Adalis

Kapitel 2

Die Aussicht, die sich Taehyung auf dem Weg zu dem großen Anführer bot, war atemberaubend. Als sie endlich vor dem großen Baum standen, staunte Taehyung nicht schlecht.
Der Baum leuchtete in so sanften Farben: Rosa, Blau, Lila, Grün und zig andere Farben färbten den Baum in ein magisches Meer aus Blättern.

Taehyung kam nicht umhin, darüber nachzudenken, dass es bestimmt romantisch war, sich mit seinem Partner den Baum anzusehen, vor allem wenn die Sonne unterging.
»Wow, wie romantisch«, flüsterte der Blonde und legte seine Hand über seinen vor Staunen offen stehenden Mund.

Auch wenn Taehyung ein geschickter Krieger war, träumte er davon, eines Tages seinen Seelenverwandten zu  treffen - selbst wenn dies nur in Büchern geschrieben war und deshalb nur wenige Elben daran glaubten. Er war Romantiker, das hatte er von seiner Mutter.

»Wunderschön nicht?«, grinste Jeongguk stolz, als er Taehyungs staunenden Blick sah. »Ein Geschenk der Natur. Wir Elben haben unseren Baum Ethmyr genannt. Er bietet uns Schutz, Nahrung und ein Zuhause. Ganz oben befindet sich übrigens der Ballsaal. Jeden Monat zu Vollmond wird dort gefeiert. Unten in den Wurzeln liegt die große Halle. Falls etwas passieren soll, finden wir da nicht nur den Anführer, sondern auch Zuflucht.«

Jeongguk führte den Neuling den schmalen Pfad entlang. Andere Elben begrüßten sie mit einem Lächeln, Jeongguk grüßte höflich zurück. Im großen Stamm des Baums angekommen, erstreckten sich riesige Treppen spiralförmig nach unten als auch nach oben. Jeongguk nahm natürlich die Stufen, die nach unten führten.
»Pass auf, wo du hintrittst. Manche Stufen sind nicht mehr die neuesten.«
Die Treppen führten fast unendlich tief nach unten. Es wurde ein wenig kühler, dunkler um sie herum. Nur noch lumineszierende Steine zeigten ihnen den Weg.

Unten angekommen wurden sie von einem riesigen Tor aus Wurzeln aufgehalten. Jeongguk sprach ein altelbisches Wort und augenblicklich öffnete sich das Tor. Der Anführer wartete schon gespannt auf sie. Dort saß er: an einem riesigen Tisch voller Papiere inmitten der großen Halle. Banner und Gemälde hingen an den Wänden und der Decke. Riesige Regale bis obenhin gefüllt mit Büchern, erstreckten sich im Raum.
Nur wenige Elben waren hier unten, arbeiteten oder tratschten leise. Als Jeongguk mit Taehyung jedoch die Halle betrat, wurde es mucksmäuschenstill.

Überrascht hob der Anführer den Kopf. Ein doch recht jung aussehender Mann mit weißen Haaren und spitzen Ohren. Seine Augen schimmerten in einem angenehmen Azurblau. So jung er auch aussah, der Anführer war einer der Ältesten unter den Mitgliedern. Jeongguk hatte längst vergessen, wie alt sein Anführer wirklich war.

Als er Taehyung erblickte, erhellte sich seine Miene.
»Du musst unser Neuzugang sein, nicht wahr? Ich bin der Anführer der Adalis. Mein Name ist Namjoon.«
Taehyung kniete sich auf das rechte Bein, zeugte Respekt seinem neuen Anführer gegenüber. Mit fester Stimme sprach er zu ihm: »Ja, der bin ich, Kim Taehyung, der stärkste Krieger aus der Stadt Aynran. Es ehrt mich, hier sein zu dürfen.«
Etwas nervös blickte Taehyung auf und schaute in das freundlich schauende Gesicht Namjoons.

»Wir freue uns auch, das du hier bist! Jeongguk wird dir ab dem heutigen Tag dein neues Zuhause zeigen«, sprach der Anführer zu dem Neuankömmling.

»Ich würde dich auch in Zukunft drum bitten, Taehyung bei all seinen Fragen zur Seite zu stehen«, sprach Namjoon Jeongguk an, den Taehyung beinahe vor Nervosität vergessen hätte.
Verstohlen schaute er den jungen Elben an. Dieses warme Gefühl, das sich in seiner Brust ausbreitete, bei dem Gedanken mit Jeongguk mehr Zeit zu verbringen, ließ sein Herz auf eine merkwürdige Art schneller schlagen. Er fand den anderen Elben äußerst attraktiv, vor allem seine Seelenspiegel, die so schön schimmerten. Taehyung hatte noch nie solch schöne Augen gesehen. Er musste schlucken. Jeongguk hatte eine ganz besondere Wirkung auf ihn.

Jeongguk neigte auf die Worte seines Anführers den Kopf.
»Natürlich! Ich werde das mit Freuden tun«, versprach Jeongguk fast schon begeistert. »Benötigt Ihr noch sonst etwas, mein Anführer? Ansonsten werde ich Taehyung nun in sein neues Zuhause, die Gemeinschaft und in seine Aufgaben einführen«, teilte er Namjoon mit. Aus irgendeinem Grund freute sich der Elbe darauf, ein wenig mehr Zeit mit dem Neuling verbringen zu dürfen. Vielleicht konnten sie sich so auch persönlicher kennenlernen, zumindest stünde das in Jeongguks Interesse. Er pflegte gerne gute Beziehungen zu anderen Clanmitgliedern. Und Taehyung sollte sich hier schließlich wohlfühlen.

»Nein, ihr könnt gehen«, sagte Namjoon und machte eine ausladende Geste mit der Hand. Taehyung neigte noch einmal seinen Haupt, griff automatisch nach Jeongguks Hand und zog ihn aus der großen Halle.

»Ich bin so aufgeregt«, flüsterte er ehe zu sich, als er mit Jeongguk die vielen Stufen von Ethmyr nach oben stieg. Er konnte kaum abwarten, sein neues Zuhause zu erkunden.

Hoffentlich würde Jeongguk den Neuling nicht allzu sehr enttäuschen. Dabei gab es in dieser Gemeinschaft so viel zu entdecken.
»Das freut mich! Dann zeige ich dir zunächst dein neues Zuhause, damit du schon mal deine Sachen abstellen kannst«, beschloss der Elbe und zog Taehyung die vielen Treppen wieder nach oben. Gemeinsam schlenderten sie durch das gemütliche Dorf. Jeongguk begrüßte beinahe jeden Elben dabei mit einem Kopfnicken. Das gleiche taten die anderen auch bei Taehyung, um den Neuling herzlich begrüßen zu können. Vor einem holzkastenähnlichen Gestell blieben sie schließlich stehen.

»Das ist der Fahrstuhl, der uns auf einen der Äste Ethmyrs transprotiert. Dort sind Hütten aufgestellt, in denen wir leben.« Sie beide fuhren den Aufzug also hoch, der mit komplizierten Mechaniken und etwas Magie installiert wurde.
»Mit dem Fahrstuhl kannst du ganz einfach auch in die anderen Ebenen fahren. Deine ist Ebene Vier. Je höher dein Rang im Clan, desto höher liegt auch deine Hütte. Ganz unten leben die Wachen, damit sie uns behüten können.«
Auch oben waren eine Menge Elben. Der Ast war so breit, sodass dieser beinahe wie eine eigene Plattform durchgehen könnte. »Und hier ist deine Hütte!«, rief Jeongguk.