11| steig ein

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harvey

»Sloane!«

Sie zuckte heftig zusammen, als ich nach ihrem Arm griff. Ihrem Gesichtsausdruck zufolge hätte es mich nicht gewundert, wenn sie mir aus Reflex einfach eine Ohrfeige verpasst hätte. Augenblicklich ließ ich sie los.

»Sloane. Jetzt warte mal.«

Sie musste erst vor kurzem das Restaurant verlassen haben, da sie noch in der taillierten weißen Bluse und einer weiten Hose steckte. Die Hälfte ihres Zopfes hatte sich längst aufgelöst, ihre Schminke war verwischt. Fuck. Sie hatte eindeutig geweint.

»Harvey«, stieß sie atemlos aus, die Arme hingen ihr schlapp an beiden Seiten herab. Ihre braunen großen Augen flogen kurz über mich, als könnte sie nicht glauben, wer vor ihr stand. »Was... was machst du bitte hier?«

»Das spielt keine Rolle. Komm, steig erstmal ein. Wir bringen dich jetzt nachhause. Cole ist auch im Wagen.«, sagte ich, da ich aus der Entfernung bereits Betrunkene aus einer Bar kommen sehen konnte, die in ihre Richtung glotzten und grinsten.

Aber Sloane drehte sich bloß um, rührte sich kein einziges Stück. »Ist das gerade dein Ernst? Meinst du das wirklich ernst?« Sie zitterte. Ich hatte gar keine Zeit ihr zu antworten, da sie mit tränenerstickter Stimme rief: »Ich habe euch nichts getan! Gar nichts! Ich wollte doch nicht mal, dass Cole sich vor allen anderen zu mir setzt, falls dich das gestört hat! Aber das heute... im Restaurant... das war das allerletzte. Er hat mich vor allen gedemütigt!«

Fuck. Nic, dieser elendige Bastard....

»Sloane.«

»Nein, lass mich jetzt bitte in Ruhe, denn gleich werde ich wieder anfangen ziemlich stark zu weinen.« Ihre Hände verkrampften sich an ihren Seiten, ich sah die Knöchel weiß hervortreten. Sloane strich sich das Haar zurück, das ihr der Wind ins Gesicht wehte.

»Außerdem muss ich jetzt meine verfluchte Bahn kriegen und ich habe keine Lust euch wieder irgendwas zu tun, damit ihr dafür sorgt, dass ich meinen nächsten Job auch verliere! Ich habe dir gesagt, dass ich darauf angewiesen bin! Du wusstest es doch ganz genau!«

»Sloane!«

»Hör endlich auf meinen Namen zu rufen!«

»Du steigst jetzt ein.« Ich bekam ihre Hand zu fassen und im selben Moment fuhr Cole mit quietschenden Reifen vor. Sein Arm hing aus dem Fenster und sein Blick streifte uns. Er sah Sloane an, sagte aber nichts.

»Du befiehlst mir rein gar nichts, Harvey! Für mich sind du und deine Freunde das letzte! Ich bin meinen Job los- verstehst du das? Kommt das vielleicht irgendwo bei dir an?!«

»Sloane!« Meine Stimme klang energischer und ich zog sie zu mir. »Es ist verdammt spät in der Nacht und du wirst nicht alleine mit der U- Bahn fahren. Also setzt du dich jetzt ins Auto, damit ich dir während wir fahren alles erklären kann.«

Sie wollte sich aus meinem Griff winden, aber ich ließ sie nicht los. Eine der flackernden Straßenlaternen schien auf uns herab und die Tränen, die ich durch das Licht in ihren Augen funkeln sah, ließen mich bereuen, Nic keine reingehauen zu haben. Damit meinte ich nicht nur heute morgen, sondern auch den verfluchten Tag, an dem wir alle im Restaurant saßen, und er sie fertigmachte. 

»Ich fahre U- Bahn.«

Die Betrunkenen grölten etwas Unverständliches hinter uns, aber ich war mir sicher, dass es an sie gerichtet war. »Ganz sicher nicht. Du steigst ein.«

Dieses Mädchen war verdammt stur. Sie schien mit sich selbst zu kämpfen, aber gab letztlich nach.
Ich riss die Autotür für sie auf und sie rutschte nach hinten durch. Anstatt mich nach vorne zu setzen stieg ich ebenfalls hinten ein. Sloane schenkte mir einen missbilligenden Blick, bevor sie verbissen aus dem Fenster starrte. Ich erkannte die Tränen auf ihren Wangen schimmern.

Until you are mine Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt