Während die Blätter sich bunt verfärben und es abends schneller dunkel wird, tue ich mein Bestes, um Louis aus dem Weg zu gehen. Schön für ihn, wenn er eine andere gefunden hat, aber er muss es mir nicht unter die Nase reiben. Irgendwann fängt Louis mich schließlich nach meiner Vorlesung ab, sodass ich mit ihm reden muss. Merde. Was für eine Scheiße.
„Ist alles in Ordnung?", fragt Louis stirnrunzelnd und ich höre ihm an, wie verletzt er klingt. „Hab ich was falsch gemacht? Du gehst mir seit einer Weile aus dem Weg und ich weiß nicht mal warum."
Ich atme tief ein. Er weiß nicht warum. Na toll. Jetzt muss ich mit ihm über die andere Frau reden, obwohl ich sie am liebsten aus meinem Gedächtnis löschen würde.
„Findest du es zu schwer, nur befreundet zu sein?", hakt Louis nach und lässt die Schultern hängen. „Das kann ich natürlich verstehen, aber ich finde es trotzdem schade. Eine gute Freundschaft ist doch die Basis für alles andere, oder nicht?"
Nun runzle ich die Stirn. Für alles andere? Er hat doch schon längst eine Neue? Diese Sache zwischen uns wird immer verwirrender und verwirrender. Egal. Ich rede jetzt einfach Klartext, wenn Louis Tomaten auf den Augen hat.
„Ich bin gern mit dir befreundet, aber dass du nach der Dschungel-Party so schnell eine Freundin gefunden hast, tut weh. Du hättest mich wenigstens vorwarnen können."
Nun weiten sich Louis Augen. „Oh."
Ohr? Mehr hat er mir nicht zu sagen. Na super.
„Ich hab keine Freundin. Seit der Party gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf, Julie, wie könnte ich da was mit einer anderen anfangen?"
Nun starre ich zurück. Lügt er? Denkt er, ich verkrafte die Wahrheit nicht? Wer war die hübsche Frau im Restaurant denn dann?
„Oh, hast du mich am Wochenende vielleicht zufällig mit meiner Cousine Estelle gesehen? Sie studiert in Toronto und wollte unbedingt mal wieder echtes Québecer Flair schnuppern." Louis Gesichtszüge entspannen sich und ich komme mir umso blöder vor. Seine Cousine. Natürlich. Und die Frau hätte auch einfach eine gute Freundin sein können, ich umarme meinen Kumpel Mattheo ja auch andauernd. Seit wann bin ich nur so eifersüchtig? Es muss daran liegen, dass ich mich immer mehr in Louis verliebe, obwohl ich ihn nicht haben kann.
„Deine Cousine, okay", antworte ich und versuche mein klopfendes Herz zu ignorieren. Uff. Louis hat keine Freundin. Nur leider ändert das trotzdem nichts an unserer Situation.
„Ich gehe dir also nicht mehr aus dem Kopf, ha?", füge ich hinzu, um die unangenehme Stille zwischen uns zu überbrücken.
Louis nickt. „Was glaubst du denn? Man küsst sich doch nicht so leidenschaftlich wie wir auf der Party und vergisst den anderen dann einfach. Ich kann mich nicht mehr auf meine Hausarbeiten konzentrieren und im Lacrosse-Team sitze ich inzwischen auf der Ersatzbank, weil ich im Training mit den Gedanken woanders bin. Du machst mich verrückt, ich bin fou amoreux nach dir, verrückt nach dir."
Mir wird warm ums Herz. Louis denkt an mich. So sehr, dass er die Uni und das Training vernachlässigt. Himmel, ich bin die glücklichste Austauschstudentin der ganzen Welt.
„Mir geht's genauso. Ich versuche, mich abzulenken, aber nichts hilft. Keine Bücher, keine Filme und auch nicht der Nachhilfeunterricht mit Xavier. Für mich bist du kein kurzer Auslandsflirt. Ich mag dich wirklich, Louis."
„Vielleicht..." Nun flackert etwas in Louis wunderschönen grauen Augen auf, das die Ameisen auf meinen Armen wieder loskrabbeln und die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder fliegen lässt. „Vielleicht ist es falsch, uns keine Chance zu geben. Wenn wir es probieren und scheitern, dann ist das eben so. Wäre es nicht viel schlimmer sich zu fragen, was hätte sein können, wenn wir es gar nicht erst versuchen?"
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Verliebt in einen Québécois
Roman d'amourBand 1 der "BOYS AROUND THE WORLD" Reihe: Julie freut sich wahnsinnig darauf, ihr Auslandssemester in Kanada zu verbringen. Nur blöd, dass ihre Uni sie statt ins hippe Vancouver ins schläfrige Québec schickt. Dort sprechen die Leute nicht nur Fran...