Kapitel 2: Leni und das Rudel

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„Das wird zunehmend zum Problem", stellt Viktor fest.

Er nimmt mir das Smartphone aus der Hand, legt es auf den Nachttisch und zieht mich dann fest in seine Arme. So schmiege ich meine Wange an seinen entblößten Oberkörper, wovon ich niemals genug bekommen kann. Das Gefährtenband ist bei viel Haut an Haut immer besonders zufrieden.

„Mein Rudel habe ich im Griff, die sind nicht das Problem", erwidere ich frustriert.

„Nenn mir den Feind und ich gehe dahin. Ich habe eine ganze Eliteeinheit mit Vampiren im Petto", bietet Viktor an.

Das meint er Ernst. Und das tut er seit circa zwei Jahren schon, weil ich vor circa zwei Jahren offiziell die Führung als Alpha des Nordküsten Rudels in Deutschland übernommen habe. Da gab es schon die ersten Proteste aus den Nachbarländern.

„Das hilft nicht. Sie wollen eine Machtdemonstration", sage ich dann.

„Nein", kommt es direkt aus Viktor heraus.

„Doch", betone ich dann.

„Ich lasse dich nicht ins Verderben rennen. Du brauchst einen größeren Trainingsfortschritt. Vorher wirst du das nicht tun, Gefährtin", stellt Viktor klar.

Das ist noch so eine Sache, die sich in den letzten zwei Jahren zwischen uns sehr verändert hat. Ja, ich bin jetzt der Alpha. Und ja, Viktor ist noch immer der Anführer der norddeutschen Vampire. Aber leider hat Viktor mit seiner Aussage ziemlich Recht, denn ich bin nicht gerade ein Naturtalent, wenn es um den Kampf geht.

Andere Fähigkeiten, wie die Fährtensuche oder die ganzen organisatorischen Sachen, liegen mir echt gut. Der freie Kampf dafür umso weniger. Und bei einer Machtdemonstration muss ich genau darin stark sein, denn Rudelkämpfe anzubieten, steigert zwar das Ansehen, aber dafür braucht es auch erfahrene Kämpfer.

Dorian und Enna können das problemlos machen, aber ich nicht. Ich kann mit meinen Fähigkeiten für den Kampf nicht glänzen. Und das Training bei Kilian, Fabrice und Dorian ist wirklich sehr hart. Keiner von den Dreien nimmt ein Blatt vor den Mund und ich werde nicht geschont. Nach Dorians Einheiten als Werwolf sehe ich immer besonders schlimm aus. Immerhin begrenzt sich das mittlerweile auf große blaue Flecke und nicht mehr auf offene Schnitt- und Schürfwunden.

„Fühl dich nicht schlecht, ich passe auf dich auf. Gesundheit und Sicherheit, das weißt du doch", flüstert Viktor mir nun ins Ohr.

Seufzend ergebe ich mich und lasse das Problem für diese Nacht erst einmal ruhen.

So vergehen auch noch weitere Nächte, ehe wir wieder in Deutschland sind und der normale Alltag losgeht.

Ich schaue am Frühstückstisch auf mein Smartphone. Das Datum, der 06.06.2029, lächelt mich zusammen mit dem Pärchenfoto von Viktor und mir aus den Flitterwochen an.

Dann bekomme ich von Enna eine WhatsApp Nachricht. Prinzipiell ist das nicht ungewöhnlich, weil Enna eine gute Freundin für mich geworden ist und wir gelegentlich zusammen nur unter Frauen was unternehmen.

Einkaufstour in der Europapassage, ein lustiger Abend beim Bowling, die neuesten Filme im Kino gucken, in der Nacht mal einen drauf machen, ... sowas eben.

Bei letzterem ist Viktor alles andere als entspannt, er lässt mir aber meinen Freiraum.

Demnächst will Klara auch vorbeikommen, dann lässt sie Theo mit Rouven daheim im Gästezimmer und wir drei Frauen machen die Stadt unsicher.

Bei Ennas Nachricht handelt es sich aber nicht um ein freudiges Thema:

Vierter Angriff. Rudelhaus. Jetzt!

Verbunden mit einem Vampir - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt