Zurück im Wohnheim verliere ich keine Zeit und klingle bei Soleil Sturm.
„Was ist dir denn passiert? Du bist ja so aufgedreht, als ob Céline Dion höchstpersönlich dir über den Weg gelaufen ist!", amüsiert Soleil sich, als sie schließlich die Tür öffnet.
„Nicht Céline Dion, aber ein Kerl", gestehe ich und schiebe mich in Soleils Zimmer. „Und er benimmt sich absolut unlogisch. Ich brauche deinen Rat als echte Einheimische."
Soleil pfeift durch die Zähne. „Als echte Einheimische? Das klingt ernst. Was hat der Typ denn verbrochen? Ist sein Akzent so schlimm, dass du ihn nicht verstehst?"
Ich lasse mich auf Soleils veilchenblaues Sofa plumpsen."Das nicht, aber er führt sich auf wie ein Bumerang. Erst lächelt er mich an und erklärt mir, wie sehr er hofft, mir in der Uni über den Weg zu laufen und dann schubst er mich zurück in die Friendzone und möchte seine Freunde mit auf die Party schleppen."
„Mmh." Soleil setzt sich neben mich und runzelt die Stirn, so als denke sie angestrengt nach. „Das klingt kompliziert. Bist du sicher, dass er kapiert hat, wie sehr du auf ihn stehst? Oder hast du genauso zweideutige Signale ausgesendet und spielst mit ihm Bumerang?"
Erst möchte ich empört den Kopf schütteln, doch dann denke ich nach. „Eventuell habe ich erwähnt, dass ich mit dir auf die Party gehe", gebe ich schließlich zu. „Mist, du hast recht. Ich hab ihn zuerst in die Freundesecke geschubst. Ich hatte bloß Angst, dass er sich überrumpelt vorkommt, wenn ich ihn direkt nach einem Date frage."
„Da hast du's." Soleil reckt triumphierend den Kopf in die Höhe. „Männer in Québec verhalten sich nicht wie der typische amerikanische Draufgänger, der nach fünf Minuten schon nach deiner Nummer fragt. Sie verstecken ihre Gefühle vor dir, bis sie Bestätigung bekommen. Und vielleicht ist dein Hottie sich noch nicht sicher, wie er für dich empfindet und wartet erstmal ab bevor er einen Korb riskiert."
Ich schüttle den Kopf. „Dann benehmen sich Männer in Québec wirklich so wie Franzosen. Abwarten, beobachten, bloß nichts riskieren. In Vancouver würde bestimmt die halbe Ice Hockey Mannschaft der Uni schamlos mit mir flirten."
Nun lacht Soleil. „Und nicht nur mit dir, sondern auch mit allen anderen Austauschstudentinnen. Die Typen in Québec sind vielleicht nicht so leicht zu kriegen, aber dafür hauen sie nicht so schnell ab, wenn man sie erstmal an der Angel hat. Wie heißt dieser mysteriöse Kerl eigentlich? Anscheinend hat er dich ziemlich beeindruckt."
Ich seufze. „Louis. Und du hast recht, er ist umwerfend. Die Frauen sind bestimmt alle hinter ihm her."
Nun hebt Soleil tadelnd den Zeigefinger. „Na na, wirf nicht gleich die Flinte ins Korn. Wir werden dich für die Party so sexy stylen, dass es diesem Louis die Sprache verschlägt. Außerdem sollten wir noch einen anderen Typen mitnehmen, denn nichts lockt einen Mann so sehr aus seinem Schneckenhaus wie die Konkurrenz.".
Nun muss ich lachen. „Das klingt, als weißt du genau, wie man einem Typen den Kopf verdreht. Meine Freundin Annika ist auch so. Sie schnipst einmal mit dem Finger und schon stehen die Männer Schlange."
„Schön wär's. Die meisten halten mich leider für durchgeknallt, und das nur, weil ich gerne stricke und mich mal an einem alten Ahornbaum im Hof der Fakultät festgebunden habe, als die Uni ihn fällen wollte. Québec Stadt und die meisten Leute hier sind ziemlich konservativ. Ich müsste nach Montréal, um einen Mann zu finden, der mich versteht."
Wow, Soleil wird immer interessanter, je besser man sie kennenlernt. Für eine Umweltaktivistin hätte ich sie auf den ersten Blick nicht gehalten. Apropros, Montréal. Da fällt mir was ein.
„Ich kenne einen coolen Studenten, mit dem ich Louis aus seinem Schneckenhaus locken kann. Er heißt Xavier und kommt sogar aus Montréal. Außerdem ist er bestimmt nicht konservativ."
„Super, dann wäre das geklärt!" Soleil strahlt übers ganze Gesicht. „Dann habe ich einen modernen Québécois, mit dem ich mich unterhalten kann, ohne einzuschlafen und du einen heißen Kumpel, der Louis eifersüchtig macht. Vorausgesetzt, dass er mit uns auf die Party möchte!"
„Das möchte er bestimmt!", erkläre ich zuversichtlich und beschließe, Xavier gleich morgen in der Vorlesung zu fragen. Sieht so aus, als wäre das Rätsel, wie Frankokanadier so ticken, nun ein Stück weit gelöst. Nach der Party dürfen sich die Leser meines Blogs auf jeden Fall über mein Insider Wissen zum Thema freuen. Wenn jemand gut darin ist, in sämtliche kulturelle Fettnäpfchen zu treten, dann nämlich ich.
Oh Canada, die Community Ecke
Seid ihr schon mal in kulturelle Fettnäpfchen getreten?
Ist es eine gute Idee, Louis auf der Party mit Xavier eifersüchtig zu machen? Klappt das oder geht der Plan nach hinten los?
*Wenn euch das Kapitel gefallen hat, votet und kommentiert es gerne*
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Verliebt in einen Québécois
DragosteBand 1 der "BOYS AROUND THE WORLD" Reihe: Julie freut sich wahnsinnig darauf, ihr Auslandssemester in Kanada zu verbringen. Nur blöd, dass ihre Uni sie statt ins hippe Vancouver ins schläfrige Québec schickt. Dort sprechen die Leute nicht nur Fran...