Herr Laudin

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Als Auszubildende durchläuft man so gut wie alle Abteilungen in einem Hotel. Meine erste Abteilung war der Frühstücksservice im Restaurant. Es war sehr anstrengend. Früh aufstehen, den ganzen Tag dreckiges Geschirr und Essen herumtragen und dabei noch zu allen freundlich sein. Es war furchtbar und ich mochte die Arbeit von Anfang an nicht. Am schlimmsten war allerdings der Frühstücks-Chef: Herr Laudin.

Herr Laudin, ein schmieriger Afghane mit nach hinten gegelten Haaren. Er war einer von diesen aufgesetzt oberfreundlichen Restaurantleitern, die jedem Gast in den Arsch krochen und so taten, als würden sie alles für sie tun. Diejenigen, die dann alles taten, waren allerdings ich und meine Kollegen. Herr Laudins Aufgabe bestand vor allem darin, permanent durch das Restaurant zu stolzieren. Im besten Fall stellte er mal eine frische Obstplatte aufs Buffet oder tat so, als würde er seine Untergebenen delegieren.

Am schlimmsten fand ich aber seine aufdringliche Art. Wenn er mit mir sprach, kam er immer sehr nah an mich heran. Beim ersten Mal dachte ich, er wolle mich küssen. Vor Schreck sprang ich zur Seite und meiner Kollegin Anastasija direkt vor die Füße. Das ganze Geschirr, das sie gerade in die Küche tragen wollte, fiel zu Boden. Sie schaute mich böse an. Was für ein Ärger.

Etwas später bemerkte ich, dass er so mit allen redete, die unter ihm standen. Sogar mit den männlichen Kollegen.

Besonders ekelte ich mich davor, wenn er sich an mir vorbei drängelte. Selbst, wenn der Gang breit genug für einen Panzer war. Herr Laudin drückte sich beim Vorbeigehen immer an mich ran. Oder er lehnte sich von hinten an mich, wenn er zum Beispiel etwas aus dem Schrank holen wollte, der vor mir an der Wand hing.

Davon abgesehen liefen die ersten Wochen im Frühstücksservice ganz gut. Auch, wenn ich die Arbeit nicht mochte, merkte ich, dass ich die Abläufe immer besser verinnerlichte und mir die Arbeit leichter von der Hand ging. Fehler passierten mir natürlich trotzdem. Und für jeden Fehler, der mir unterlief, musste ich mich vor Herrn Laudin rechtfertigen.

Das Gespräch mit ihm lief dann meistens so ab, dass ich ihm genau erklären musste, was passiert war. Dann erwartete er eine Entschuldigung von mir und ein Versprechen, dass mir dieser Fehler nie wieder unterlaufen wird.

Bei diesen Gesprächen kam Herr Laudin immer besonders dicht an mich heran. Sein Atem, eine Mischung aus alter Mann und Kardamom, kroch mir dann besonders tief in die Nase. Nicht selten packte er mich auch an der Hüfte und drückte leicht zu. Es tat nicht sehr weh, aber ich spürte dadurch, dass er besonders wütend auf mich war. Bei kleinen Fehler ermahnte er mich nur kurz und gab mir dann einen Klaps auf den Po. Es gefiel mir überhaupt nicht, aber ich gewöhnte mich mit der Zeit daran.

Nach vier Monaten war meine Zeit im Frühstücksservice erst einmal vorbei. Ich war sehr glücklich darüber. Einerseits weil ich die Arbeit immer noch nicht mochte. Vor allem aber, weil ich das Gefühl hatte, dass Herr Laudin mir von Tag zu Tag mehr auf den Leib rückte.

Im Housekeeping, meiner nächsten Abteilung, würde ich zum Glück nichts mit ihm zu tun haben. Dass Herr Laudin mich mit den Worten "Wir sehen uns wieder, Paula." verabschiedete, machte mir dann aber doch ein wenig Angst.


Paula - Sklavin in AusbildungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt