Ein neues Leben

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Der Direktor betrat das Haus wie angekündigt um Punkt 20 Uhr. Ich erwartete ihn im Flur – in meiner neuen Uniform.

Nur wenige Stunden zuvor hatte ich mich entschieden, die Zusatzvereinbarung meines Ausbildunsgvertrages zu unterschreiben und zu bleiben. Die Vorstellung daran, an diesem Tag all meine Sachen packen zu müssen und zurück nach Hause zu fahren, bereitete mir die allergrößten Bauchschmerzen. Ich wollte alles tun, nur das nicht.

Also entschied ich mich für das aus meiner Sicht kleinere Übel: meine Ausbildung weiter durchziehen, egal wie. Zwar konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass es normal war, was hier passierte. Aber wer oder was ist schon normal? Und außerdem: draußen würde ja niemand erfahren, wie ich hier rumlaufe oder welche Dinge ich vielleicht tun müsste, die ein wenig creepy waren.

Der Direktor quittierte mein Dasein mit einem Lächeln und drückte mir gleich seine Jacke in die Hand. Ich durfte sie für ihn auf den Haken hängen. Dann ging er wie jeden Abend, wenn er zu Hause war, ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein, um Nachrichten zu schauen.

"Bring mir ein Bier, Paula!", hörte ich ihn kurze Zeit später rufen.

Ich erfüllte meinen ersten richtigen Auftrag und ging dann zurück an meine Hausarbeit. Der Putzplan der Zusatzvereinbarung war lang und ich musste mich ranhalten, alles zu schaffen.

Erst spät am Abend durfte ich ins Bett gehen.

In den nächsten Wochen war ich sehr einsam.

Swenja war scheinbar noch immer sauer auf mich. Sie strich unsere Kaffeedates und wies mich an, sie ab sofort wieder zu Siezen. Von da an gab es für mich nur noch Frau Evers. Und Frau Evers war viel strenger als Swenja. Ich musste nun auch im Hotel viel mehr putzen, als vorher. Ich bekam weniger Pausen und hatte auch sonst nicht viel bei ihr zu lachen.

Ich konnte nicht verstehen, warum sie so nachtragend war. Schließlich lag es ja nicht mal daran, dass ich nicht wollte. Ich hatte einfach Angst. Aber jedes Mal, wenn ich versuchte, sie darauf anzusprechen, blockte sie ab. Es fühlte sich an, als wäre alles nie passiert.

Immer, wenn ich Marie mal zufällig an der Rezeption traf, schaute sie verschämt zu Boden oder tat so, als wäre sie gerade schwer beschäftig. Kein Lächeln, kein witziger Spruch, nicht einmal ein freundlicher Blick in meine Richtung. Marie war die ganze Situation offenbar immer noch so peinlich, dass sie jeden Kontakt mit mir verweigerte.

Ganz anders verhielt es sich mit Anastasija. Wenn wir uns über den Weg liefen, begrüßte sie mich mit den Worten „Hallo, mein kleines Schleckermäulchen" oder „Da ist ja mein kleines Schleckermäulchen". Egal, ob wir alleine waren oder andere Personen um uns herum. Ich hatte das Gefühl, dass sie es sogar extra laut sagte, wenn Kollegen in der Nähe waren.

Wenn sich eine gute Gelegenheit für sie bot, haute sie mir außerdem gerne mit der flachen Hand hart auf den Po oder kniff mit viel Kraft hinein. Ich quickte jedes Mal, wie ein abgestochenes Schweinchen, weil ich mich so erschreckte. Anastasija lachte sich dann immer halb kaputt.

Ich hasste es, wenn sie das tat und wollte ihr am liebsten jedes Mal eine reinhauen. Und gleichzeitig schämte ich mich dafür, dass ich nicht die Courage hatte, mich gegen sie zu wehren.

Im Haus des Direktors gab es auch jede Menge zu tun, so dass ich sehr wenig Freizeit hatte. Zumindest war ich dort meistens allein. Außer, wenn Swenja hin und wieder herüber kam, um mir etwas zu zeigen oder zu erklären. Der Direktor hatte sie angewiesen, mir alles beizubringen, was ich wissen musste, um das Haus auf Hochglanz zu bringen.

Als sie mich das erste Mal in meiner neuen Uniform sah, schien sie nicht sehr überrascht gewesen zu sein. Sie verlor kein Wort darüber. Dennoch musterte sie mich von oben bis unten, was mir sehr unangenehm war. Wie so vieles in diesen Tagen.


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⏰ Letzte Aktualisierung: 6 days ago ⏰

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Paula - Sklavin in AusbildungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt