Marie

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Am nächsten Abend ging ich wie von Anastasija gefordert um Punkt 22 Uhr ins Personalhaus. Zimmer 7. Eine dunkelbraune Holztür.

Mein Herz schlug wie wild. Ich war nervös. Und ich hatte Angst. Angst vor dem, was mich erwarten würde. Angst vor Anastasija. Noch nie wurde ich von jemandem so herablassend behandelt wie von ihr.

Normalerweise stand ich immer auf der anderen Seite. In der Schule hatte ich auch das ein oder andere Mädchen mit meinen Girls eingeschüchtert oder mal ein Handy abgezogen. Selbst vor ein paar schwächlichen Typen haben wir nicht Halt gemacht. Aber so krass wie Anastasija war ich nie.

Als ich an die Tür klopfte, begann ich zu zittern. Meine Gedanken kreisten. Was tue ich hier? Warum mache ich das? Es wird bestimmt ganz furchtbar.

Ich wollte gerade wieder gehen. Doch dann öffnete sich die Tür. Ich schaute auf und sah... Marie!

„Hi Paula. Komm doch rein.", sagte sie freundlich.

Ich trat ein.

Marie arbeitete im Hotel an der Rezeption und war ein echter Sonnenschein. Sie war immer gut drauf und total freundlich. Nicht nur deshalb war sie mir schon oft aufgefallen. Denn Marie war außerdem halb Asiatin und halb Deutsche. Ich finde das total faszinierend, wenn Menschen so anders aussehen als ich.

Marie war etwa Ende Zwanzig, hatte lange schwarze Haare und eine sehr sportliche Figur. Ihre Oberweite war eher klein, aber sie hatte eine sehr weibliche Hüfte. Es sah aber nicht unförmig aus. Es stand ihr supergut.

Vor allem mochte ich an Marie aber ihre Art. Wenn ich an der Rezeption vorbei kam, machte sie immer einen witzigen Spruch oder erzählte etwas Witziges über eine Situation, die sie gerade erlebt hatte.

Diese Marie, die bisher immer nett zu mir gewesen war, stand nun plötzlich vor mir. Und nicht Anastasija, die ich eigentlich erwartet hatte und wegen der mein Herz fast in meinem Höschen lag.

Marie grinste mich an und bat mich herein.

„Wo ist denn Anastasija?", wollte ich wissen.

„Die kommt gleich. Keine Sorge.", sagte Marie, „wir haben noch ein wenig Zeit für uns."

Für uns? Es war seltsam, wie sie das sagte. Aber ich dachte mir auch nicht viel dabei. Wir setzten uns auf eine Couch und plauderten. Marie stellte mir viele Fragen. Sie wollte wissen, wie ich ins Hotel gekommen bin, was ich vorher so erlebt hatte und all solche Sachen. Ich fühlte mich wohl. Es war wie ein Gespräch unter Freundinnen und es war toll, Marie mal etwas besser kennenzulernen. Bisher hatte wir nicht mehr als fünf Minuten am Stück miteinander geredet.

Erst als das Gespräch in Richtung Swenja ging, was Marie ebenfalls sehr zu interessieren schien, blockte ich ab. Es musste ja keiner wissen, was ich für sie empfand. Schon gar nicht wollte ich selbst versehentlich irgendwelche Gerüchte in Umlauf bringen.

Irgendwann klopfte es plötzlich an der Tür. Marie öffnete. Es war Anastasija.

Sie betrat das Zimmer, ohne etwas zu sagen. Ich saß noch immer auf der Couch.

„Hätte nicht gedacht, dass du dich traust."

„Warum sollte ich nicht kommen?", antwortete ich selbstbewusst, was ich eigentlich gar nicht wahr. Aber Maries Anwesenheit gab mir Sicherheit.

„Weil du feige Lesbe bist.", fauchte Anastasija zurück.

„Bin ich nicht!", sagte ich wütend.

„Und wie du das bist. Aber egal, lass uns anfangen."

„Anfangen? Womit anfangen?", wollte ich wissen.

„Wirst du schon merken."

Anastasija setzte sich auf den einzelnen Sessel, der im Zimmer stand und winkte Marie mit einer Handbewegung zu sich herüber. Die Stimmung war plötzlich eine ganz andere. Eben noch hatten Marie und ich auf der Couch gesessen und zusammen gelacht. Nun wirkte es so, als würde Anastasija bestimmen, was als nächstes passiert. Ich verstand überhaupt nichts mehr.


Paula - Sklavin in AusbildungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt