Kapitel 8

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Ich nutze Salmas Mittagspause, um meine Sachen fertig auszupacken und mich auch kurz auszuruhen. Die letzten Tage waren einfach nur heftig. Ich schüttle den Kopf. Es klopft an der Tür. Das wird Salma sein. Ich rufe: „Herein!" Und sie steckt den Kopf durch die Tür. „Das sieht aber gemütlich aus bei dir!", sagt sie begeistert und hüpft zu mir auf die Couch. „Möchtest du einen Kakao?", frage ich sie und lächle sie an. „Oh ja. Darf ich denn?"„Warum nicht?"„Ich soll nicht so viel Süßes!", sagt sie mit einem schon ziemlich erwachsenen Augenverdrehen. Ich muss lachen. „Wir müssen das den Herren ja nicht erzählen, oder?" Ich schaue sie verschwörerisch an. „Ich trinke gleich auch meinen vierten Kaffee!"„Kaffee ist aber auch nicht so gesund!", sagt sie naseweis. „Eben! Da machen wir zwei jetzt was ganz geheimes, ungesundes!" Ich pikse sie in die Seite. Sie kichert leise. Ich gehe zu der kleinen Küchenecke und bereite die Getränke vor. Schließlich setzen wir uns an den Tisch und genießen unsere Getränke. „Möchtest du ein Buch holen, dann lese ich dir das vor!"„Oh ja!", sie lächelt mich an und springt auf. Wenig später kommt sie wieder zu mir und ich lese ihr Seite für Seite vor. Ich sehe, dass ihre kleinen Lippen sich dabei mitbewegen. Sie scheint das Buch gut zu kennen. „So! Und jetzt spüle ich kurz unsere Tassen ab und dann gehen wir raus! Ich brauche nämlich eine Führung durch den Garten hier!" Salma sieht mich an, als hätte ich etwas vollkommen Irres gesagt. „Hä?" Ich muss lachen. „Kleine Räuberprinzessinnen wie du müssen mindestens einmal am Tag gelüftet werden!", sage ich leise. Sie kichert. Kurz darauf tue ich mir ziemlich schwer damit, passende Schuhe für das Mädchen zu finden. Ihre Garderobe scheint nur aus Ballerinas und Halbschuhen zu bestehen. Das werden wir ändern. Schließlich entscheiden wir uns für ein graues Paar Halbschuhe, denen man zumindest nicht jeden Spritzer Matsch direkt ansieht. Ich selbst schlüpfe in meine Wanderschuhe und so machen wir uns mit einer Thermoskanne Tee und Keksen bewaffnet auf den Weg nach draußen. Glücklicherweise kennt Salma das Haus wie ihre Westentasche und so finden wir nach draußen. Allein wäre ich einfach nur aufgeschmissen gewesen. Wir stapfen durch den wunderschön angelegten Garten. Hier sind bestimmt Dutzende Gärtner beschäftigt. „Wo genau ist denn die Klinik von deinen Onkels?" Salma sieht mich vielsagend an. „Im Seitenflügel!" Sie zeigt auf ein schmuckes Seitengebäude. Dann zieht sie mich an der Hand zu einem kleinen Wäldchen. „Lass uns zum See gehen!", sagt sie aufgeregt. „Da war ich schon ganz lang nicht mehr!"„Kannst du denn schwimmen?", frage ich sie und mir geht das Herz auf, bei der Freude die sie dabei hat draußen unterwegs zu sein. Der See ist ganz schön groß. Wie irgendwie alles in diesem Anwesen. „NEIN."„Dann bringe ich es dir im Sommer bei!", sage ich und lächle sie an. „Echt!"„Ganz in echt!" Sie klatscht in die Hände. „Das dürfen wir aber nicht den Jungs erzählen!" Oh oh, so viele Geheimnisse. Ob das gut geht? „Wie wäre es, wenn wir uns ein Tipi bauen und da drin dann Kekse essen und Tee trinken?"„Oh ja!", sagt sie begeistert. Gemeinsam schleifen wir Äste, stellen diese an einen geschützten Ort und polstern alles mit Moos. Glücklich, schmutzig und zufrieden nehmen wir dann unsere Mahlzeit ein, bis mein Blick auf die Uhr fällt.„Scheiße!"„Das sagt man nicht!", sagt Salma altklug und beißt in einen Keks. „Wir müssen zurück. Ich muss dich gleich runter zum Abendessen bringen. Sonst bekomme ich gleich am ersten Tag Ärger!"„Ach, hier ist es viel schöner!", seufzt sie leise. „Na komm. Wer zuerst beim Haus ist, hat gewonnen!", versuche ich sie zu motivieren. Das klappt, wie immer und so erreichen wir atemlos um kurz nach 18 Uhr das Haus. Salma hat einen schwarzen Matschfleck im Gesicht, in ihren Haaren ist Moos und Blätter und ich sehe sicherlich auch nicht besser aus. Aber, Jakob hatte ja gesagt,Hauptsache glücklich! Und das habe ich heute auf jeden Fall erreicht. „Schnell nach oben. Wir müssen dich noch ein bisschen präsentabel machen. Zeigst du mir den Weg?" Sie schaut mich während des Laufens an und nickt mir zu. Ich bin abgelenkt und so laufen wir beide gegen eine schwarzgekleidete Wand. „Scheiße!", sagt Salma und schaut naseweis zu den dreien nach oben. „Entschuldigen Sie bitte, dass wir spät dran sind!", sage ich außer Atem. „Wir hatten so viel Spaß im Wald." Jakob und Sebastian verziehen keine Miene. Christian dagegen lächelt. „Das sieht aus, als hättet ihr jede Menge Spaß gehabt, Salmaschatz." Dann wird sein Gesicht wieder ernst. „Aber diese Worte möchte ich nicht mehr aus deinem Mund hören. „Die habe ich von Ina gelernt!", sagt sie frech. Ich spüre, wie ich rot werde, als mich nun die Blicke der drei Brüder treffen. Bei der Intensität werden mir sprichwörtlich die Knie weich. „Fräulein Sieverts, Sie bluten!", sagt Jakob und berührt meine Hand. Ich schaue darauf und wische mit der anderen Hand darüber. „Ach was. Nur ein Kratzer!", sage ich. Damit ist für mich die Angelegenheit abgeschlossen. „Mitkommen!", höre ich da nur von Jakob. Seine Hand legt sich in meinen unteren Rücken. Ich zucke zusammen. Sie fühlt sich brennend heiß an. Salma zwinkert mir zu. Ich spüre einen leichten Druck im Rücken und beuge mich diesem schließlich. Wieder werde ich in die Bibliothek gebracht. Mit meinen schmutzigen Schuhen und dreckiger Kleidung fühle ich mich sonderbar fehl am Platz. „Hinsetzen!", kommandiert Jakob und weißt mir erneut einen Stuhl zu. Ich lasse mich darauf plumpsen. Jakob zieht sich Handschuhe an und legt eine Unterlage auf den Tisch. Er deutet darauf. Ich soll wohl meine Hand dorthin legen. „Es ist doch wirklich..." Ein Blick aus seinen Augen lässt mich verstummen. Er nimmt ein Wattepad, tränkt dieses mit einer Flüssigkeit und tupft die Stelle vorsichtig ab. Es brennt zum Glück nicht. „Zum Glück nicht wirklich tief!", brummt er leise. Dann gibt er eine Salbe auf die Stelle und ein viel zu überdimensioniertes Pflaster. Ich setze dazu an, die Augen zu verdrehen, lasse es dann aber lieber. Schließlich gab es da ja das letzte Mal schon eins auf den Deckel. War das wirklich erst vorher? „Die nächsten zwei Tage die Stelle trocken halten! Sie können gehen!" Wie stellt er sich das vor? Ich beiße mir auf die Lippe und halte dabei seinen Blick. Sein Gesichtsausdruck wird hart wie Stein. Er kann mich wohl wirklich auf den Tod nicht ausstehen! In meinem Bauch entsteht ein komisches Gefühl. „Die Köchin hat Ihnen eine Portion des Abendessens zur Seite gelegt!", gibt er noch von sich, bevor er die benutzten Dinge zur Seite legt. Ich verlasse den Raum überstürzt. Keinen Moment länger will ich mit diesem Mann in einem Zimmer sein.

Cinderella in ChucksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt