𝟎𝟏

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Adora:
Dafür das deine Beerdigung damals meine persönliche Hölle war, war deine Trauerfeier stumpf.

Liegt es daran, dass schon ein Jahr vergangen ist seit deinem Tod, oder liegt es daran, dass meine Gefühle sich nicht hauptsächlich um die Trauer drehen, die ich empfinde, sondern viel mehr um die Schuldgefühle, die mich plagen.

Ich hatte dir damals immer wieder gesagt, dass ich nicht weinen würde, wenn du stirbst, aber verdammt, Ich habe geweint.

Heute zwar nicht, gestern auch nicht, aber dafür vor einem Jahr. An deinem Todestag, auf deiner Beerdigung und auch noch Wochen danach.

Die Menschen hier sehen gefährlich aus und scheinen am völlig falschen Platz zu sein. Als ob, auch nur einer von ihnen trauert. Sie sind alle zum
Schein hier.

Mit meinem Platz in der letzten Reihe, hatte ich einen guten Überblick über alle Anwesenden. Und genau wie vor einem Jahr weinte keiner. Damals habe ich dieses Bild zerstört durch meine heulerei, aber heute? Heute nicht. Heute sah alles genau so aus, wie so eine Veranstaltung bei solchen Leuten aussehen sollte. Kalt, unpersönlich und vollkommen ohne Gefühle.

Um den aufkommenden Zorn in meiner Brust zu unterdrücken richtete ich meine Aufmerksamkeit nach vorne, wo grade ein Mann nach vorne trat und sich der Menge zuwandte, bereit irgendeine kahle Rede zu halten, wie man sie schon kannte. Was mich aber verwirrt zurückließ war, dass er mich ganz offen anschaute und mir kaum merklich als Begrüßung zunickte, als wäre ich eine alte Bekannte, als würde er mich kennen.

Ich strengte mein Gehirn an, um mich an sein Gesicht zu erinnern und irgendwas in meinem Kopf sagte mir, dass ich diesen Mann kannte. Ich wusste nicht woher, oder wer er ist, aber ich kannte ihn. Und er kannte mich. Ich wusste nicht was schlimmer war.

Bevor er allerdings überhaupt anfangen konnte zu reden, hörte man Schüsse und Geschrei. Sofort schaute ich mich um, um die Gefahr schnellstmöglich zu finden, denn bei aller Liebe: ich war wirklich nicht für die Mafia Szene geschaffen!

Aber ohne Erfolg. Immer mehr Leute, die durch Panik aufgestanden waren, fielen um und das Gekreische wurde immer lauter, weil es auch direkt um mich geschah.

Ich blieb sitzen, denn wo sollte ich auch hin? Auch, wenn ich am liebsten rausgerannt wäre, um diesen Wahnsinn zu entkommen, blieb ich ruhig. Zumindest äußerlich.

Denn auch, wenn ich noch nie viel von diesen ganzen Geschäften hier hielt, war ich trotz allem ein Teil von ihnen, als Evan noch gelebt hatte und in dieser Zeit habe ich wichtige Dinge gelernt.

Zu einem: bei einem Angriff des Feindes niemals Angst zeigen und erst recht nicht weglaufen, denn so eröffnest du nur die Jagd auf dich, die jeder verrückte und hier waren viele verrückt, annehmen würde.

Diese Regel kannte der Typ, der immer noch der vorne stand wohl auch, denn er rührte sich nicht einen Zentimeter.

Das Problem ist, das sowas nicht nur gut ist, sondern auch gewaltig nach hinten losgehen kann.

Das war hier auch der Fall, denn der nächste Schuss traf nicht eine Person, die hier schreiend rum rannte, sondern den Mann, der genauso ruhig war, wie ich.

Der Schuss traf ihn in die Brust, aber konnte von hier aus nicht erkennen, ob die Wunde lebensgefährlich war.

Jegliche Ruhe aus mir verschwand und nun drehte sich alles in meinem Kopf nur noch darum, leben zu retten. Keine weiteren Tote. Keinen verletzen, den ich nicht retten kann. Nicht schon wieder. Nicht wie Evan.

Also tat ich das einzige, was meiner Moral als Person und Ärztin entsprach: ich stand auf und ging geradewegs auf den angeschossen Typen, der mittlerweile am Boden hockte, zu.

Ich würde nicht nochmal jemanden sterben lassen.

Das habe ich mir versprochen, als Evans Körper in meinen Armen, erschlaffte und für immer aufhöre zu atmen und verflucht sei ich, wenn ich mein Versprechen brechen sollte.

Das habe ich mir versprochen, als Evans Körper in meinen Armen, erschlaffte und für immer aufhöre zu atmen und verflucht sei ich, wenn ich mein Versprechen brechen sollte

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