- 14 / Avery -

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« Schneller! »

Alaric faucht, weil ich für seine Verhältnisse zu langsam bin. Mit Wurfmessern bewaffnet malträtiere ich das Papier Ziel vor mir, wünsche mir aber insgeheim er würde dort stehen. Jede Klinge würde treffen.

Nachdem er verschwunden war tauchte er wenige Stunden später wieder auf um mich mitzunehmen. Die Fahrt über hat er kein Wort zu mir gesagt, wirkte aber angespannt. Diese Anspannung verschwand schließlich, als wir die Halle, wie er sie nannte, betraten - und seine Schwester auf mich zu kam, um mich zu begrüßen. Ganz anders als er wirkt sie freundlich und zuvorkommend und ich bin immer noch überrascht das die beiden Geschwister sind. So unterschiedlich, doch wie ich erfahren habe in manchen Dingen wie aus einem Ei gepellt.

« Du vergisst das ich das zum ersten Mal mache... Außerdem sind es keine Spielzeugmesser. Wenn du also keins abbekommen möchtest, hörst du besser auf mich zu gängeln. »

Ich bin pampig, mache aber nach seinen Anweisungen weiter. Ich stehe wie er es will, werfe wann er es sagt und versuche zu zielen um einen möglichst großen Schaden bei meinem Ziel anzurichten.

Als nächstes steht ein Training im Bereich Nahkampf auf dem Plan. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mich derart zu provozieren und zu reizen das es mir leicht fällt auf ihn los zu gehen. Trotzdem verfehle ich ihn jedesmal nur knapp und ernte dafür einen bösen Blick. Schließlich erwischt ein Schlag von ihm mich direkt in der Magengegend und ich sacke zusammen. Die Luft wird dünner, nicht nur wegen seines Treffers. Alaric kniet neben mir und setzt bereits an irgendwas zu sagen, da reagiere ich blitzschnell und ziehe eines der Messer das ich zuvor zum Training benutzt habe hervor und halte es an seinen Hals. Mit einem bösen Blick bedenke ich ihn.

Wir sehen uns an.

« Was jetzt, kleines Vögelchen? »

Seine Stimme ist rau und leise, aber für mich deutlich hörbar. Die Wut die ich noch vor wenigen Momenten verspürt habe ebbt langsam ab, meine Hand beginnt zu zittern. Ich will eigentlich nichts weiter als das Messer an seinem Hals entfernen und aufstehen, aber Alaric drückt sich noch dichter an die Klinge. « Das ist der Moment in dem du nicht zögern darfst. Niemals. Du musst beenden was du angefangen hast, kleines Vögelchen. »

Eine feine rote Linie bildet sich an seinem Hals, was ich erschrocken wahrnehme. Offenbar ist er wahnsinnig weil er so unbeeindruckt am Rande des Todes tanzt ohne auch nur einen Hauch von Angst zu zeigen. Als ich mich immer noch nicht rege legt er eine Hand auf meine, die das Messer hält und ich fürchte schon fast das er noch weiter gehen wird, aber er bleibt regungslos. « Du hast die Macht zwischen Tod und Leben zu entscheiden. Überleg nicht zu lange. »

Wenig später verlassen wir das Trainingsgelände in stiller Gesellschaft. Ich verarbeite was das, was er getan hat, mit mir macht und er läuft einfach neben mir her und akzeptiert mein Schweigen. Bevor wir weiter kommen hält uns jedoch ein Mann auf, der mir vorher noch nicht aufgefallen ist. Er wirkt nervös und ringt mit Worten, was ihn fast wie ein kleiner, schüchterner Junge aussehen lässt. Seine Augen gleiten von mir zu Alaric. « Ich wollte nicht stören, also hab ich gewartet bis ihr fertig seid... Ich muss kurz mit dir reden. Unter vier Augen. »

Alaric legt die Stirn in Falten, nickt aber schließlich und folgt ihm. Mir bedeutet er, kurz zu warten.

« Wird nicht lange dauern. Eugene will ihm nur etwas zeigen. » erklärt die weibliche Stimme, die hinter mir auftaucht. Erschrocken drehe ich mich herum und sehe Jess, die mit einem einladend, warmen Lächeln und einem Becher, den sie mir reicht, dort steht. « Komm, wir genehmigen uns einen Kaffee. »

Als ich ihr folge merke ich wie ich mich entspanne. In ihrer Gegenwart fühle ich mich deutlich weniger klein als es bei Alaric der Fall ist und ihre offene und freundliche Art machen es mir sehr leicht sie bereits jetzt schon zu mögen. Sobald wir auf einem Sofa Platz nehmen kann ich jedoch die Fragen die ihr unter den Nägeln brennen spüren. « Entschuldige wenn ich das so offen sage, aber... Du bist die erste Frau die mein Bruder hierher mitbringt. Ich bin neugierig. »

DARK VOL 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt