39. Flüssiger Honig

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POV Anella:


Als wir am nächsten Morgen aufwachen, gehen die Gespräche, ohne Tyrian und Demari weiter. Es gibt so vieles zu erfahren und am besten wäre es wohl gewesen, wenn sie noch weiterhin dabei geblieben wären. Irgendwann jedoch hatte sich dann im Schlaf doch versehentlich Adens Hand von meinem Amulett gelöst, sodass er einfach von der Traumebene verschwunden ist. 

Durch die Tautropfenessenz konnten wir dann auch nicht vor dem Sonnenaufgang aufwachen, sodass wir anschließend einfach noch durchgeschlafen haben. Kuno meinte am Morgen, dass das mit dem Schlafzauber war für ihn keine so gute Idee wäre und er würde es das nächste Mal ohne bevorzugen. Ich hoffe er hatte keine Albträume. Wer weiß, vielleicht wäre es für ihn ja mit der anderen Essenz, die ich ihm zum Geburtstag geschenkt habe anders gewesen.

Den Tag verbringen wir weiter damit unser Wissen auszutauschen. Mein Vater erzählt mir viel über Pflanzen, Steine und verschiedenste Zauber, die er über all die Jahre aufgespürt hat und ich notiere fleißig mit. 

Er gibt mir von Kräutern, die ihm selber immer dabei helfen, trotz der Industrialisierung und geschwächten, zurückgedrängten Natur seine Kraft nicht zu verlieren.

Immer wieder lade ich die Pflanzen ein, durch meine Stimme ihre Wirkstoffe als Essenzen in die flüssigen Ebenen zu transformieren. Es dauert nicht lange und mein ganzer Beutel ist voll von wertvollen Elixieren. Ich werde Tyrian und Demari auch davon geben, wenn ich sie das nächste mal sehe. Es könnte ihnen bestimmt helfen es länger auf der Erde auszuhalten.

Am Abend wollen Kuno und ich nochmal zur Unterkunft, um die nächste Nacht dort zu verbringen, Kleidung zu wechseln und ein paar Dinge zu holen. Die Zeit hier ist so intensiv, dass ich gefühlt durchgehend unter Strom stehe. Da sind Empfindungen der Lebendigkeit und Kraft, die mich durchfließen. Zugleich fühle ich darunter auch eine leichte Erschöpfung in meinem Körper, der dem enthusiastischen Tempo meiner Seele nicht ganz so schnell folgen kann und mir immer wieder deutlich machen will, dass ich innehalten und mich fokussieren soll. 

Nicht zu viel auf einmal. Einen Schritt nach dem anderen. Nur im Hier und Jetzt. Fühlen. In mich gehen. Mich zentrieren. All diese Dinge stellen für mich im Moment eine ziemliche Herausforderung dar, weil in meinem Kopf einfach so viel und die Euphorie in meinen Adern so mitreißend umherschwirrt. 

Ich spüre immer mal wieder Kunos Hand, die sich beruhigend auf meine legt und mich dann manchmal daran erinnert, kurz einzuhalten und tief durchzuatmen. Doch auch er selber ist teilweise ziemlich angespannt, das merke ich, auch wenn er versucht es zu verbergen.

„Lass uns ein Bad nehmen", flüstert er mir an den Nacken, als wir gerade in der Unterkunft ankommen und seine Finger meine Haut entlangfahren, sodass mir ein entspannender Seufzer entweicht. 

War ich dort etwa verkrampft, oder wieso beginnt er mich jetzt zärtlich zu massieren? Ich bewege meine Schultern und Hals, sodass sich die Stauungen noch ein wenig besser lösen können und atme tief und genüsslich durch, als seine Fingerspitzen diesen Vorgang noch bestärken. 

Baden? Das ist bestimmt eine gute Idee. Ich drehe mein Gesicht zu ihm nach hinten und lächele ihn an. Er erwidert es und dreht meinen Kopf vorsichtig noch ein bisschen weiter zu sich, damit er mir einen seichten Kuss auf die Lippen hauchen kann.

„Komm." Er schiebt mich ins Bad und ich tapse auf Zehenspitzen vorwärts. Darauf achtend, dass meine Füße nicht auf seinen landen, wenn er hinter mir größere Schritte macht als ich. Immer wieder schieben sie sich zwischen meine, oder daneben vorbei, doch so, dass mir langsam der Verdacht hochkommt, er würde fast beabsichtigen mich aus dem Gleichgewicht zu bringen, damit er mich auffangen kann. Würde ihm zumindest ähnlich sehen.

Tanz mit dem Morgentau - Das Geheimnis der Tränen ~ Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt