, vor ein paar Sekunden hatten wir geküsst, aber mit diesen Worten hätte ich jetzt wirklich nicht gerechnet. Ich konnte nur noch lächeln. Mein Kopf war wie ausgeschalten, weshalb ich auch nicht wieder zu Worten fand.

Erst als ich sah, wie bedrückt Noah auf einmal wirkte und schon kurz davor war, unsere Hände los zu lassen, fand ich meine Stimme wieder. „Ich liebe dich auch." flüsterte ich zu ihm.

Jetzt breitete sich auch auf seinem Gesicht wieder ein großes grinsen aus. Und als er dann noch sah, wie Freddy uns mit lustigem Blick von unten musterte, konnten wir beide unser Lachen nicht zurück halten. Ich zog ihn erneut zu mir und verband unsere Lippen für einen weiteren Kuss, aus dem wir uns nie wieder lösen wollten.

Ende

Nolin Pride MonthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt