Immer Ein Stück Weiter

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Ich sah zu unserem Liebespaar hinüber und atmete erleichtert auf. Anscheinend war die Nacht lang gewesen, denn Lyla schlief friedlich neben ihm. Nur Erika schien nicht so ganz glücklich zu sein
Lyrkan sagte etwas zu Lyla die jedoch mehr als nur tief schlief. Die Verwandlung hatte sie einiges gekostet. Das merkte man jetzt. Er ging zu Erika rüber, die zuerst zusammenzuckte, das er sie vorsichtig auf sich aufmerksam machte. Sie rutschte noch weiter im Sitz zurück, also ob die Lehne in weiter Ferne wäre. Er machte ihr klar, dass er ihr nichts tun würde, weil ihm sein Kopf lieb war. Klar wenn Lyla rausfinden würde, dass einer der Mädchen etwas zugestoßen wäre, dann wären vermutlich wirklich Köpfe gerollte. Wäre ihr aber auch nicht zu verübeln, nachdem was sie alles für diese Kinder getan hatte. Und nach zehn Minuten ließ sie es zu, dass er sich mit einem Sitz abstand zu ihr setzte. Er begann mit einfachen Fragen, wie  „Wie geht es dir?“ oder „Was hörst du so, wenn ich fragen darf?“. Es dauerte zwar ein wenig aber langsam, schaffte er es ihr Vertrauen für sich zu gewinnen. Lyrkan hatte aber auch ein Talent dafür, Leute von sich zu überzeugen. Und von ihren eigen Fähigkeiten. Das hatte man zum Beispiel bei Lyla gesehen. Nicht ohne Grund ist sie von null auf Hundert gegangen. Es hatte nur einen Funken gebraucht. Und schon brannte das Feuer lichterloh. Und so schien es auch bei Erika zu sein… Denn ich sah sie in diesem Moment zum ersten Mal lachen. Und das alles nur weil Lyrkan einer seiner Flachwitze gebracht hatte, der so flach war, dass er schon wieder gut ankam. Tja es hatte zumindest das Eis gebrochen und das sogar an ihrem Geburtstag. Um mit meiner Beobachtung nicht aufzufallen, warf ich mir nebenbei einen Film rein. Er erzählte ihr von seiner Zeit mit Lyla bevor das ganze passierte. Und was sie alles schon ausgehalten hatte. Anschließend erzählte Erika von ihrer Vergangenheit. Die war auch nicht beser. Und der Grund warum sie erst in diese Lage geriet, war, dass sie von zu Hause weggelaufen war, nachdem sie sich mit ihrer Mutter gestritten hatte. Diese Schien ihren Vater wohl nur ausgenommen zu haben und das hat sie natürlich begriffen. Und nach dem der Streit eskalierte, wollte sie nur noch weg…. Das hatte ihr dann den nächsten Horror eingebracht. Und nun hoffte sie einfach, dass ihr Vater ihr vergeben würde. Sie liebte ihn anscheinend mehr als alles andere, hatte aber wegen dem Ganzen ein schlechtes Gewissen. Man die arme Maus. Ich hoffe das der Vater diese Frau in den Wind geschossen hatte. Lyrkan gab ihr zu verstehen, dass sie an all dem keine Schuld traf. Sie war schließlich nur ein Kind, dass nur aus einer beschissenen Situation geflohen war. Und dass sie dann ausgerechnet von solchen Perversen aufgelesen wurde, konnte sie doch nicht wissen. Und da brach sie sie endlich und die Tränen drangen ungebremst aus ihr hervor. Und das schönste daran war, dass sie aufstand und ihr Gesicht an Lyrkans Schulter vergrub. Sie ließ es sogar zu, von ihm in den Arm genommen zu werden. Sie heulte Rotz und Wasser, als ob sie so etwas noch nie getan hätte. Karysia reichte eine Packung Taschentücher rüber. Sie wurde anscheinend bei diesem Anblick ziemlich emotional. Konnte ich gut verstehen…. Sie war eine ziemlich geschundene Seele, die seit langem ein wenig Heilung erlebte… Und ich hoffe man half ihr auch in Zukunft, damit umgehen zu können. Lyla verschlief leider diese Erleichterung, denn sie und Fusel rührten sich immer noch keinen Zentimeter. Ich stand auf um eine Decke zu holen. Das konnte ich mir sonst nicht weiter ansehen. Ohne Decke schlafen, war für mich die Hölle! Eine Decke machte so gut wie alles besser.
"Haben wir zufällig noch etwas vom Frühstück da?", fragte Erika, die bis jetzt noch nichts gegessen hatte.
"Ich sehe nach, was ich organisieren kann", meinte Lyrkan und kam in meine Richtung. Im Vorbeigehen zwinkerte er mir zu und ich Lächelte zurück. Einen kurzen Augenblick später kam er voll beladen wieder zurück und sie griff ordentlich zu.
"Ich freue mich schon auf meinen Dad… Ich hoffe ihr habt ihm noch nicht gesagt, dass ihr mich dabei habt. Sonst bekommt er womöglich noch zuvor einen Schlaganfall oder sowas", lachte sie verträumt.
"Nein, nein, wir haben nur gemeint, dass neu Informationen aufgetaucht sind und die Polizei den Fall wieder aufrollt. Allein, dass hat ihm fast einen Herzinfarkt verpasst", versicherte er ihr.
"Das glaube ich zu gern… Ich war schon immer sein Juwel gewesen und ich hätte mir denken können, dass er Himmel und Hölle in Bewegung setzten würde, um mich wieder zu finden…. Und um ehrlich zu sein habe ich jede Nacht darum gebettelt. Und als Lyla zu uns kam, hatte ich das Gefühl endlich gehört worden zu sein… Ich unerschütterlicher Mut war fast angsteinflößend. Sie erinnerte mich an die nordische Göttin Freya… Was im Prinzip auch zu ihr passte. Sie kam aus Norwegen, liebte das Eis und so weiter", erzählte sie weiter. Lyrkan unterbrach sie nicht ein einziges Mal. Er hörte ihr einfach nu zu, was ihr anscheinend das Gefühl von Sicherheit gab. "Ich wollte wie sie sein, doch mit den Jahren hatte mich die Kraft, die Zuversicht und der Mut verlassen… Sie hat soviel für uns eingesteckt. Sie ging sogar für uns über Leichen… Und was ich mich dabei immer gefragt hatte war: Sie kannte keinen von uns und trotzdem hütete sie uns wie ein Schatz. Vermutlich mehr als ihre eigene Haut… Als sie so lange in Einzelbetreuung war, wie sie es immer genannt hatten, hatten viele von uns die Angst, dass man sie beseitigt hatte. Und das haben sie benutzt um uns weiterhin klein zu halten. Aber das hatte nicht funktioniert… Immer mehr hatten sich ihrem Beispiel angeschlossen und verbreiteten Unruhe in jedem Winkel. Sogar ich hatte damals zum ersten Mal die Kraft mich gegen die Arschlöcher zu stellen und wir machten immer weiter. Bis zu dem Tag als wir alle in Lylas Zelle gebracht wurden… Wir alle hatten bereits schlimmere Vorstellungen, als dass was schon geschehen war… Und dann sollten wir zusehen, wie die Unberührte unter uns vom eigenen Vater vergewaltigt werden sollte. Und trotzdem war da noch Leben in ihren Augen. Aber es war wie das kalte Eis, als könne sie jeden Moment magische Kräfte freisetzen und dann war da plötzlich deine Mutter… Es war wie ein sehr spät eingetroffenes Wunder! Mir war noch nie so schlecht in meinem Leben! Und die Freiheit, bei der wir alle gedacht hatten, wir würden sie nie wieder sehen, war auf einmal zum Greifen nah…. Doch mit der Freiheit kam auch die Erkenntnis, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war… Und offen gestanden macht mir das ziemlich Angst", gestand sie in einem Atemzug. Und mit jedem gesprochenen Wort schien sie wieder gesünder auszusehen.
"Darf ich?", fragte er mit Blick auf seine Hand. Nach kurzem Zögern stimmte sie zu. Dann sprach er zu ihr mit der Hand auf ihrer Schulter und ich war der festen Überzeugung, dass er irgendwann mal einen guten Vater abgeben würde. So sah es in meinen Augen zumindest aus. Und laut Erikas Lächeln hatte ich recht.
"Spielst du mit uns Uno?", fragte Freya aus dem Nichts, welche plötzlich neben meinem Sitz stand.
"Ja, klar. So geht die Zeit auch viel schneller rum was?", lächelte ich.
"Ja und dann bin ich endlich wieder zu Hause bei Mama, Papa und meinem großen Bruder!", jubelte sie. Ja sie hatte uns bereits ganz stolz von ihrem großen Bruder Evan erzählt. Es erinnerte mich an das Band zwischen Lyla und Matthew. Und genau das machte, die Situation so niedlich!

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