15 Die Irrwege des Herzens

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Damals, Patrick

Ein Klopfen an der Tür liess mich aufhorchen.
Ich legte die blutigen Verbände zur Seite und eilte durch die Küche hinüber zum Eingang. Little John und Marian standen auf der Türschwelle, ihre Mienen ernst.
«Ist es wahr?», flüsterte Marian mit geweiteten Augen.
Eine perlenbesetzte Brosche hielt ihre Haare an der Schläfe aus dem blassen Gesicht.

Ich nickte, woraufhin Little John entsetzt nach Luft japste.
«Kommt rein.» Ich trat einen Schritt zur Seite und meine Freunde folgten meiner Aufforderung.
Ein leises Zischen erklang und ich sprang fluchend auf den Kochherd zu. «Mist!»
Hastig zog ich die Pfanne vom Herd. Der Geruch nach verbrannter Suppe stieg in meine Nase.

«Wo ist er?», fragte Little John und sah sich mit gerunzelter Stirn um.
«Er liegt oben, im Bett», antwortete ich. «Man kann den Knochen sehen.»
«Echt?» Little Johns Gesicht verlor augenblicklich an Farbe, sodass die Sommersprossen auf seiner Nase dunkler wirkten als sonst.
Ich warf ihm einen prüfenden Blick zu, während ich Suppe aus der Pfanne in eine Schale schöpfte. «Wenn du kotzen musst, gehst du bitte raus, ja?»

Mein Freund schüttelte leicht den Kopf und verkniff angestrengt den Mund.
Marian stand unschlüssig im Raum, sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt.
Ich trat an ihre Seite, sodass sie zu mir aufschauen musste. Ihre Augen schimmerten in hellem Blau, nur um die Pupillen herum konnte ich grüne Sprenkel entdecken.
«Marian, kannst du einen Tee aufsetzen?» Als sie mich weiterhin stumm ansah, hob ich die Brauen in die Höhe.

«Ich... ich weiss nicht wie man Tee macht», gab sie zu. «Das machen bei uns immer die Bediensteten.»
Eine leichte Röte kroch auf ihre Wangen.
Little John schnaubte durch die Nase und verzog feixend sein Gesicht. «Du kannst keinen Tee kochen?»
«Das macht nichts», sagte ich rasch. «Little John, wie wäre es, wenn du unserer Lady hier zeigst, wie man Tee macht? Anstelle herumzustehen wie eine hirnlose Erbse?»
Ich rollte mit den Augen und steuerte auf die Treppe zu.

«Wie ist es eigentlich passiert?», raunte Little John, während er eine Pfanne aus dem Schrank kramte und sie Marian in die Finger drückte.
Auf der untersten Treppenstufe blieb ich stehen. «Er hat einen Tritt abbekommen. Mit den frisch montierten Hufeisen.»
«Aber nicht von einem unserer Pferde?», hakte Marian entsetzt nach.
Ich schüttelte den Kopf. «Von dem verrückten Vieh des Milchmannes.»

«Ha!», rief Little John aus. «Ich sage schon lange, dass man dieses Monstrum verwursten sollte!»
Marian musterte mich aufmerksam. «Warst du dabei?»
Ich wich ihrem Blick aus und setzte mich in Bewegung. «Ja.»
Ich konnte meine Freunde unten in der Küche hantieren hören, als ich die obere Etage erreichte.

Tante Elsbeths Gestalt beugte sich über das Bett am anderen Ende des Raumes.
«Wir können dir Geld für den Arzt leihen, Thomas», hörte ich sie raunen. «Du bist mein Bruder, jetzt stell dich nicht so an.»
«Das kann ich niemals zurückzahlen», wisperte mein Vater. «Ich werde die nächsten Monate nicht arbeiten können.»
«Ach, das wird schon.» Tante Elsbeth tätschelte die kräftige Schulter meines Vaters.

«Papa?» Ich räusperte mich, straffte die Schultern und trat an sein Bett.
Ein dicker Verband schlang sich um sein Bein, der Geruch nach Desinfektionsmittel lag in der Luft. «Ich habe dir Suppe gekocht.»
Mit einem Klirren stellte ich die Schüssel auf den Nachttisch.
«Ich komme dann Morgen früh wieder vorbei», meinte Tante Elsbeth, sie zwang sich zu einem Lächeln, bevor sie den Raum verliess.

Mein Vater sah zu mir auf, sein Gesicht war so blass wie frischer Schnee.
Besorgt runzelte ich die Stirn. «Hast du die Medikamente genommen, die der Arzt dir gegeben hat?»
«Ja, natürlich», antwortete mein Vater, kalter Schweiss glänzte auf seiner Haut.
«Gut.» Ich nickte, während ich krampfhaft versuchte den dicken Verband zu ignorieren.

Marian und ein Dieb namens RobinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt