Kapitel 11

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Dezember, 1997

Severus nahm einen langen Schluck von seinem Bier, bevor er es wieder auf den leicht klebrigen Tisch stellte. Der Pub war wirklich schmutzig, der Boden klebrig von jahrelang verschüttetem Butterbier, Wein und wer weiß, was noch alles. Aber was konnte er schon von einem Pub erwarten, der sich 'Tropfender Kessel' nannte. Wenigstens hatte er sich dem sinnlosen Versuch, Sechstklässlern einen Tag vor Ferienbeginn etwas beizubringen, entledigen können.

"Severus. Es ist schön, dich zu sehen."

Er blickte von seinem Bier auf.

Narcissa Malfoy sah nicht gut aus. Als sie sich ihm gegenübersetzte, betrachtete Severus die markanten Falten auf ihrer Stirn, die Blässe ihrer Haut, der leicht fettige Ansatz ihrer Haare. Selbst ihr hochwertiges Kleid und ihre Baumwollroben konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie bis zum zerreißen angespannt war.

"Setz dich doch", sagte Severus, nahm einen großen Schluck Bier und stieß ein gemurmeltes "Muffliato" aus.

"Ich...", sie schluckte, "Wie geht es Draco?"

"Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, schien es ihm gut zu gehen."

Draco schien vieles zu sein, aber gesund gehörte nicht dazu. Seine Haut war noch fahler als die von Narcissa und pflaumenfarbene Tränensäcke waren ein ständiges Merkmal unter seinen Augen. Aber was konnte man schon von jemandem erwarten, der einen Mord an Albus Dumbledore plante? Von einem Sohn, der sich für das Leben seiner Eltern verantwortlich fühlte?

"Ich kann dir nicht genug danken, Severus, dass du..."

"Spar dir das, Narcissa. Warum bin ich hier?" Er stellte sein Glas wieder auf den Tisch, vielleicht mit mehr Nachdruck als nötig, "Ich bezweifle, dass es um einen Austausch von Höflichkeiten geht."

"Bellatrix ist schwanger."

Sie begegnete seinen Augen mit einem kalten, grauen Blick, und Severus hatte keinen Zweifel daran, dass sie die Wahrheit sagte.

Er schwieg einen Moment lang: "Ich glaube, ich brauche noch eins. Möchtest du etwas, Narcissa?"

"Feuerwhisky", sagte sie mit einer Entschlossenheit, mit der er nicht gerechnet hatte.

Severus ging zur Bar und legte eine Sickel auf den biergetränkten Tresen. Der Barmann sah jung genug aus, um noch in Hogwarts zu sein, und das Bier, das er Severus hinstellte, war halb schaumig. Severus gab kein Trinkgeld.

Als er endlich zurückkam, nahm Narcissa einen geübten Schluck von ihrem Feuerwhisky.

"Ich nehme an, das Kind ist nicht von Rodolphus?"

Narcissa schnaubte, "Auf keinen Fall. Ich glaube, sie hatten seit den 80er Jahren keinen Sex mehr."

Der Dunkle Lord wurde also Vater, irgendwie fiel es Severus schwer, sich vorzustellen, dass er einen Kinderwagen schieben und Windeln wechseln würde.

"Und du beorderst mich aus meinem Unterricht um mir das zu erzählen, weil?"

"Weil ich dachte, dass du dich freiwillig als Babysitter melden würdest", sagte Narcissa völlig unbeteiligt, und er rollte mit den Augen, "Weil ich deinen Rat hören muss, Severus."

"Die Situation scheint dich nicht wirklich zu interessieren, Narcissa", warnte er.

"Das tut es, wenn der Dunkle Lord versucht, mir das gleiche anzutun", ihre grauen Augen sahen trotz des warmen Lichts in der Kneipe kalt aus.

Severus Mund formte eine harte Linie, "Hat er denn?"

"Noch nicht", sie nahm einen weiteren Schluck Feuerwhisky, "aber ich kann ihn nicht ewig abweisen, nicht mit Lucius in Askaban und Draco... nun, du weißt schon. Das Leben unserer ganzen Familie liegt in seinen Händen, ich kann es nicht riskieren, ihn zu verärgern."

The Paradox of UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt