Verbunden mit einem Vampir - Band 2

Kapitel 15: Die Genesung von Leni

Von meinem ersten Tag der Wiedereingliederung trennt mich nur noch das Wochenende. Heute ist also Freitag, der 28.09.2029 und ich kann es kaum erwarten, endlich wieder sinnvoll tätig zu werden.

Eines muss ich aber anmerken: Sogar Viktor gibt mit gutem Gewissen sein „Ok" für den Start!

In den zwei Wochen der Krankschreibung habe ich wirklich viel die Füße hochgelegt, gelesen, mich ausgeruht, mich um nichts gekümmert und einfach die Seele baumeln lassen. Kilian hat mich vor dem Mittagessen auch immer zu Viktor in die Klinik gefahren, damit ich da täglich meine Ergotherapie bei ihm machen kann.

Ihn mal in so einem Therapiekontext zu erleben, ist eine ganz neue Erfahrung.

Heute habe ich aber noch andere Dinge zu tun, bevor es zu Viktor in die Therapie geht. Kilian hat leider einen Notfall reinbekommen, sein halbes Autohaus ist Opfer der Grippewelle geworden und er muss heute für die kranken Kollegen einspringen. Fabrice ist ebenfalls im Auftrag als rechte Hand der Führungsebene von Viktor unterwegs, weil Vampire einen Übergriff von Werwölfen melden.

Leider kommt das immer häufiger vor.

Es sind dann aber nicht die Vampire, die das schwankende Bündnis in Frage stellen, sondern die Werwölfe. Die behaupten nämlich, dass die nur übergriffig werden, weil Vampire in deren Territorium eindringen und sich weigern zu gehen. Dabei haben wir offiziell für alle ausgesprochen, dass es neben einem Werwolf und einem Vampir Territorium nun auch ein gemeinsames Territorium gibt.

Das alles ist echt nervtötend und genau deshalb mache ich mich auch gerade auf den Weg ins Rudelhaus.

Vor Ort ist aktuell Enna, die sich wegen ihrer Hand noch einige Wochen schonen soll. Viktor hat ihr ein Laufverbot ausgesprochen und bestellt sie regelmäßig zu Kontrollen und Handmobilisierungstrainings ein. Es tut ihr aber gut, sie kommt allmählich näher in unserem engen Kreise an. Dennoch gibt es Angelegenheiten, die ich nicht mehr ruhen lassen kann.

Es wird Zeit, dass der Alpha wieder gesund ist.

Ich würde sagen, zu 90 % bin ich das auch. Die anderen 10 % hat Viktor noch bestens im Blick und fordert mich jeden Tag heraus, damit ich wieder ganz die alte Leni werde. Verratet es keinem, aber diese komischen Träume mit dem Aufräumen in der Bibliothek helfen mir dabei, das habe ich aber keinem erzählt.

Mein Blick geht kurz über die Landschaft zu meiner Rechten, die ein weites Feld offenbart und den angrenzenden Mischwald in erste herbstliche Töne färbt. Langsam werden die Blätter gelblich und ich sehe auch schon den Ansatz von Braun- und Rottönen. Ich liebe die Optik des Herbstes, vor allem nach einem warmen Sommer.

Wenn die Saison der Kuscheldecken, warmen Tees und Bücher losgeht, fühle ich mich wohl.

Ich lenke meinen Jaguar dann auf das Grundstück meines Rudelhauses. Ich fahre noch immer nur diesen einen Wagen und lehne einen Zweit- oder Drittwagen ab. Viktor findet sich damit ab, Fabrice äußert sich zu dem Thema nicht. Er trauert auch immer noch seinem metallic grünen Lamborghini hinterher und hat bei Kilian schon einen neuen in Auftrag gegeben. Kilian allerdings nimmt es mir echt übel, dass ich mich nicht überreden lasse. Manchmal nimmt Kilian meinen Wagen, um damit zur Arbeit zu fahren und in der Werkstatt dann Kontrollen vorzunehmen. Ich habe aber den Eindruck, dass er das gerne macht, damit ich eines seiner anderen Fahrzeuge als Ersatz nehme.

Er lässt mir nämlich jedes Mal einen anderen Autoschlüssel da und fragt mich dann aus, wie es mir mit dem anderen Wagen gefallen hat. Heute aber nicht, heute habe ich mein Auto und meine Ruhe. Zumindest für noch kostbare kurze Minuten, weil ich nun aussteige und bis in das Büro meines Rudelhauses gehe.

„Wo ist denn Dorian?", hake ich nach und schließe die Tür hinter mir.

Enna sitzt konzentriert an einigen Briefen und vor der PC Ecke, die Kilian uns eingerichtet hat. Die Ecke ist sowas wie die kleine Schaltzentrale und ein Blick darauf verrät mir, dass Enna einige Punkte auf Google Maps abgleicht.