17. Im Verständnis von Wortfetzen und Testosteronüberschuss

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Das Herz in meiner Brust beginnt augenblicklich kräftiger zu schlagen, als ich höre, wie die Wohnungstür mit einem Klacken aufgeht, als meine Mutter nach Hause kommt.

Tyrian lehnt inzwischen an meinem Fenster und tanzt mit seinen Fingern gedankenverloren über die Blätter der Pflänzchen, welche daraufhin glockenhell erklingen. Ihn im Bett zu behalten ist ungefähr so, wie wenn man versucht einem kleinen Kind einzureden, dass es mal dringend Schlaf benötigt, es aber viel lieber spielen will. 

Irgendwann habe ich es einfach aufgegeben. Immerhin kann er ja selbst für sich entscheiden. Zumindest hatte er kurz gedöst, ehe er sich auf das Dach verzogen hat, wo ich auch des Öfteren mit Minze sitze. 

Ich wäre ihm ja gefolgt, aber ich wollte Kuno nicht alleine lassen und da er ja so seine Probleme mit Höhen hat, konnte er auch nicht mit rauf. Hinterher hatte Tyrian mir gesagt, dass er nun einen Schutzbann um das Haus gelegt habe. 

Ich muss gestehen, ich konnte ihm dafür nicht meinen hinreichend angemessenen Dank aussprechen, da es mich viel eher besorgte, dass er sich verausgabt hat. Er hätte sich viel lieber schonen sollen, denn er wirkte danach nur noch erschöpfter als vorher.

„Anella, Kuno?", höre ich meine Mutter aus dem Flur. Wahrscheinlich hat sie seine Schuhe am Eingang gesehen. Mittlerweile ist es schon normal für sie, dass er bei mir ist. Ich schlucke und mein Blick schweift augenblicklich zu Tyrian.

Schnell flitze ich aus dem Zimmer und ihr entgegen, um sie vorwarnen zu können. „Hi Mama." Meine Zehen zappeln nervös auf dem Boden, während ich mit den Fingern versuche an meiner Kleidung Halt zu finden, doch vergeblich. 

„Hallo Schatz, was ist denn los? Ist irgendetwas passiert?" 

Was? 

Sieht man mir das so sehr an? 

Meine Mutter ist echt aufmerksamer geworden, seit... Ja, seit wann eigentlich? Irgendwie scheint es so, als würde sie von Tag zu Tag mehr hier ankommen, was mich zum einen freut und zum anderen auch irgendwie beängstigt, da ich nicht mehr so viel vor ihr verheimlichen kann.

„Ähm... passiert?", frage ich unbeholfen, ehe ich merke, dass diese Frage ja an mich gerichtet war und es nichts bringt, ihr diese einfach zurück zu stellen. 

„Also... also..." Ich schlucke. Verdammt, wieso stottere ich denn jetzt?

„Wir haben Besuch. Also.. von einem Freund von mir..."

Sie zieht überrascht ihre Augenbrauen hoch? „Ach so? Und wer?"

„Du... du kennst ihn noch nicht und er wird auch nicht lange hierbleiben. Er ist auf Wanderschaft mit einem Freund und wollte sich nur hier ein bisschen ausruhen. Er hat sich den Kopf gestoßen und..."

Ich halte inne, als ich ihren Gesichtsausdruck bemerke, während sie hinter mich starrt. Ihre Augen sind weit aufgerissen, was mich vermuten lässt, dass es Tyrian sein muss. Er hat sich so leise und zurückhaltend herbewegt, dass nicht einmal ich ihn habe kommen hören. 

„Oh", höre ich es von meiner Mutter, als ihr wohl nichts anderes einfällt. Ihr Blick bleibt für einen Moment an dem Verband hängen, ehe sie wachsam über seinen Körper wandert. 

Seine nackten Füße, seine Kleidung, beziehungsweise nur die Hose, welche er mittlerweile wieder als einziges anhat, da wir das Oberteil waschen mussten, um es ebenfalls von Blut zu befreien, sodass sein Oberkörper jetzt wieder frei liegt. 

Sie erkennt dasselbe Amulett, wie ich es trage, was sie mit einem Zucken ihrer Braue registriert, bis sie bei seinen Augen hängen bleibt, woraufhin die ihren sich noch stärker weiten.

Tanz mit dem Morgentau - Das Geheimnis der Tränen ~ Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt