11 Würde

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Wie das letzte Mal liess Robin Hood mich am Krötenweiher warten.
«Du hast mich vermisst.» Die Selbstgefälligkeit in seiner Stimme liess mich mein Vorhaben auf der Stelle bereuen.
Stolz hob ich das Kinn in die Höhe. «Ich bringe dir Gold.»
«Hm», machte er und verschränkte die Arme vor der breiten Brust. «Wie edelmütig.»

Ohne auf seinen bissigen Kommentar zu achten, streckte ich ihm den Geldbeutel entgegen. Robin griff danach, wobei seine warmen Finger flüchtig über meine Hände streiften.
«Den Schmuck», sagte er, beinahe gelangweilt. «Den will ich auch haben.»
«Natürlich», erwiderte ich in sarkastischem Tonfall, woraufhin er mich wie eine Beute fixierte und seinen Körper aufrichtete.

Ich reichte ihm meinen Schmuck, dann zog ich die perlenbesetzte Spange heraus und schüttelte leicht meinen Kopf, sodass meine Haare schwungvoll auf meinen Rücken nieder fielen.
Zu meiner Genugtuung konnte ich erkennen, wie sich seine Haltung kaum merklich versteifte.
«Das Kleid auch?», fragte ich in die Stille.
Robin nickte langsam. «Ja, bitte, Lady Lionsheart.»
Mit zitternden Fingern löste ich die Knöpfe. Ich liess mir Zeit und warf ihm einen flüchtigen Blick zu.

Der Dieb stand wie eine Statue auf der Waldlichtung, die Arme fest vor der Brust verschränkt und sah zu, wie ich langsam mein Kleid öffnete.
Innerlich verfluchte ich mich dafür, überhaupt hier zu sein.
Ich fühlte mich fehl am Platz, inmitten der dunklen Bäume und doch hatte ich mich beschämend fest darauf gefreut. Ich liess mein Kleid zu Boden fallen und hob mit zusammen gebissenen Zähnen den Kopf.
«Vielen Dank, Lady Lionsheart» sagte Robin Hood, er griff an mir vorbei nach den Zügeln meines Pferdes.
Seine Hand streifte dabei meinen Arm, die Berührung liess mich erschaudern.

«Bis zum nächsten Mal.» Er zog das Pferd zu sich heran und bückte sich nach meinem Kleid.
Bevor ich die Enttäuschung unterdrücken konnte, breitete sie sich bitter in meinen Adern aus.
«Du wirst mich heute also nicht küssen», stellte ich fest und bereute sogleich meine Worte.
Robin Hood hielt inne, er richtete sich langsam wieder auf, wobei die Kapuze etwas zur Seite rutschte und ich einen kurzen Blick auf sein Gesicht erhaschen konnte. Für einen Sekundenbruchteil wirkte er verwirrt, dann blitzten seine Zähne auf, als er grinste.

«Bist du deshalb hergekommen?» Der spöttische Unterton in seiner Stimme erzeugte ein flaues Gefühl der Wut in meinem Magen.
Doch es war die Wut auf mich selbst, die meine Wangen glühend heiss werden liess.
«Natürlich nicht!», zischte ich erzürnt. «Wie kannst du es wagen, so etwas zu behaupten!»
Schwungvoll wirbelte ich herum, doch Robin griff nach meinem Handgelenk und hielt mich mit festem Griff zurück.

«Du bist eine Lady», brachte er rau hervor. «Du solltest nicht lügen.»
Er trat näher, mit einer fliessenden Bewegung führte er meine Hand nach hinten und legte sie auf seinen Rücken. Unfähig mich zu rühren, starrte ich hoch in sein schemenhaftes Gesicht.
«Ich denke, für deine Grosszügigkeit hast du dir eine kleine Gegenleistung verdient», bemerkte er spöttisch. «Ich frage mich nur, wo deine Würde geblieben ist, Lady Marian.»

Seine Worte schürten die Wut, ich wollte meine Hand wegziehen, doch da schlossen sich seine Arme um meine Taille und er hielt mich fest.
Während er mich an seine warme Brust zog, musste ich mir eingestehen, dass ich meine Würde bereits im Schloss verloren hatte, als ich beschlossen hatte nochmals zu ihm zu gehen.
Mühelos hob er mich hoch, trug mich ein paar Schritte und presste mich gegen einen Baumstamm.
Die Rinde schabte rau über meinen Rücken, Robin Hoods Gewicht schnürte mir für eine Sekunde die Luft ab.

Er griff mit einer Hand in mein Haar und zog sanft meinen Kopf zur Seite. Sein Atem strich heiss über meinen Nacken und erzeugte ein Ziehen in meinem Bauch.
Ich konnte seine Lippen auf meinem Hals spüren, meine Lider schlossen sich.
«Ich wäre unehrlich, wenn ich behaupten würde, nicht auch darauf gewartet zu haben», flüsterte er. «Doch ich hätte nicht gedacht, dass du mich darum bittest.»
Seine Lippen strichen über meine Haut, während er sprach.
Eigentlich wollte ich ihm widersprechen, doch kein Ton verliess meine Kehle.

Marian und ein Dieb namens RobinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt