Greifbar

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POV: Patrick

Manu ist vor einer Viertelstunde in Richtung Zugtoilette verschwunden, aber die Schlange davor ist so lang, dass es auch noch eine Stunde dauern kann, bis er zurück ist. Mein Kopf kommt nicht zur Ruhe.

Manu. Robin. Robin. Manu. Manu. Manu. Robin.

Ich seufze. In meiner Hand sitzt ein Zeichenblock, auf dem ich versuche, das Stillleben meines Rucksackes auf Manus freiem Sitz zu skizzieren, aber schon seit Minuten kritzele ich nur noch Herzen. Keine Ahnung, wem die gewidmet sind.

Ich ziehe Linien zu einer Tabelle. Robin. Manu. Pro, Kontra.

In Robins Spalte schreibe ich "Ich liebe sie", "Sie versteht mich", "Sieben Monate" und "Keine Lügen".

Die Bleistiftspitze schwebt über Manus Spalte. Ich setze sie auf und reiße sie sofort wieder hoch, als hätte das Papier mir einen elektrischen Schock versetzt. Mein Kopf ist leer und mein Herz quillt über. Die Erinnerungen an jedes Bild, das ich je von ihm hatte, jede Berührung, schichten sich übereinander. Mein Körper bebt.

Es ist zu viel. Ich kann Manu nicht in Worte fassen. Ich kann ihn nicht einmal umreißen. Nicht was er mir bedeutet. Oder was er mir bedeuten könnte. Wenn Robin nicht wäre.

"Manche Menschen sind so widerlich." Mit angeekeltem Gesicht lässt er sich wieder neben mich fallen. "Was machst du?"

"Nichts", murmele ich. "Zeichnen."

Mit einer Hand reiße ich den Zettel ab und lasse ihn zerknüllt in meiner Tasche verschwinden. Die Liste war eine dämliche Idee.


Weg vom Fenster - #KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt