Kapitel 11

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Jeongguk tat alles, um die Röte in seinem Gesicht zu verbergen, selbst als sie längst wieder oben waren und die warme Morgensonne sie begrüßte. Eigentlich war er es gewohnt, von den beiden Älteren aufgezogen zu werden, doch diesmal hatten sie doch irgendwie einen gewissen Punkt getroffen. Auf Männer stehen? Solche Bänder waren nicht ungewöhnlich, schließlich gab es auch Beziehungen zwischen zwei vollkommen unterschiedlichen Wesen. Da kam ein Band zwischen zwei Gleichgeschlechtlichen definitiv öfter vor.
Fürs Erste sollte Jeongguk jedoch nicht weiter darüber nachdenken. Am Ende würden sich seine Gedanken noch in einer Spirale verlieren.
»Du wolltest zunächst in die Küche, nicht wahr?«

»Ja … ähm … was ist mit dir, Ggukie? Gehst du danach selbst zum Training?« Taehyungs Stimme wurde immer leiser. Langsam realisierte er, dass Jeongguk auch seine Aufgaben hatte und wahrscheinlich denen auch nachgehen musste. Ob sie sich gleich bei der Kampfeinheit sehen würden? Oder würde der Ältere an Taehyungs Seite bleiben und ihn durch die Koch-Gilde begleiten?

Taehyung wagte sich nicht zu fragen. Aber sein Herz schmerzte, wenn er daran dachte, dass der Dunkelhaarige jetzt gehen würde.

Zögerlich nickte Jeongguk. Ihm fiel jetzt erst auf, dass sich danach ihre Wege fürs Erste trennen würden. Schade ... Dabei hatte er gehofft, Taehyung auch heute noch durch den Tag begleiten zu können. »Ja, sobald ich dich bei Hoseok abgeladen habe, werde ich zur Kampfeinheit müssen. Ich muss schließlich einige Frischlinge trainieren. Aber du kannst jederzeit dazustoßen, wenn dich Hoseok gehen lassen sollte!«, ergänzte Jeongguk mit ein wenig mehr Hoffnung.

Die Stimmung war irgendwie bedrückend. Taehyung wollte wirklich mehr Zeit mit Jeongguk verbringen, aber er wollte unbedingt - da er nun endlich durfte - auch seiner Leidenschaft zum Kochen nachgehen.
Vielleicht konnte er Jeongguk zur Mittagszeit mit einem Gericht überraschen!
Von ihm selbst zubereitet. Mit Liebe und Leidenschaft. Oh Gott! Wo Taehyung schon wieder hin dachte.

»Ja, das klingt toll.« Zu schnell waren sie bei Hoseok angekommen.
»Also dann, Ggukie, vielleicht bis später.« Taehyung wusste echt nicht, wie er sich verabschieden sollte. Verunsichert biss er sich auf die Unterlippe und fummelte an den Schnüren, die anstatt Knöpfe sein Hemd geschlossen hielten. Schüchtern hob er eine Hand und winkte direkt vor Jeongguks Gesicht damit, bewegte sich jedoch kein Stückchen. Er wollte den Älteren einfach nicht verlassen

Auch Jeongguks Herz zog sich zusammen, als er realisierte, dass sie sich die nächsten Stunden erstmal nicht mehr sehen werden. Dabei waren sie nur einige Meter voneinander entfernt. Sie würden sich nicht komplett voneinander trennen müssen. Wieso mussten seine Gedanken und Gefühle auch so verrückt spielen? Jeongguk merkte das zögerliche Handeln von Taehyung. Er schien unschlüssig zu sein, wie er sich in dem Moment verhalten sollte. Also machte Jeongguk den nächsten Schritt und zog den Elben in eine feste Umarmung.

Ohne zu zögern, erwiderte Taehyung die  Umarmung, drückte sich näher an den Älteren und vergrub sein Gesicht in dessen Halsbeuge. Man, Jeongguk roch so gut. Taehyung hätte Ewigkeiten so bleiben können. Als der warme Atem des Dunkelhaarigen sein Ohr streifte, schoss eine feine Gänsehaut über Taehyungs Körper.

»Hoffentlich bist du schnell fertig. Dann können wir uns später beim Training wiedersehen. Ich würde mich freuen, dich in meiner Einheit zu sehen. Dann können wir regelmäßig miteinander trainieren.«
Jeongguks Worte waren so einfach und trotzdem lösten sie so vieles in Taehyung aus. Anscheinend wollte der andere Elbe ihn genauso gerne um sich haben wie Taehyung ihn. Es erwärmte sein Inneres und entfachte ein feines Kribbeln in seiner Magengegend.

»Ja, sehr gerne.« Taehyung wollte dem anderen nicht verraten, dass er ihn überraschen wollte. Also drückte er Jeongguk noch einmal etwas kräftiger und lief zu Hoseok in die Küche.

»Taehyung! Wie schön, ich freue mich, dich in meinem Clan zu begrüßen!« Prompt wurde der Blonde in die nächste Umarmung gezogen, kaum dass er durch die abgerundete hölzerne Tür getreten war. Hoseoks Umarmung war definitiv ganz anders als die von Jeongguk. Sie war fest, aber eher brüderlich. Sie löste nichts außer Freude, seinen neuen Freund wiederzusehen, aus.

»Auch schön, dich wiederzusehen, Hoseok! Ich freue mich auf dich und deine Leute.«

Hoseoks Lächeln könnte glatt mit der Sonne um die Wette strahlen. Kurz stellte er Taehyung den anderen vor und kaum war er bei dem letzten angekommen, legten sie schon mit dem Kochen los.

Die Koch-Gilde war eine lustige Truppe, die all die Speisen mit so viel Liebe, aber auch Freude zubereitete. Sie hatten so viel Spaß, sodass Taehyung beinahe die Mittagszeit verpasst hätte.

»Ach du lieber Schreck!«, rief er erschrocken, als er die Wanduhr sah, die gerade die Blüte öffnete und von leisem Summen der Insekten begleitet wurde. Die magische Uhr öffnete immer zur Mittagszeit eine besondere Blume. Es war sehr hübsch anzusehen. Aber Taehyung hatte keine Zeit, das magische Uhrwerk zu bewundern.

Schnell packte er das mit Liebe zubereitete Essen ein, nicht zu vergessen die kleinen Törtchen, die er als Nachtisch gebacken hatte, und eilte davon.

»Taehyung! Wo willst du hin!«, brüllte ihm ein Braunhaariger hinterher, dessen Namen der Blonde sich nicht merken konnte.

»Zum Übungsplatz!«

Ohne Zeit zu verlieren, rannte er drauf los.

Kaum hatte er auf altelbisch die Worte für »Trage mich, oh du Wind« ausgesprochen, wurde er vom Wind in die Luft gezogen und flog mit Geschick zum Übungsplatz.
Ganz vorsichtig landete er auf der Wiese und suchte nach Jeongguk.

Den ganzen Vormittag hatte Jeongguk trainiert, wobei er jedoch viel zu sehr von seinen Gedanken abgelenkt war. Es gab keine einzige Sekunde, in der er nicht an Taehyung gedacht hatte. Seit sie sich gestern das erste Mal kennengelernt hatten, wollte ihm der junge Elbenmann einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Das fiel anscheinend auch seinen Lehrlingen auf. Am Ende beendete Jeongguk das Training früher als sonst und setzte sich stattdessen auf die Wiese.

Ob Taehyung noch zum Training kommen würde? Oder vielleicht sollte Jeongguk ihn in der Küche besuchen. Nein, sonst würde ihn der General tadeln, weil Jeongguk seine Pflichten vernachlässigte.

Schnell fanden Taehyungs Augen Jeongguk. Er saß mitten auf der Trainingswiese. Langsam schritt der Blonde auf ihn zu. Er sah sehr nachdenklich aus. Ob Jeongguk etwas bedrückte?

Ganz vorsichtig, um den Älteren nicht zu erschrecken, schickte Taehyung den Wind, der an Jeongguks Kleidern rüttelte und sich mit einer sanften Brise in seinen in der Sonne glänzenden Haaren verlief.

AdalisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt