Eine waghalsige Kletteraktion

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Tyson musste schon einige Tage vor Ende der Sommerferien wieder weg. Angeblich traf er sich mit einem Freund, dessen Familie ihn zu einem wichtigen Fußballspiel mitnahm, doch weil Callista die magischen Zeitungen gelesen hatte, wusste sie, dass das Quidditchfinale, Bulgarien gegen England, stattfand.

Eigentlich hatte sie sich nie so wirklich für Quidditch interessiert, auch wenn sie gerne mit ihrem Kinderbesen geflogen war. Aber jetzt wäre sie auch gern hingegangen, einfach weil es ein besonderes, großes Event war und weil man dort sicher viele interessante Dinge kaufen konnte und mit Zauberern aus anderen Ländern in Kontakt kam. Ohne wirkliche Bekanntschaften in der Zaubererwelt kam sie jedoch weder an Karten, noch an eine Möglichkeit zur Anreise.

Sie hatten ihre Sommerferien sehr entspannt verbracht. Hatten viele Ausflüge gemacht, teilweise auch zu einem See etwas außerhalb von London, in dem man bei dem Wetter gut baden konnte. Um kein Misstrauen zu erregen hatte Callista immer nur ganz wenig Muggelgeld mitgenommen und sich keine teuren Sachen gekauft, doch sie ließ es sich nicht nehmen, Stella und Tyson einmal ein Eis auszugeben.

An einem Tag in einer Einkaufsstraße hatte sie stark mit sich ringen müssen, als sie einen Musikladen sah, der eine vergleichsmäßig günstige E-Gitarre samt Verstärker anbot, doch erstens hätten ihre Freunde ihren Kauf mitbekommen und sicher Fragen gestellt, und zweitens hätte sie im Waisenhaus sowieso nicht üben können, ohne dass die Betreuer misstrauisch wurden. Und sie wollte sicher nicht als Diebin verdächtigt werden.

Dieses Mal lief der Abschied der drei etwas emotionaler ab als in den letzten drei Jahren.

„Es ist so schade, dass wir uns jetzt ein ganzes Jahr lang nicht sehen!", jammerte Stella. „Kannst du wiklich nicht anrufen und keine Briefe schreiben?"

„Nein, das Internat liegt mitten in ziemlich unbebautem Gelände. Da gibt es keine Post- oder Telefonverbindung", entgegnete Tyson bedauernd.

„Und wieso kommst du nicht über die Weihnachtsferien wieder her?", fragte Callista ihn das, was sie schon seit Längerem beschäftigte. Wenn er sich nicht mehr für etwas Besseres hielt, dann konnte er doch wenigstens die paar Wochen im Waisenhaus verbringen.

Doch Tyson schüttelte den Kopf: „Ich kann in der Schule kostenlos bleiben und es gibt viel mehr Essen und Platz. Da ist es für alle sinnvoller, wenn ich über Weihnachten nicht das Waisenhaus belaste. Immerhin bleiben dann mehr Kekse und Geschenke für euch übrig". Bei dem letzten Satz zwinkerte er ihnen zu und als er die traurigen Gesichter bemerkte, fügte er schnell hinzu: „Aber ich bringe euch in den nächsten Sommerferien ganz viele Süßigkeiten mit. Ich räum die halben Tische leer, sodass ihr auch das tolle Essen probieren könnt".

„Okay", Stella sah beruhigt aus und auch Callista grinste wieder, als sie sich zum Abschied noch einmal umarmten und Tyson dann zum Bus lief, einen Regenschirm in der Hand und seinen riesigen, zerdellten Koffer hinter sich herziehend.

Wenn ihnen in dem Moment schon klar geworden wäre, dass dies die letzte Zusammenkunft von ihnen dreien sein würde, dann hätten die Mädchen ihn vielleicht begleitet.

Sobald die Schule wieder begann, widmete Callista sich einem weiteren Plan, nämlich der Besorgung der Schusswaffen, die sich als gar nicht so einfach herausstellte. Der legale Weg war wahrscheinlich, dass sie irgendwann einen Waffenschein machte und dann einen Beruf annahm, bei dem sie die Waffe tragen durfte, doch das dauerte erstens zu lange und zweitens musste sie sich dann für jeden Schuss rechtfertigen und sie war sich sicher, ‚da war ein böser Zauberer' zählte nicht.

Sie konnte allerdings auch auf dem Schwarzmarkt irgendwo eine Pistole erwerben. Dabei gab es jedoch das Problem, dass sie erstens keine Kontakte zu irgendwelchen Verkäufern hatte und zweitens viel zu viel Geld dafür zahlen müsste. Wobei sie dann nicht einmal sicher war, ob die Verkäufer den Kauf wirklich geheim hielten oder sie doch verrieten.

Niemals genugWo Geschichten leben. Entdecke jetzt