Bis zu den Sommerferien kam Annika erst einige Zeit lang fast täglich, um Essen vorbeizubringen, bis Sarah einen neuen Dienst erfand, den immer zwei Personen zugleich hatten.
In der Woche mussten sie nach der Schule mit großen Tüten zu dem Supermarkt fahren und Essen abholen. Stella und Callista übernahmen das jedes Mal, wenn sie auch Therapie hatten und es war jedes mal eine Überraschung, was es so gab. Einmal bekamen sie sogar Kakao in Flaschen und einmal dutzende Blöcke Käse, die sie abends vor dem Fernseher verspeisten.
Callista legte kurz vor den Sommerferien eine mündliche Französischprüfung ab, die eigentlich nur aus einer kurzen Unterhaltung mit einer netten, etwas exzentrischen Lehrerin auf dieser Sprache, bestand. Es war nicht besonders schwer und sie war am Ende vollends begeistert über Callistas Kenntnisse. Diese hatte zuvor bereits alle Klassenarbeiten an den Nachschreibterminen geschrieben und hatte extra vorher drei Stunden mit Clara Französisch geübt.
Auf ihrem Zeugnis bekam sie in dem Fach ein A, auch wenn darunter vermerkt war, dass sie den Unterricht nicht besucht hatte.
Als Tyson aus Hogwarts zurückkam, sah der Junge wenig begeistert aus, wieder Zeit im Waisenhaus verbringen zu müssen. Natürlich ließ er sich wenig anmerken, doch Callista bemerkte, wie er über die kleine Essensauswahl die Nase rümpfte und wie ungerne er sich in dem kleinen Hinterhof aufhielt.
„Und, wie war deine neue Schule so?", fragte sie ihn einige Tage nach seiner Rückkehr, als klar wurde, dass er nicht vorhatte, erneut die gesamten Ferien mit Lernen zu verbringen, aber auch kein großes Interesse daran zeigte, mit den anderen zu spielen.
„Super", Tyson strahlte offen. „Es ist ein riesiges Schloss, da gibt es eigentlich zu jeder Tageszeit so viel Essen, wie man möchte, und weil alle Schuluniformen tragen, wird niemand wegen der Kleidung geärgert. Natürlich gibt es manchmal Streit wegen der Herkunft, aber ich habe direkt Freunde gefunden und die meisten waren wirklich nett".
Callista bereute es jetzt schon, überhaupt gefragt zu haben. Jetzt bekam sie alles vorgeschwärmt, was sie auch hätte haben können, wäre sie eine Hexe gewesen. Trotzdem fragte sie weiter: „Und, wie war der Unetrricht? Bist du klargekommen? Gab es Nachhilfe?"
„Nein, ich bin super klargekommen. Der Unterricht war auch viel praktisch und deshalb längst nicht so langweilig wie in unserer alten Schule", erklärte Tyson weiter.
„Achso, und du konntest über Weihnachten im Schloss bleiben?"
„Ja, es war so schön da, dass ich es gar nicht für nötig gehalten habe, zurück ins Waisenhaus zu gehen. Eigentlich wäre ich am liebsten auch die Sommerferien dort geblieben, aber das ging leider nicht", lächelte Tyson. Er sah wirklich begeistert aus von der für ihn neuen Welt und schien sich zurückhalten zu müssen, nicht zu viel zu erzählen.
Callista hingegen fühlte sich immer schlechter. Also waren sie ihm so unwichtig, dass er am liebsten einfach das Waisenhaus hinter sich lassen wollen würde, samt Stella und ihr? Dabei waren sie doch ein Jahr lang gut befreundet gewesen. „Und wieso hast du uns nicht mal angerufen? Oder wenigstens geschrieben?"
Jetzt sah Tyson ehrlich überrascht aus: „Ein Telefon gab es da nicht und die Postsituation ist...kompliziert. Außerdem habe ich da gar nicht drüber nachgedacht".
„Achso", Callista lächelte, versuchte, seine geschrumpften Muskeln zu ignorieren, und ging wortlos nach unten zum Esszimmer, wo sie Stella zuletzt gesehen hatte. Es störte sie nicht, sagte sie sich immer wieder. Es störte sie nicht, dass Tyson das Leben führte, das sie hätte haben können. Dass er in diesem so glücklich war, dass er nicht einmal mehr einen Gedanken an das Waisenhaus verschwendete. Und dass er nicht einmal nach ihrer eigenen Schule oder Jane gefragt hatte.

DU LIEST GERADE
Niemals genug
Fiksi PenggemarCallista Malfoy ist ein Squib. Für ihre Familie ein Desaster. Aus diesem Grund wird sie enterbt und in die Muggelwelt geschickt, ohne jegliche Vorbereitung oder Hilfe. Irgendwie muss sie sich zurechtfinden und zugleich mit dem Verrat durch ihre Fami...