sechzehn

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POV Narin

Kidd steht am Ende der Straße, genau dort, wo er gesagt hat, dass er sein würde. Sein Gesicht ist angespannt, seine Augen wirken müde, fast genauso wie ich mich fühle. Als er mich sieht, tritt er ein paar Schritte auf mich zu, bleibt aber auf Abstand, als wolle er mir Raum geben.

„Narin", sagt er leise. „Ich weiß, das ist alles viel, und es tut mir leid, dass du da mit hineingezogen wurdest. Aber du musst verstehen, dass ich dir alles erzählt habe, um dich zu schützen."

Ich verschränke die Arme vor meiner Brust, mein Blick kalt. „Schützen? Wie kann das Schutz sein, wenn alles, was ich über meinen eigenen Bruder wusste, eine Lüge war?"

Kidd runzelt die Stirn. „Es ist komplizierter, als du denkst. Burak wollte dich nie in Gefahr bringen. Er hat sich auf diese Leute eingelassen, um dich aus allem rauszuhalten. Aber er hat die Kontrolle verloren. Diese Leute... sie haben ihn in der Hand."

„Und du?" Ich sehe ihm direkt in die Augen. „Hast du auch die Kontrolle verloren? Oder warst du die ganze Zeit nur Teil dieses kranken Spiels?"

Er senkt den Blick, und für einen Moment ist es, als würde eine Last auf seinen Schultern noch schwerer werden. „Ich war nie Teil des Spiels, Narin. Zumindest nicht freiwillig. Sie haben mir keine Wahl gelassen. Aber ich habe eine Entscheidung getroffen." Er sieht mich wieder an, und in seinen Augen liegt eine Entschlossenheit, die ich vorher nicht gesehen habe. „Ich werde mich gegen sie stellen. Und Burak auch. Aber dafür brauche ich deine Hilfe."

„Meine Hilfe?" Ich lache trocken. „Und was soll ich tun? Ich bin keine Kämpferin, Kidd. Ich bin nur... ich weiß nicht mal mehr, was ich bin."

„Du bist stark, Narin", sagt er leise. „Stärker, als du denkst. Und das wissen sie auch. Deshalb haben sie Burak so eng an sich gebunden. Sie wissen, dass du ihn beeinflussen kannst, dass du ihn zum Umdenken bringen kannst. Burak ist dein Bruder, und trotz allem, was er getan hat, liebt er dich. Das ist unsere größte Chance."

Ich beiße mir auf die Lippe, während die Worte durch meinen Kopf wirbeln. Es macht Sinn, auf eine Art, aber es ist so schwer, das alles zu akzeptieren. Dass mein Bruder in Gefahr ist. Dass Kidd in Gefahr ist. Und dass ich irgendwie Teil dieses ganzen Irrsinns geworden bin.

„Und was, wenn wir scheitern?" frage ich schließlich. „Was, wenn sie uns alle zerstören?"

Kidd sieht mich mit einem ernsten Blick an. „Dann werde ich alles tun, um sicherzustellen, dass sie dich nicht erwischen. Egal, was es kostet."

Ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Da ist dieser Moment, in dem ich begreife, dass Kidd das ernst meint – dass er wirklich bereit ist, sich gegen diese unsichtbaren Mächte zu stellen, die uns alle kontrollieren. Aber was bedeutet das für mich?

Bevor ich eine Antwort finden kann, höre ich hinter mir plötzlich Schritte. Mein Körper spannt sich an, und ich drehe mich ruckartig um. Da steht Burak, sein Gesicht eine Mischung aus Wut und Verzweiflung.

„Was zur Hölle geht hier vor?" Seine Stimme ist scharf, sein Blick bohrt sich in Kidd.

„Burak..." beginne ich, aber er hebt die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen.

„Ich habe dir gesagt, dass du dich von ihm fernhalten sollst, Narin. Er zieht dich in etwas hinein, das du nicht verstehst."

„Ich verstehe mehr, als du denkst", werfe ich zurück, meine Stimme lauter, als ich wollte. „Du hast mich angelogen, Burak. Du hast mir nie gesagt, was wirklich los ist. Und jetzt soll ich dir glauben?"

Burak sieht mich einen Moment lang an, bevor er den Blick wieder auf Kidd richtet. „Ich weiß, dass du denkst, du würdest ihr helfen, aber du bringst sie nur in Gefahr."

„Ich bringe sie in Gefahr?" Kidd tritt einen Schritt näher, seine Stimme behält jedoch einen ruhigen Ton. „Du bist derjenige, der seit Jahren mit diesen Leuten zusammenarbeitet. Du hast sie belogen, nicht ich."

„Ich habe das alles für sie getan!" brüllt Burak, und für einen Moment sehe ich, wie verzweifelt er wirklich ist. „Du verstehst es nicht, Kidd. Du weißt nicht, was sie tun können. Was sie mit uns allen machen können."

„Was auch immer sie dir angetan haben", sagt Kidd, „es gibt einen Weg, das zu beenden. Aber nur, wenn wir zusammenarbeiten. Narin wird nicht sicher sein, solange du ihre Lügen weiterdeckst."

Ich stehe zwischen den beiden, mein Herz rast, und ich weiß nicht, auf welcher Seite ich stehen soll. Burak ist mein Bruder, und so sehr ich auch wütend auf ihn bin, ich weiß, dass er das alles getan hat, weil er mich liebt. Aber Kidd... er hat mich nicht belogen. Er hat mir die Wahrheit gesagt, auch wenn sie grausam war.

„Narin", sagt Burak plötzlich, seine Stimme weicher. „Bitte. Vertrau mir. Ich weiß, dass du verwirrt bist, aber du musst mir glauben. Ich werde dich beschützen. Ich habe dich immer beschützt."

Aber seine Worte klingen hohl in meinen Ohren. Wie kann ich ihm vertrauen, wenn er mich die ganze Zeit im Dunkeln gelassen hat?

„Es gibt keinen anderen Weg", sagt Kidd. „Wir müssen diese Leute zur Strecke bringen. Und das können wir nur, wenn du die Wahrheit erfährst, Narin. Alles."

In mir tobt ein Sturm. Burak, Kidd, diese unbekannten Kräfte, die uns alle in ihrem Griff haben... Ich weiß nicht, was ich tun soll. Aber eines ist klar: Nichts wird mehr so sein, wie es einmal war.

Paranoia - 𝐊𝐈𝐃𝐃 𝐊𝐀𝐖𝐀𝐊𝐈Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt