Kapitel 1 - Die Prinzessin von Rilgohin

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‚Meine Familie lebte in Treewich, einem kleinen Dorf, nahe der Landesgrenze von Londe.

Treewich ist von weiten Feldern umgeben, von denen einige ins Landesinnere weisen, während andere in dichte Wälder übergehen, die die Grenze unseres Landes markieren.

Tief in diesen Wäldern jedoch befand sich ein unbesiedeltes Gebiet, das sich zwischen unserem Land, Londe, und dem unseres Feindes, Rilgohin, erstreckte – die sonnenverbrannten Sümpfe.

Ich erinnere mich an die ausgetrockneten Böden und die flirrende Luft über dem sumpfigen Gebieten von damals, als ich noch ein kleiner Junge war.

Doch ich war viele Jahre nicht mehr hier, da die Sümpfe schon seit geraumer Zeit unter der Kontrolle unseres Feindes stehen.

Die Rilgohiner sind Dissidenten aus dem Land Londe, die mit den dort herrschenden Grundsätzen und Strukturen nicht übereinstimmten.

Deshalb verließen sie Londe und gründeten ein eigenes Land, dessen Werte unseren eigenen entgegenstanden.

Der Hohe Rat, die höchste Instanz der Welt mit seinem Regierungssitz in Londeeyeof, der Hauptstadt von Londe, schenkte diesen Rebellen anfangs kaum Aufmerksamkeit.

Doch als zunehmend mehr Menschen Londe verließen, um sich in Rilgohin niederzulassen, sah der Hohe Rat nicht länger tatenlos zu.

Die Befürchtung wuchs, dass die Abtrünnigen ihre eigene Streitmacht aufbauen könnten, um den Hohen Rat zu stürzen.

Dies führte zu einem Konflikt zwischen den beiden Völkern, der seinen Höhepunkt erreichte, als Rilgohin die seit Jahrzehnten unberührten Sümpfe besetzte, die als neutraler und heiliger Boden galten.

In Treewich war die Spannung ständig spürbar, und die Angst vor möglichen Überfällen unserer Feinde in der Nacht oder vor dem Morgengrauen war allgegenwärtig.

Es war erstaunlich, als wir das Dorf erreichten. Es schien, als wäre das Dorf in der Zeit stehen geblieben, nur ich war es, der sich verändert hatte.

Sollte es im Gebiet der sonnenverbrannten Sümpfe ähnlich sein?

Der grelle Sonnenschein, der sich seinen Weg durch Blätter und Äste bahnte und die Nebelschleier um uns offenbarte, vermochte diesem Ort eine mystische Natur zu verleihen.

Es war nicht einfach sich bei der eingeschränkten Sicht, dem weichen Boden und der feuchten Umgebung fortzubewegen.

Die erdrückende Stille ließ unseren eigenen Atem und sogar das Fallen eines Blattes ungewöhnlich laut erscheinen.

Mich beunruhigte dabei nicht die Stille unserer Feinde, sondern unsere eigene.

Niemand wollte es aussprechen, aber wir dachten alle dasselbe.

Es lag in der Luft und in unserem Bauchgefühl.

Mit jedem Schritt tiefer in die Sümpfe schauten wir uns häufiger um, unsere Herzschläge beschleunigten sich und unsere Hände wurden zunehmend feuchter.

Je tiefer wir in die Sümpfe gelangten, desto näher kamen wir unserem Tod.

Und dennoch, fern von jeglichen, gesunden Menschenverstand drangen wir weiter in ihr Gebiet vor.

Welche Chance hatten wir gegen die Rilgohiner oder diesen „Supermenschen", wie sie von vielen in diesen Zeiten genannt wurden?

Jene, die so betitelt wurden, kannten wir nur als die vier Fürsten und Herrscher von Rilgohin –

die Herren des Hauses Wynfre.

Aber was machte sie so besonders?

War es die Tatsache, dass ihr Land, obwohl es das Kleinste der vier kriegsbeteiligten Länder war, zur selben Zeit Krieg gegen die drei anderen Länder führte und zu gewinnen vermochte?

Lost Ones - Ein falscher KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt