45. Spurensuche

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Mein Herz pocht so laut und ich habe das Gefühl fast keine Luft mehr zu bekommen.

Tyrian! Nein. Schwärze umgibt mich und ich spüre einen Zug an meinem Hals. Es ist Kunos Hand, die das Amulett kampfhaft umschlossen hält.

Sein Gesicht wirkt auch im Schlaf äußerst angespannt. Nein, er darf nicht alleine mit dem Jäger sein. Schnell versuche ich seine Hand von der Kette zu lösen, doch es gelingt mir nicht. Es ist, als wären seine Finger an diese geschweißt.

Die meinen zittern auch viel zu sehr, um etwas ausrichten zu können. 

Kuno! 

Tyrian! 

Oh Nein.

Beide schweben sie in Gefahr und das meinetwegen. Aber wieso hatte der Jäger behauptet, er würde Tyrian umbringen, wenn ich mich nicht preisgebe? Immerhin ist er im Gegensatz zu mir eine echte Fee und dementsprechend ... – Ich schaudere alleine schon bei dieser Art der Gedanken – ... viel wertvoller für ihn. 

Ich hingegen bin doch zur Hälfte Mensch. Seine Tränen würden ihm so betrachtet also viel mehr bringen, als meine. Ich will ihm nicht glauben, dass er ihn wirklich ... töten ... 

Alles Blut ist aus meinem Gesicht gewichen.

Gewiss wollte er mir bloß Angst einjagen, um mich zu erpressen. Ich kann mich nicht regen. Immer noch im Schock dieser Situation gefangen.

Vielleicht würde der Jäger Tyrian und Demari nicht umbringen, aber dafür bestimmt genug andere grausame Dinge tun, um an Informationen und ihre Tränen zu gelangen. Im selben Moment verlassen die meinen die Schwelle der Augen und laufen mir brennend die Wangen hinab.

Bitte, ihnen darf das nicht geschehen. Sie sind so wundervolle und lebensfrohe Wesen. Sie sollten nicht in diese tiefe Schwärze des Schmerzes blicken müssen.

Mir schwindelt und die Kälte des Schauderns hat sich tief in meine Knochen gefressen. 

Bei Kuno kann ich mir hingegen vorstellen, dass dieser Jäger, der sich selber als „Herr der Tränen" bezeichnet, tatsächlich nicht zögern würde ihm, als geglaubten Gegenspieler den Gar auszumachen. Ich japse flehend nach Luft und sehe panisch zu meinem geliebten Lockenschopf, der sich immer noch an die Traumebene klammert. Er darf nicht alleine mit diesem Mann sein. 

Es dauert viel zu lange, bis meine außer Gefecht gesetzten Gehirnsynapsen den Geistesblitz zustande bekommen mir das Amulett einfach über den Kopf abzustreifen und ihn somit von der Traumebene zu katapultieren, da die Verbindung ja über denjenigen aufrechterhalten wird, der es trägt.

Als ich es von mir löse, fährt Kuno im nächsten Moment keuchend nach oben. Seine Augen weit aufgerissen und der Schock auch bei ihm tief in den Zellen, bis sein Ausdruck fast schon eine frustrierte Note bekommt, als er bemerkt, dass er wach ist.

Anscheinend war er wieder einmal mittendrin seine Netze zu spinnen, aus Fragen, versteckten Fallen und Einschätzungen seines Gegners. Kurz gesagt, beim Herausfiltern und neu Bespielen der Gegebenheiten. 

Leider scheint Kuno noch nicht begriffen zu haben, dass dieses Spiel hier um Leben und Tod geht. 

... Wobei, wenn ich ihn mir so ansehe und wie ich ihn einschätze könnte es wohl doch sein, dass es ihm bewusst ist, er sich davon aber nicht abhalten lässt. Wieder einmal denkt er über seine eigene Sicherheit wohl noch nicht einmal wirklich nach.

Was haben die beiden noch besprochen, nachdem ich verschwunden bin? Gebannt und besorgt starre ich ihn an. Nicht in der Lage irgendetwas zu sagen. Ebenso wenig wie er anscheinend. Stattdessen presst er seinen Kiefer jetzt fest zusammen und ballt zornig die Fäuste. Doch diese Wut gilt nicht mir, sondern etwas anderem. Oder jemandem? 

Tanz mit dem Morgentau - Das Geheimnis der Tränen ~ Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt