Kapitel 10

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Dezember, 1996

Hermine schob ihre Eier auf dem Teller hin und her, während Harry ihr von dem Gespräch erzählte, das er zwischen Snape und Malfoy nach der Party mit angehört hatte. Hermine hörte jedoch nur halb zu und hatte Mühe, ihre Augen offen zu halten.

Weder Harry noch Hermine hatten gut schlafen können, aus ganz unterschiedlichen Gründen, und als sie sich zu einer unchristlichen Stunde im Gemeinschaftsraum begegnet waren, hatte Harry darauf bestanden, dass sie zum Frühstück hinuntergingen, weil er ihr etwas sagen musste, ohne dass die Gefahr bestand, dass jemand im Gryffindorturm mithörte.

Es war noch früh, und der größte Teil des Schlosses schlief noch tief und fest - viele waren noch verkatert von der Party am Vorabend. Nur wenige Schüler saßen an den Tischen in der großen Halle, und selbst der Lehrertisch war nur zur Hälfte mit Professoren besetzt.

Zum Leidwesen von Hermine war einer dieser Professoren Snape, der gerade mit starrem Blick auf seinen Teller mit Würstchen und gebackenen Bohnen starrte. Sie konnte sich nicht davon abhalten, alle paar Minuten einen Blick auf ihn zu werfen, und sie hoffte inständig, dass er es nicht bemerken würde.

Sie fühlte sich durch ihr Verhalten vom Vorabend zutiefst beschämt und hatte beschlossen, den ganzen Vorfall auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit unter Alkoholeinfluss zurückzuführen.
Sie war bereits nach knapp über einer Woche wieder im Raum der Wünsche aufgetaucht obwohl sie Severus diesen elend langen Brief geschrieben hatte um sich so auf unbestimmte Zeit zu verabschieden. Jetzt war das einfach nur noch lächerlich. Aber ihr alkoholvernebeltes Gehirn hatte sie ihre Bedenken verdrängen lassen und war dem Bedürfnis Severus wieder zu sehen einfach gefolgt. So sehr es sie auch schmerzte, musste sie zuzugeben, dass sie die Gesellschaft Snapes jüngeren Ichs sehr genoss. Man konnte also schon verstehen, das sie im betrunkenen Zustand kurzzeitig ihr Urteilsvermögen verloren hatte. Dennoch hatte das dazu geführt das sie nun nicht wusste, wie sie seinem älteren Ich jemals wieder in die Augen sehen sollte.

Aber damit war der Abend noch nicht zu Ende. Sie war fast in Ohnmacht gefallen, als Professor Snape, die Fledermaus der Kerker höchstpersönlich sie erwischt hatte. Es war demütigend, und sie spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte, wenn sie nur daran dachte. Und dann hatte er ihr tatsächlich Frohe Weihnachten gewünscht und auch noch ein Geschenk in ihre Hände geschoben. Dieses lag noch ungeöffnet unter ihrem Bett und sie hatte das Gefühl gehabt seine brennende Präsenz die ganze Nacht gespürt zu haben.

„Hermine, hörst du mir zu?"

„Entschuldige, wie bitte?", antwortete sie und sah von ihren Eiern auf.

„Hörst du mir zu?", wiederholte Harry.

Sie schüttelte verlegen den Kopf, "Tut mir leid, ich war in Gedanken versunken. Was hast du gesagt?"

„Ich sagte, dass Snape gestern Abend jemanden den Lord genannt hat, Hermine. Wen könnte das außer Voldemort noch meinen?"

„Ich weiß nicht, vielleicht Lucius Malfoy?", antwortete sie und nippte langsam an dem Kaffee, der vor ihr stand. Ihre Nase rümpfte sich leicht bei dem Geschmack, die Hauselfen brühten ihn immer zu stark.

„Soweit ich weiß, sind die Malfoys stinkreich, aber sie sind keine Lords."

„Ich weiß nicht, Harry", sagte sie und fuhr sich mit der Hand durch die Locken, die im Moment wie ein besonders großes Nilpferdnest aussahen, "aber was du da vorschlägst, ist absolut lächerlich. Warum sollte Du-weißt-schon-wer einen Sechzehnjährigen mit so einer wichtigen Aufgabe betrauen?"

„Er ist in Hogwarts. Das gibt ihm doch sicher Zugang, den andere Todesser nicht haben. Was ist, wenn es eine Aufgabe ist, die nur Malfoy erledigen kann?"

The Paradox of UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt