Kapitel 17 - Unterirdische Geheimgänge

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Emmod und Novel wissen nicht genau, was sie am nächsten Tag erwarten wird.

Ihrer Mutter haben sie gesagt, dass sie den ganzen Tag unterwegs sein werden.

Emina seufzt schwer, als sie die Tür hinter ihnen schließt. Die dunklen Ringe unter ihren Augen und ihr müder Blick verraten die schlaflosen Nächte seit Kos Tod. Die Spannungen in der Familie zerren an ihr. Sie hofft, dass der gestrige Tag den Jungs geholfen hat, ihre Gedanken zu ordnen, nachdem sie die letzte Woche wie Gefangene in ihrem eigenen Zuhause verbracht hatten.


Bei Korbach angekommen, stürmt Novel ins Haus, seine Augen leuchten vor Neugier.

„Korbach, die Geheimgänge, wofür genau sind sie gedacht?"

Korbach, noch im Halbschlaf, reibt sich die Augen.

„Was hat dich denn gezwickt?", fragt Korbach, „Und warum seht ihr so erschöpft aus? Es ist noch morgens.", fügt er an, ehe er die Tür hinter ihnen schließt.

„Die Geheimgänge. Wofür wurden sie erbaut und warum weiß niemand von ihrer Existenz?", stochert Novel weiter.

„Eure Großmutter und damalige Königin, Naoma Wynfre, baute sie vor dem Vierkronenkrieg.", beginnt Korbach, „Sie sollten in erster Linie als Sicherheitsmaßnahme dienen.", fügt er hinzu.

Danach verengen sich seine Augen, als er Emmod mustert.

„Du hast ja wieder dein Bandana nicht auf.", bemerkt er rasch, „Ist alles in Ordnung?"

Mir geht's gut.", antwortet Emmod gereizt.

Aber Korbach spürt, dass mehr dahintersteckt.

„Du kannst nicht vor dem Weglaufen, der du bist.", sagt er.

„Ich weiß, wer ich bin.", entgegnet Emmod, fast schimpfend.

Korbach schnaubt.

„Die Geheimgänge sollten als Fluchtwege genutzt werden, falls etwas mit der Stadt passieren sollte.", fährt er fort, „Sollte die Stadt beispielweise fallen, könnten die Menschen somit heimlich in die äußere Stadthälfte entkommen.", erklärt er, „Jedoch waren die Wildheit und die Neugierde eures Vaters und eurer Onkel zu groß. Sie nutzten die Geheimgänge, um ihrem täglichen adligen Alltag zu entkommen und sich frei in der Stadt aufzuhalten.", führt er aus, „Als Soldaten aus Londe einmal in die Stadt eindrangen, nahmen sie die jungen Fürsten gefangen, die sich zuvor hinausgeschlichen hatten.", fährt er fort, „Zum Glück wurden sie gerettet, doch dieser Vorfall brachte das Fass zwischen Londe und Rilgohin zum Überlaufen und das führte schließlich zum Vierkronenkrieg."

„Zum Vierkronenkrieg?", fragt Emmod überrascht, „Ich dachte, die vollständige Zerstörung der Bibliothek von Narakoid in Santaria war der Auslöser."

„Woher-?", beginnt Korbach, doch Emmod zuckt nur mit den Schultern.

„Ab und an passen wir im Geschichtsunterricht auf."

Korbach räuspert sich.

„Rilgohin war daran wohl nicht ganz unbeteiligt, aber worauf ich eigentlich hinauswollte... Diese Gänge sollten für jeden Menschen zugänglich sein, der sie benötigt."

„Warum sind sie das dann nicht?", hakt Novel nach.

„Weil es zu spät war, bevor dieser Gedanke Früchte tragen konnte.", antwortet Korbach verzagt.

Danach verlässt er die Brüder für einen Moment, um das große, zusammengerollte Pergament aus dem Obergeschoss zu holen.

„Warum wurden sie im Krieg nicht benutzt?", fragt Emmod direkt, als Korbach wieder die Treppen hinunterkommt, „Ich meine, als die Stadt eingenommen wurde."

Lost Ones - Ein falscher KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt