17 Böse Diebe

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Ich zerrte einen weiteren Ast auf die Strasse, danach wischte ich mit dem Ärmel über meine verschwitzte Stirn.
Zufrieden betrachtete ich die Barrikade aus totem Holz, die sich über die ganze Strasse erstreckte.
Die nächste Kutsche, die hier entlang rollte, würde anhalten müssen und somit für die Merry Men bereit stehen.

Obwohl ich heute noch keine Diebe erspähen konnte, wurde ich das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.
Manchmal knackste es laut im Gebüsch, die Schatten des Waldes bewegten sich etwas zu schnell oder ich fand frische Hufabdrücke im lehmigen Boden.

Ich legte die Hände ins Kreuz und drückte den Rücken durch.
Mit einem letzten Blick auf mein Werk verliess ich die Strasse.
Während ich meinen Weg durch ein besonders anhängliches Stück Dornenranken bahnte, tauchte die Gestalt auf einmal zwischen den Bäumen auf.
Unverwandt sah sie zu mir herüber und ich blieb stehen.
Sein Mantel war nicht grün, sondern schwarz.

«Robin?», fragte ich verunsichert.
Ohne zu antworten setzte sich die Gestalt in Bewegung, ich wich unwillkürlich zurück.
Ein Rascheln in meinem Rücken liess mich herumwirbeln.
Drei weitere Gestalten lösten sich aus den Schatten der Bäume, langsam kamen sie auf mich zu.
«Ich gehöre zu Robin Hood!», sagte ich hastig und hob abwehrend die Hände.
Die vier Männer kreisten mich ein, ihre Gesichter waren nicht durch Tücher verhüllt. Ein flaues Gefühl schlich sich in meine Magengrube.

Der Mann im schwarzen Kapuzenmantel verzog seine Lippen zu einem Grinsen, wobei er einen Goldzahn entblösste.
«Was sucht eine Frau allein im Sherwood Forest?» Er legte den Kopf schief und musterte mich ausführlich von Kopf bis Fuss.
Instinktiv verschränkte ich die Arme vor der Brust.
«Ich helfe den Merry Men.» Ich gab mir alle Mühe, meine Stimme kräftig klingen zu lassen.
«Wir hätten auch so einiges, bei dem du uns helfen könntest, nicht wahr Jungs?», sagte er, immer noch dieses Grinsen im Gesicht.

Die anderen Männer lachten.
«Ich ehm... ich hatte gerade vor zu Gehen», sagte ich hastig.
Ich versuchte mich an den Männern vorbei zu zwängen, doch sie versperrten meinen Durchgang.
«Ach, komm schon.» Der Mann mit dem Goldzahn kam näher, langsam, drohend. «Wenn du den Merry Men hilfst, kannst du auch uns helfen.»
Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich schüttelte heftig den Kopf. «Nein.»
«Jetzt stell dich nicht so an!», fuhr mich einer der Männer an.

Ich wich einen Schritt zurück, doch der Mann im schwarzen Kapuzenmantel packte blitzschnell mein Handgelenk.
«Lass mich los!», schrie ich panisch. «Ich habe nein gesagt!»
«Och, sie hat nein gesagt», höhnte er, woraufhin die anderen gehässig lachten. «Jetzt lass dich doch mal ansehen.»
Er zerrte die Kapuze von meinem Kopf, sodass der rote Zopf über meine Schulter nach vorne fiel.
Einer der Männer pfiff laut durch die Zähne.

«Lass mich!» Heftig wehrte ich mich gegen den Griff um mein Handgelenk.
Ein zweiter Mann trat auf mich zu, er packte mit beiden Händen meinen Mantelkragen und riss so fest daran, dass der oberste Knopf absprang. Geräuschlos fiel dieser auf den weichen Waldboden, dafür schrie ich wie am Spiess.
Ein Schwarm Vögel flatterte verschreckt aus den Baumkronen über unseren Köpfen.

«Wir wollen doch nur ein bisschen Spielen», gurrte der Mann mit dem Goldzahn.
Derjenige, der meinen Mantel zerrissen hatte, presste eine Hand auf meinen Mund. Die andere Hand legte er auf mein Dekolleté.
Panik stieg in mir auf, siedend heiss durchströmte sie meinen Körper.
So fest ich konnte biss ich in seine Handfläche. Seine Finger zuckten zurück, er holte weit aus und verpasste mir eine Ohrfeige.

Schmerz explodierte auf meiner rechten Gesichtshälfte.
Für eine Sekunde verschwamm meine Sicht und mein Körper geriet ins Wanken. Die Männer lachten.
Doch da drang auf einmal ein weiteres Geräusch an meine Ohren.
Ein leises Surren liess die Luft vibrieren.
Ein Pfeil bohrte sich in einen Baumstamm, dicht gefolgt von einem zweiten Pfeil, der den ersten spaltete.
Die Männer zuckten überrascht zusammen und drehten sich in die Richtung, aus der die Pfeile gekommen waren.

Marian und ein Dieb namens RobinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt