Ich setze mich neben das Bett des Mädchens und schaue mich um. Das Zimmer ist voll mit Spielsachen, die aussehen, als wären sie noch nie benutzt worden. Sie stehen unangetastet im Regal. Es ist sehr ordentlich, so als würde Salma hier nur sehr wenig Zeit verbringen. Wo sie sich sonst wohl aufhält? Meine Gedanken wenden sich Jakob zu. Ich bin selten so jemanden wie ihm begegnet. Mit der Oberschicht habe ich sonst nur sehr wenige Berührungspunkte. Salma wird unruhig, sie wirft sich hin- und her in ihrem Bett. Sanft lege ich ihr eine Hand auf ihr verfilztes Haar. Sofort wird sie ruhig und lächelt im Halbschlaf. Was diese kleine Kinderseele wohl schon alles mitmachen musste? Wenn ich an das Bild von Ruth denke, wo die Familie vor dem Anwesen zu sehen ist, war da auch noch ein kleines Mädchen. Hier sind allerdings nur drei Brüder. Kann es sein, dass dieses Mädchen Salmas Mutter war? Salmas Äußerungen nach ist sie gestorben. Was ist denn mit dem Vater und warum hat sich Ruth nicht um sie gekümmert? Fragen über Fragen! Salma öffnet die Augen. Ich schaue sie ruhig an. Sie hält meinen Blick. Sanft nehme ich meine Hand aus ihren Haaren und lege sie in meinen Schoß. Dann lasse ich mich vom Bett heruntergleiten und schaue durch das Bücherregal. Auch die Bücher sind teilweise noch in Plastik eingeschweißt. Mein Herz geht auf, als ich das Buch Ronja Räubertochter sehe. Für einige Szenen ist Salma zwar noch zu jung, aber ich könnte mir vorstellen, dass es ihr gefallen könnte. Ich schlage das Buch auf und beginne zu lesen. Dabei beachte ich Salma erstmal gar nicht. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass dies der richtige Weg ist. Salma muss von sich aus zu mir kommen. Sonst haben wir keine Chance. Ich denke, Ruth hat etwas in mir gesehen, weshalb sie denkt, dass ich die richtige Person für Salma sein könnte. Nach einer Weile höre ich auf zu lesen. Salma sieht mich für einen Moment enttäuscht an. Ich schaue mich um, auf der Suche nach einem Lesezeichen. Auf dem Nachttisch sehe ich ein Bild von einer wunderschönen Frau. Sie sieht Ruth so ähnlich, dass eine enge Verwandtschaft auf jeden Fall bestehen muss. „Das ist meine Mama!", sagt Salma leise. „Sie ist im Himmel!" Ich schlucke und spüre, dass Salma ein kleines Stückchen näher rutscht. Ich spüre ihre eiskalten Füße durch den dünnen Stoff meines Oberteils. „Meine Mama auch!", antworte ich und schaue so wie Salma durch die großen Fenster nach draußen. „Du bist anders als die anderen!", stellt Salma fest und schaut mich durchdringend an. Ich halte ihren Blick für einen Moment und lasse ihn dann sinken. Ich möchte keine Machtspielchen am ersten Tag mit ihr spielen. Das hat weder sie noch ich verdient. „Ich möchte meine Sachen auspacken, magst du mir helfen?", fragend schaue ich sie an. Salma legt den Kopf schief zur Seite und scheint zu überlegen. Schließlich nickt sie und springt vor mir durch den Raum. Ich folge ihr und habe langsam ein gutes Gefühl im Bauch.

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Cinderella in Chucks
RomanceDiese Geschichte steht für sich alleine und hat (bisher) keinen Querbezug zu meinen anderen Geschichten. Ina ist frisch gebackene Erzieherin und hat gerade ihre Abschlussfeier überstanden. Wenige Tage später erhält sie eine rätselhafte E-mail der Ge...