𝟏𝟑

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Álvaro:
Nachdem sie mir ohne weitere Umschweife versprochen hatte, mir von jetzt an zu sagen, wenn sie Angst vor etwas hat, war ich allerdings immer noch nicht beruhigt.

Mein Inneres wollte noch so viel mehr von ihr. Ich wollte wissen, wie ihr Leben nach meinem angeblichen Tod verlaufen ist, was dazu geführt hat, dass eine Ärztin, Angst vor Krankenhäusern hatte und am allermeisten wollte ich wissen was dieser sichtbare widerstand in ihren Augen bedeutete.

Selbst, wenn ihr Mund mir alles mögliche versprach, konnte ich drauf scheißen, wenn ihre Augen immer das Gegenteil sagten.

Nur wäre es zu viel. Ich würde zu viel Verlangen, wenn ich alles von ihr wissen wollte. Ich durfte sie nicht erdrücken, denn für sie war ich immer noch Tod und wieder kam das Gefühl von Verrat in mir hoch.

Ich hatte ihr immer noch nicht gesagt, wer ich war, aber ich konnte nicht. Ihr würde die jetzige Version von Álvaro nicht gefallen, sie gefiel mir ja nicht mal selber, aber ich konnte ihr das nicht antun, ich konnte ihr nicht die schönen Erinnerungen an mein altes ich nehmen.

Das brachte ich nicht übers Herz.

Und trotzdem wollte ich alles von ihr - zu Unrecht, aber ich habe nie behauptet das meine Zuneigung zu ihr, schön war.

Aus diesem Grund entfuhren mir die nächsten Worte auch ohne Chance auf Widerstand.

"Woher stammt deine Angst vor Krankenhäusern, Blümchen?"

Ihr Blick wich meinen für einen Moment aus, bevor sie mir wieder in die Augen blickte.

Ihre Augen verloren an Lebendigkeit und allein dieser Fakt brachte eine Gänsehaut über meine Haut.

Ich konnte es noch nie ertragen, diese Frau unglücklich zu sehen und würde es auch niemals können.

"Ich denke, ich bin dir eine Erklärung schuldig, hm?"

Sie ging sich sich mit der Hand einmal übers Gesicht, als würde sie sich damit die Nervosität nehmen und saß sich schließlich auf einen freien Stuhl und deutete mir an es auch zu tun.

Somit saß ich ihr auf dem Sofa gegenüber und wartete auf eine Erklärung. Ein Teil von mir wollte ihr das ganze ersparen, aber ein anderer Teil, ein viel größerer Teil von mir, wollte unbedingt wissen, was der Grund war.

Und nicht nur das. Ich wollte alles über diese Frau wissen, von ihrer Lieblingsfarbe bis hin zu in welcher Schlaf Position sie abends einschlief.

Ich hatte die letzen zehn Jahre verpasst und ich war nicht bereit dazu auch nur eine weitere Sekunde zu verpassen.

Und dann fing sie an zu erzählen und ich hätte mir nichts sehnlicher gewünscht, als das sie aufhört zu reden.

Adora:
Diese Erklärung war ich ihm und mir schuldig.

Ich holte tief Luft, aber es brachte rein gar nichts.

Es würde mir niemals leicht fallen, davon zu erzählen, aber es war immerhin das erste Mal, dass ich es tat, ich hatte ja sonst niemanden, dem ich es erzählen konnte.

Álvaro ist seit zehn Jahren tot.

Unsere Eltern haben auch nicht lange weiter gelebt, obwohl mir dessen Tod aus irgendeinem Grund nicht so nah ging.

Vielleicht, weil Evan da noch am Leben war und ich nicht komplett alleine mit meinen Gedanken gelassen wurde.

"Meine Liebe zu Blumen haben damit zu tun, übrigens", versuchte ich noch zu lachen, aber vergebens.

"Blumen sterben auch, wenn man sich nicht gut um sie kümmert. Vielleicht habe ich ja diese Angewohnheit, dass ich jedem helfen will, aus Angst ich würde wieder alleine da stehen."

Meine zu einem Lächeln verzogen Lippen, wurden wieder zu einer schmalen Linie und ich hörte auf um den heißen Brei rumzureden.

"Du kanntest Evan, nicht wahr?", fing ich zögernd an und ich wusste ich würde dieses Gespräch nicht ohne Tränen zu Ende bringen.

Er nickte stumm, hielt den Blick starr auf mich, fast so als hätte er Angst, er würde eine Reaktion von mir verpassen.

"Als er gestorben ist, war er im Krankenhaus" meine Lippen teilten sich, aber schlossen sich, um schnell wieder zu Wort zu kommen.
Um es so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.

"Er war dort unter meiner Aufsicht. Evans Herz hat unter meinen Händen aufgehört zu schlagen. Er ist in meinen Händen gestorben."

Meine Augen waren zusammenkniffen, als ich die Worte ausgesprochen hatte und nun spürte ich wie er mit seinem Finger etwas von meiner Wange strich.

Meine Tränen.

Ich hatte nicht mal bemerkt, dass ich weinte.

Doch jetzt spürte ich es in jeder faser meines Körpers.

Ein schluchzen entwich mir und die Tränen brennten auf meinem Gesicht, welches er direkt an sich ran zog. 

Er hielt meine Kopf fest in seine halsbeuge und ließ mich weinen.

Er ließ mich trauern.

"Ich habe ihm gesagt, dass er aufhören soll, bevor es zu spät ist, aber er hat nicht auf mich gehört", weinte ich an seinen Hals.

"Er hat einfach nicht aufgehört mit dem Geschäften, egal was ich ihm gesagt habe."

"Er hat erst aufgehört, als er Tod in meinen Armen lag."

Und ab da war, flossen meine Tränen ununterbrochen, ich wusste gar nicht wie lange ich weinte, wie lange er mich wortlos hielt und mir über die Haare strich, ich wusste nur, dass es gut tat, nicht alleine zu sein.

Es war schön tröstende Arme um sich rum zu haben.

Seine Umarmung fühlte sich vertraut an.

Vielleicht war das der Grund, warum ich nicht mitbekommen habe, wie sich meine Augen in seinen Armen schlossen und ich in einen traumlosen Schlaf fiel.

Vielleicht war das der Grund, warum ich nicht mitbekommen habe, wie sich meine Augen in seinen Armen schlossen und ich in einen traumlosen Schlaf fiel

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»Seine Umarmung fühlte sich vertraut an«

Vielleicht, weil sie vertraut ist?

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