14. Fauler Zauber

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„Ich grüße Euch, meine Damen." Seine Bassstimme war höflich und ungezwungen.

Kaja nickte und fühlte sich bemüssigt einen Knicks zu machen, wobei ihre Knie zitterten.

„Ich bin Horon und meines Zeichens als Berater in der Gefolgschaft des Königs tätig. Doch ich werde Eure Intelligenz nicht verspotten und Euch gleich verraten, dass ich einer der Schatten aus Euren Legenden bin. Ich hätte Euch gern mit meinen Brüdern begrüßt, aber Staatsangelegenheiten hatten mich aufgehalten. Und seine königliche Majestät ist nicht für seine Geduld bekannt."

Horon hatte scharfe Gesichtszüge, sonnengebräunte Haut und strahlend blaue Augen. Wenn Kaja einen König oder Kaiser hätte malen müssen, hätte sie ihm dieses Gesicht gegeben.

„Ist es Zeit?", fragte Kaja. Ihre Stimme klang gleichermaßen verwundert und verängstigt.

„Noch nicht. Wir haben zwei Stunden für uns alleine und ich denke, die sollten wir nutzen, um uns besser kennenlernen."

Er sprach die harmlosen Worte, wie eine Drohung aus. Kajas Innerstes gefror zu einem eisigen Klumpen aus Angst. Wollte er ihr etwas antun? Ihr Herz ließ ein paar Schläge aus, bevor es in ihrer Brust viel zu schnell hämmerte.

„Seid unbesorgt. Ich will nur mit Euch reden. Schließlich habe ich so unendlich lange auf diesen Moment gehofft und für ihn gebetet. Da will ich ihn auskosten", beschwichtigte er. Kaja war keineswegs beruhigt und machte einen kleinen Schritt zurück.

„Nun so sei es. Ich verstehe deine Vorsicht. Um meinen guten Willen zu demonstrieren, werde ich deine Freundin da in die Freiheit entlassen. Ist es in Ordnung, wenn ich du sage?"

Er trat zur Seite und eine kleine Bewegung seiner weichen Hand veranlasste die Wachen die Türe zu öffnen. Ohne viel Federlesens rissen sie die strampelnde und wie von Sinnen kreischende Milu aus ihrer Ecke und schleiften sie aus der Zelle, die hinter ihnen wieder ins Schloss fiel.

„Seid so gut und veranlasst das Nötige oben. Bei diesem Geschrei verstehe ich mein eigenes Wort nicht." Die Wachen zögerten einen Moment, den Befehl auszuführen.

„Habt ihr Angst, dass mir ein kleines Mädchen, das hinter Gittern ist, etwas antun könnte? Solch lachhafte Zweifel stehen Euch nicht zu."

Seine sehr tiefe Stimme hatte einen scharfen Klang angenommen. Die beiden Männer strafften sich und schleppten Milu davon. Ihre Schreie wurden leiser, bis die Dunkelheit sie verschluckte, aber sie hallten noch in Kajas Ohren nach.

„Besser", meinte Horon väterlich lächelnd. „Schade um das hübsche Ding. Als Darien sie hergebracht hatte, war sie so stolz und kampflustig gewesen. Hielt sich leider nicht allzu lange. Na ja, brechen tun sie alle. Irgendwann."

Kaja machte unwillkürlich einen weiteren Schritt nach hinten. Ihre Handflächen schwitzten, während eisigkalte Schauer durch sie liefen. Als hätte ihr Körper eine Schlussfolgerung gemacht, die sie ihrem Verstand verwehrte. Horon schien das nicht entgangen zu sein und beeilte sich zu versichern:

„Ich will dir nichts Böses."

Kaja starrte ihn ungläubig an. Wollte er sie für dumm verkaufen? Und das, nachdem sie Milus Reaktion auf ihn mit eigenen Augen gesehen hatte?

Er stieß unwillig den Atem aus und erklärte: „Ich verstehe, dass das in deinen Ohren, wie der blanke Hohn klingen muss. Es ist dennoch wahr. Ich will dir nicht wehtun."

„Mir wehtun? Wegen Euch ist Naril tot, Alina war von Cisnero besessen, ich habe kein Zuhause und kein Leben mehr. Ihr tötet, plündert und mäht alles nieder, mit dem ich in Berührung komme. Aber Ihr wollt mir nichts Böses und ganz besonders nicht wehtun", entfuhr es ihr.

Kein Weg aus der Finsternis - Die Legende von Kaja Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt