Kapitel 7

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Jemand hat in meiner Abwesenheit meine Sachen in mein Apartment gebracht. Salma betrachtet interessiert, wie ich meinen Koffer öffne und beginne meine Kleider in den Schrank zu sortieren. „Und wo ist deine Abendgarderobe und deine Festkleider?", fragt sie mich mit einem Stirnrunzeln. „Sowas besitze ich nicht, Salma!"„Aber das brauchst du doch! So kannst du heute Abend nicht zum Essen gehen."„Ach, ich kann mir auch hier etwas kochen!", sage ich freundlich zu Salma und zeige auf die kleine Küchenecke. „Du kannst kochen?"„Klar. Du nicht?"„Nee! Ich bin ein Kind und wir haben eine Köchin hier!", sagt sie mit hochgezogener Nase. Ich verbeiße mir ein Schmunzeln. „Vielleicht magst du mir ja mal helfen, beim Kochen oder backen", schlage ich vor und lächle Salma an. „Vielleicht!", gibt diese ernsthaft zurück. Ich reiche ihr meinen Waschbeutel. „Könntest du diesen bitte ins Bad bringen?", fordere ich sie freundlich auf. „Klar!", sagt sie und nimmt den Beutel an sich. Vorsichtig trägt sie diesen in das Badezimmer. Ich verstaue solange meine Schuhe in dem Schuhregal und verteile noch einige mir sehr lieb gewonnene Dinge im Raum. Unter anderem einen von meinen Vorfahren genähten Quilt und zwei Kissen. So sieht der Raum schon mehr nach mir aus. Salma braucht ganz schön lange, um meine Waschutensilien ins Badezimmer zu bringen. Ich klopfe leise an der Tür. Vielleicht nutzt sie ja gerade die Toilette? „Komm rein!", ruft sie und klingt dabei fast fröhlich. Als ich vorsichtig die Tür öffne, sitzt das Mädchen inmitten meiner Bade- und Waschutensilien. Sie hat die Deckel aufgeschraubt und schnuppert gerade an einem Schaumbad. Ich setze mich zu ihr. „Das riecht gut,oder?"„Oh ja! Und wie!", sagt sie leise. „Was ist das?"„Ein Schaumbad!", gebe ich zurück. „Du darfst es gerne einmal ausprobieren!"„Jetzt?" Salma sieht mich mit leuchtenden Augen an. „Hm. Von mir aus. Hast du denn einen Badeanzug?" Bevor ich nicht mit meinen Chefs gesprochen habe, möchte ich kein Risiko eingehen. „Ja, den habe ich!", gibt Salma fast fröhlich von sich.„Kannst du den denn schon alleine anziehen?"„Ich bin doch kein Baby mehr!"„Na dann gehst du in dein Zimmer und ziehst deinen Badeanzug an. Solange bereite ich dir das Schaumbad vor, abgemacht?"„Abgemacht!" Sie lächelt mich scheu an und verschwindet leise aus meinem Apartment. Ich lasse Wasser in die Badewanne und gebe das Schaumbad dazu. Nachher werde ich, während Salma sich abtrocknet, frische Kleider aus ihrem Zimmer holen, wenn Salma das akzeptiert. Salma betritt wenig später wieder mein Badezimmer. Ich muss lachen, als ich sie sehe. Sie ist komplett ausgerüstet mit Flossen und Schwimmbrille. „Na dann, los!", sage ich und helfe ihr in die Wanne. Es dauert nicht lange und das Bad gleicht einer Schaumparty. Aber Salma hat großen Spaß. Ihr kleines Gesicht leuchtet vor Freude. Ich reiche ihr die Flasche einer Kur für die Haare. „Schnupper mal!", sage ich,„Oh, das riecht gut. Kokos?", fragt sie und schaut mich aufmerksam an. „Genau. Darf ich dir etwas davon in die Haare machen?"„Klar!". Sie taucht nochmal unter und lässt sich dann bereitwillig die Kur einmassieren. Das ging ja besser als erwartet. Vorsichtig spüle ich diese wieder aus. Dann ziehe ich den Stöpsel. „So, kleine Meerjungfrau. Raus mit dir!", sage ich leise und lege ihr ein Handtuch hin. „Möchtest du dein Nachthemd wieder anziehen oder darf ich dir ein frisches Kleid aus deinem Zimmer holen?"„Wie du willst!", gibt sie locker zurück und hüllt sich in das Handtuch. „Dann trocknest du dich ab und ich hole frische Kleidung!" Ich gehe in Salmas Bereich und suche frische Kleider heraus. Ich klopfe an die Tür des Badezimmers. „Hier sind die frischen Kleider!", rufe ich und gebe sie ihr in das Badezimmer. Dann inspiziere ich den Kühlschrank und Küchenschrank des Apartments. Er ist mit den notwendigen Dingen ausgestattet. Ich setze mich an den Tisch und warte darauf, dass Salma aus dem Badezimmer kommt. Währenddessen schneide ich einen Apfel in Stücke. Schließlich tritt sie aus dem Raum. Sie sieht frisch gewaschen mit anderen Kleidern gleich ganz anders aus. Ihre feuchten Haare hängen über ihren Rücken. Ich lächle ihr zu und schiebe ihr den Teller mit den Apfelschnitzen entgegen.„Darf ich deine Haare föhnen?" Salma nickt und stopft sich einen Apfelschnitz in den Mund. Ich stecke meinen Föhn ein und beginne, ihre Haare zu trocknen. Die Kur hat gut gewirkt, so dass ich diese sogar mit den Fingern wieder gut kämmen kann. Schließlich fallen sie in lockeren Wellen über ihren Rücken. Die Apfelschnitze sind verbraucht. Es ist bereits 13 Uhr. Die Zeit vergeht wie im Flug. Eine Glocke erklingt. Salma springt auf. „Komm. Wir müssen zum Essen!"„Essen?", fragend schaue ich sie an. „Ja, Mittagessen!"Aha, da bin ich wohl auch eingeplant. Ich hoffe, dass einer der Chefs nach dem Essen etwas Zeit hat, um mich in meine Tätigkeit hier einzuführen. Salma nimmt mich tatsächlich an der Hand. Ich folge ihr durch das Labyrinth der Gänge. Bald erreichen wir einen großen Saal mit einem Tisch, der allerdings nur für fünf Personen gedeckt ist. Ich lasse mich neben Salma nieder und fühle mich etwas unwohl. Salma sitzt sehr aufrecht. Ihre Hände sind in ihrem Schoß gefaltet. Eine rundliche, freundlich aussehende Person betritt den Raum und bringt eine Terrine, aus der es köstlich riecht. Sie lächelt mir zu und beginnt dann die Suppe auszuteilen. Ich höre Schritte hinter mir. Salmas Augen beginnen zu leuchten. Ich traue mich fast nicht, mich umzudrehen. Ich spüre die Blicke der Männer in meinem Rücken. Der Duft von Testosteron und sehr angenehmen, wenn auch unterschiedlichen Parfum, umweht mich. Jakob, wohl der älteste der Brüder, setzt sich an die Stirnseite und würdigt mich keines Blickes. Ich betrachte die beiden anderen. „Guten Tag, Fräulein Sievers, schön, dass Sie da sind!" Er lächelt mich freundlich, aber reserviert an. Ich nicke kurz. Auch er sieht tierisch gut aus. Nun wandert mein Blick zu dem dritten im Bunde. Seine Ausstrahlung ist sehr ernsthaft und gefasst. Er sieht mich durchleuchtend an. Dabei wird mir abwechselnd heiß und kalt. „Salmaschatz hast du etwa gebadet?", der Reservierte sieht mich nun zum ersten Mal richtig an. Salma nickt stolz. „Guck mal, wie gut ich rieche, Sebi!",sagt sie und springt auf. Auch Jakob schaut nun auf und mustert Salma überrascht. Salma kuschelt sich dann an den Mittleren der Mediziner ran.„Oh ja. Ganz ausgezeichnet!", sagt er. Salma grinst.„Da muss ich aber jetzt auch mal riechen!", sagt der Jüngste der drei. Er beugt sich über Salma und vergräbt seine Nase in ihrem frisch gewaschenen Haar. Salma klettert nun auf seinen Schoß. „Ich mag dich Chrissi! Du riechst immer so gut." Nach dieser Äußerung kitzelt er Salma durch, bis sie herzhaft kichert. Dann klammert sie sich an ihm fest. In dieser Position essen wir nun unsere Suppe, die wirklich vorzüglich schmeckt. „Fräulein Sievers, auf ein Wort!", sagt Jakob und schiebt energisch den Stuhl zurück. „Salma, du wartest in deinem Zimmer!" Er wirft ihr einen strengen Blick zu. Ich folge dem Mann in das angrenzende Zimmer. Es scheint eine Kombination aus Bibliothek und Arbeitszimmer zu sein. Er weißt auf einen Sessel hin. Ich setze mich, sehr aufrecht und bin nun gespannt, was mich erwartet. „Sie haben in den wenigen Stunden schon mehr erreicht, als viele der Kindermädchen vor Ihnen!", sagt er mit einem etwas erstaunten Unterton. „Sie haben sicher gemerkt, dass Salma speziell ist. Sie ist nicht mit anderen Kindern zu vergleichen!"„Wann war denn der letzte Wechsel?", trau ich mich zu fragen. „Das tut nichts zur Sache. Sie sind da und Sie tun Salma gut. Das ist das Wichtigste. Salma ist unsere Nichte. Sie ist unser Augapfel aber wir haben durch unseren Arbeitsalltag viel zu wenig Zeit, um uns adäquat um sie zu kümmern. Das ist nun Ihre Aufgabe. Ihre Arbeitszeit beginnt pünktlich um 8:30 - 13:00 Uhr und von 15:00 – 18:00 Uhr. Jedes dritte Wochenende haben Sie frei. Mit dem Gehalt sind Sie einverstanden?" Ich bin etwas überrumpelt. „Ja, also soweit schon. Gibt es denn irgendetwas, was ich beachten muss?"„Ich gehe davon aus, dass Sie den Arbeitsvertrag genau studiert haben. Haben Sie dazu noch Fragen?" Arbeitsvertrag? Stimmt, der war im Anhang der Mail. „Ähm nein!"„Gut. Dann bitte hier unterschreiben!" Er reicht mir einen Kugelschreiber. Meine Hand zittert etwas, als ich mein Kürzel darunter setze. Tue ich das Richtige? „Machen Sie Salma glücklich. Alles andere ist nebensächlich!"„Das kann ich!", sage ich selbstbewusst und lächle ihn an. In seinen Augen sehe ich es nur ganz kurz aufblitzen. „Sie bringen Salma auf 18:00 herunter zum Abendessen. Manchmal, wenn wir Besuch haben, wäre es wichtig, dass Sie dabei sind. Ich habe mir erlaubt, Ihnen einige Kleider, natürlich auf unsere Kosten, zu Ihrer Garderobe zufügen zu lassen. „Also ich finde das sehr bequem so!", sage ich entschlossen. Ich werde mir von dem Schnösel bestimmt nicht sagen lassen, was ich anzuziehen habe. Er wirft mir noch einen langen Blick zu.„Sie können gehen!" Beim Herausgehen verdrehe ich die Augen. Was bildet er sich eigentlich ein? „Ach und Fräulein Sievers?" Ich drehe mich nochmal zu ihm um.„Das habe ich gesehen! Ich erwarte hier einen respektvollen Umgang!", sagt er mit eiskalter Stimme. „Sehrwohl, Dr. Schwannstatt!", gebe ich mit einem Hauch Ironie zurück und verlasse dann das Zimmer. Na das kann ja lustig werden.

Cinderella in ChucksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt