44. Bring mich nicht zum weinen

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BELLA

„Hallo, Bella. Ähm... Wie geht es dir, Schatz?" Er klingt nervös. Er ist immer nervös, wenn er mit mir redet. Er meint, dass er sich gebessert hat. Das Gefängnis hat ihn anscheinend verändert. Zumindest hat er mich in diesem Jahr nicht einmal verletzt.

„Gut. Warum rufst du an?", antworte ich monoton. Er hat sich vielleicht gebessert, aber ich werde ihn trotzdem nicht verzeihen. Er hat es nicht verdient. Seine Taten waren zu schlimm. Zu widerlich.

Ich höre ihn an der anderen Leitung leise seufzen. „I-Ich habe mit Lewis gesprochen. Du bist anscheinend verheiratet. Ist das wahr?"

Na toll, jetzt bin ich nervös. Ob er sauer wird, wenn ich ihm antworte?

„Ähm, ja. Ich habe geheiratet. Das wolltest du doch." Ich schlucke schwer und versuche, das Zittern meiner Hände zu ignorieren.

„Ja, das wollte ich. Du hast vielleicht jemand anderes geheiratet, als die Person, die ich für dich ausgesucht habe, aber... Ich schätze, so bist du glücklicher. Nathan ist ein guter Junge. Ich mochte ihn schon immer." Seine Stimme ist leise, aber jedes einzelne Wort kratzt an meiner Haut.

„Ja, das ist er. Du hast mir etwas versprochen. Erinnerst du dich? Wenn ich heirate, wolltest du mir verraten, wo Mama ist." Ich umklammere das Handy fester in meiner schwitzigen Hand. Ich habe so lange auf diesen Tag gewartet. Ich will endlich wissen, wo meine Mutter steckt.

„Das werde ich auch, aber vorher will ich dich noch ein letztes Mal persönlich sehen, weil ich weiß, dass du mich, nachdem was ich dir sagen werde, nie wieder sehen wollen wirst." Ich schlucke schwer, bei seiner Antwort. Wie schlimm kann es denn sein?

„Na gut. Dann treffen wir uns morgen. Ich schicke dir später Standort und Uhrzeit. Sei pünktlich." Sofort lege ich nach meinen Worten auf. Mein Handy lege ich mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch und atme tief durch. Meine Haut ist mit einer Gänsehaut bedeckt und meine Unterlippe zittert wie verrückt. Ich hasse es. Ich hasse jedes einzelne Wort, welches ich mit ihm wechsele. Ich will meine Mama und nicht meinen Vater. Mein Atem beschleunigt sich und das Tempo meines Herzschlags verdoppelt sich. Ich kann nicht atmen. Meine Hand lege ich auf meine Brust und versuche mich zu beruhigen, aber die Panik zerfrisst mich. Schnell und leise verlasse ich die Küche und gehe mit Hausschuhen vor die Tür, um tief durchzuatmen. Ich brauche dringend frische Luft. Tief atme ich ein und aus. Meine Augenlider flattern zu, als die kalte Herbstluft auf meine Haut prallt.

„Bella, ist alles okay?" Die bekannte Stimme holt mich wieder ins hier und jetzt. Geschockt öffne ich meine Augen wieder und erkenne Karl vor mir, welcher mich mit einem besorgten Blick mustert.

„Ähm, ich... ich weiß nicht" Mein Kopf ist ein einziges Chaos. Ich weiß nichtmal, wo links und rechts ist. Ich weiß gerade gar nichts.

„Oh Gott, setz dich erstmal hin." Er greift nach meinem Handgelenk und zieht mich auf den Stuhl, welcher in unserem Vordergarten steht. Ich lege meine Hausschlüssel auf dem Gartentisch ab und meine Hände quetsche ich unter meine Oberschenkel. Karl hockt sich vor mir hin und mustert mein Gesicht. „Bella, was ist passiert?" Er hebt mein Kopf an und sorgt dafür, dass ich ihm in die Augen schaue. Seine blauen Augen treffen auf meine grünen.

„Ich habe mit meinem Vater telefoniert." Seine Augen weiten sich. Er weiß nicht, was mein Vater mir damals angetan hat, aber er weiß, dass mein Vater verschwunden war. Das meine Mutter nun diejenige ist, welche abgehauen ist, muss er auch nicht wissen.

„E-Er ist zurück?" Langsam nicke ich. Meine Augen werden langsam wässrig und dauraufhin nimmt er schnell meine Hände in seine.

„Vielleicht wäre es besser, wenn du heute bei uns übernachtest. Dieser ganze Stress tut dir nicht gut und wenn du dich andauernd mit Nathan streitest wird die Panik nur noch schlimmer." Er drückt meine Hände noch fester. Er weiß ja noch gar nicht, dass Nathan und ich uns vertragen haben. Genau in dem Moment, als ich ablehnen möchte, werde ich wütend unterbrochen.

Love my EnemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt