Kapitel 15 - Verschollene Geschichte

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Drei Stunden zuvor.


Der Regen ergießt sich über die gesamte Stadt, benetzt jedes Dach und jede Gasse von Rilgohin. Die Straßen sind leer, nur gelegentlich hört man Fußschritte über die nassen Gehwege stolzieren. Zu dieser Zeit befinden sich Emmod und Novel in einem unscheinbaren Laden im Whitepool-Viertel, beim Hutmacher Korbach, ‚Redurb's Hüte'.

Wegen des Wetters blieben heute die Kunden aus. Das nutzten Korbach und sein Schützling Sinul, um den Laden mal wieder auf Vordermann zu bringen. Selbst in den tiefsten Ecken wurde gründlich gereinigt, damit die Zeit verstrich.

Als Emmod und Novel eintraten, nahmen sie diese Arbeit jedoch nicht weiter wahr.

Die Brüder hatten nicht vor, lange zu bleiben. Sie waren zufällig in der Nähe und seitdem Korbach die beiden von der Burg abgeholt hatte, dachten sie, es sei der beste Ort, um kurz ins Trockene zu kommen, bevor sie den Weg nach Hause antraten.

„Macht was ihr wollt. Wir schließen in einer Stunde.", sagte Korbach desinteressiert und putzte weiter seine Arbeitsmaschinen. Das war vor etwas weniger als einer Stunde.

Seit einer halben Stunde sitzen sie nun zusammen am kleinen Kamin und trinken Tee, nachdem Korbach sich von Novel hatte dazu überreden lassen. Auch Sinul nutzte diese günstige Gelegenheit, um seine Arbeit früher zu beenden.

Somit erzählte er von dem kleinen Loch, das er selbst als ‚Drecksloch' bezeichnet, in dem er allein im Shinemore Bezirk haust.


„War es schon immer so ein Ghetto?", fragt er Korbach direkt.

„Nein.", antwortet Korbach, „Die Entstehung der vier Stadtgebiete nach der Übernahme des Landes hat dazu geführt. Die Verantwortlichen, allen voran der König und der Offizier dieses Bezirks, Barder, haben es nach kurzer Zeit geschafft, die Bürger dort systematisch aus der restlichen Gesellschaft Rilgohins auszuschließen."

„Wieso das?", fragt Novel.

„Naja.", beginnt Korbach und lehnt sich auf seinem Stuhl zurück, „Das ist eine normale Vorgehensweise, wenn man eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, die von der herrschenden Gesellschaft als minderwertig angesehen und dementsprechend behandelt wird, isolieren und eingrenzen will."

„Und welche Bevölkerungsgruppe ist das?", fragt Novel irritiert.

„Fällt dir niemand ein?", entgegnet Korbach.

Nachdenklichkeit prägt die Gesichter der Jungen. Novel und Sinul sind ratlos, wen Korbach meinen könnte. Nur Emmod hat eine plausible Antwort im Kopf.

„Die Purpurnen Kreuzritter.", sagt er sicher.

Korbach nickt zustimmend.

„Ist ja nicht zu fassen.", staunt Sinul.

„Wir kennen sogar einige, die dort wohnen.", sagt Novel betont, „Aber die haben nichts mit den Rittern am Hut, glaube ich."

„Ich denke, das liegt daran, dass niemand mehr mit den Ideologien der Ritter in Verbindung gebracht werden will, um aus dem Bezirk herauszukommen. Dort zu leben, bedeutet automatisch, in extremer Armut zu leben.", erklärt Korbach.

„Aber wenn ich fragen darf.", führt er fort, „Wen kennt ihr, der dort lebt, außer Sinul natürlich."

„Mitch und Prigill heißen die beiden.", antwortet Novel prompt, „Sind auch Geschwister und gehen in unsere Klasse."

„Das Glück habe ich leider nicht.", sagt Sinul bedauernd.

„Wieso nicht?", fragt Emmod.

„Kein Geld. Keine Unterstützung von meinen Eltern.", zählt Sinul bemitleidenswert auf, „Es reicht gerade mal für meine Bruchbude, wofür ich allein schon sehr dankbar bin. Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis ich mir damit etwas Vernünftiges in einem der anderen Viertel leisten kann."

Lost Ones - Ein falscher KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt