𝟎𝟑

678 29 12
                                        

Álvaro:
Sie war genau so atemberaubend wie damals, als wir Kinder waren. Blonde Haare umranden ihr Gesicht, welches immer noch die selben Züge hatte, nur älter wirkte.

Ihren blauen stachen sofort in mein Blickfeld, als ich nach vorne getreten war. Sie waren immer noch so fesselnd, wie ich sie in Erinnerung hatte.

Ich war ihr nicht vollkommen fremd, dass merkte ich an ihren Augenbrauen, die zum Denken zusammengekniffen waren, aber anscheinend keine Antwort fanden.

Sie kannte mich noch, sie wusste nur nicht woher.

Genauso wusste ich auch, dass sie mir helfen würde, wenn ich in den kugelregen geraten würde.

Nachdem sie meinen zwei Jahre jüngeren Bruder Evan im OP verloren hatte, war mir klar, dass sie es niemals ertragen könnte, wenn jemand während ihrer Anwesenheit sein Leben verliert.

Eine wunderbare Eigenschaft, aber in meiner - unserer Welt, tödlich.

Aber jetzt war sie ja bei mir und ich würde nicht zu lassen, dass ihr auch nur irgendjemand ein Haar krümmt.

Noch einmal kommt mir keiner in den weg. Noch einmal nimmt mir sie keiner weg. Nicht schon wieder.

Ich erinnere mich noch gut an die Worte meines Vaters.

Vor 10 Jahren:
"Wieso schaust du sie so an, Álvaro?", ertönte die Stimme meines Vaters dicht hinter mir.

Er trat neben mich in die offene Küche und schaute ebenfalls wie ich zu Adora und Evan, welche grade mit Unmengen an Büchern und Notizen alles taten, um ihr Prüfungsthema in ihre Köpfe zu kriegen.

"Wie schaue ich sie denn an?", fragte ich ihn, bewusst auf was er hinaus wollte, ich es aber nie wahrhaben wollte.

"Als würde sie dir gehören."

Nun wandte sich mein Blick zu ihm, schaute in die selben eisig blauen Augen, die sowohl Evan, als auch ich geerbt hatten.

Er starrte mir eisig entgegen, seiner Sache mehr als nur klar.

"Spricht was gegen?", zischte ihm nun entgegen zu, mit ebenfalls eisigen Blick.

"Sie wird deinem Bruder gehören", ermahnt mich seine monotone Stimme.

"Sobald er Erwachsen ist und die Geschäfte übernimmt, wird er eine Frau an seiner Seite brauchen."

Er sprach das so aus, als wäre es eine Betriebsanleitung, die man genaustes befolgen musste, aber das hier, muss und werde ich auf gar keinen Fall befolgen.

Keiner wird mir sie wegnehmen.

Vor allem da mein Bruder nichtmal Interesse hat, er sieht sie wie eine Schwester, er ist gar nicht in der Lage solche Gefühle für jemanden zu empfinden, weil er ein reiner Kopfmensch ist. Und ich ein reiner Herzensmensch.

Obwohl ich der ältere war, würde ich die Geschäfte nicht kriegen, nicht das ich sie unbedingt wollen würde, aber es fühlte sich an, als er würde er mich einfach überspringen, so als gäbe es mich gar nicht.

"Dann sollte er sich eine andere Frau suchen, ich meine, wenn er überhaupt eine haben will, aber dieses Mädchen gehört zu mir und keiner von euch wird sie mir wegnehmen", stellte ich ihm eisern klar und wollte auch augenblicklich die Küche verlassen, denn sonst könnte ich für nichts mehr garantieren.

Seine Stimme in meinem Rücken stoppte mich allerdings noch ein einziges Mal.

"Keiner von uns vielleicht, aber der Tod kann dir alles und jeden wegnehmen."

Eine Drohung, die er schon bald wahr gemacht hat.

-

Zehn Jahre später mit Blick auf genau diese Frau, lässt mich leicht schmunzeln.

Sie liegt in meinem Bett, welches ich ihr angeboten habe, um sich auszuruhen.

Es war ein harter Tag für sie.

Nach einem Jahr ohne diese ganzen Geschäfte musste ihr Leben sicher schön gewesen sein, aber ich konnte es nicht ertragen, dass sie irgendwo alleine wäre ohne Schutz, ohne Zufluchtsort.

Denn immerhin denkt sie immer noch das ihr ganzes Leben damals mit Evan gestorben ist.

Der Tod hat ihr wahrlich alles genommen.

Aber ich war nie weg. Der Tod konnte mich nicht von ihr wegbewegen oder mich von ihr fern halten.

Keiner konnte sie mir wegnehmen, auch nicht der Tod.

Keiner konnte sie mir wegnehmen, auch nicht der Tod

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Feedback?

Start without end Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt