Das Wasser brach schwarz über Kajas Kopf zusammen. Der harte Aufprall drückte ihr die Luft aus den Lungen. Im gleichen Augenblick explodierte die Nacht über ihr in einem Flammenmeer. Die Wasseroberfläche brannte lichterloh. Magie. Verwaschene Schreie drangen aus der Stadt Chagan zu ihr. Wie ein Stein sank sie tiefer und tiefer. Der Lähmungszauber hatte sie fest in seiner Gewalt. Kaja konnte sich nicht rühren, während der Molswa-Fluss sie gierig verschlang.
Da umfing ein Arm ihre Taille und riss sie mit. Sie sah nicht, zu wem der gehörte. Ihr Herzschlag dröhnte durch sie, als hätte er ein Echo. Die Strömung zerrte an ihren Haaren und Röcken. Kalt. Ihr Herz machte einen Satz. Kaja konnte wieder etwas fühlen, der Lähmungszauber hatte sich gelöst.
Sie brauchte Luft. Kaja wand sich aus der Umklammerung. Sie drosch das Wasser mit Armen und Beinen. Vergeblich. Ihre Kraft schwand mit jeder Bewegung, bis weiße Punkte vor ihren Augen flimmerten.
Ein harter Griff zog sie weg vom Feuer an der Oberfläche, aber auch weg von der Luft.
Kaja drehte sich mit letzter Kraft um. Koray. Er drückte sie an sich, wie eine Stoffpuppe und tauchte mit ihr flussabwärts. Seine dunklen Haare schwebten mit kleinen Luftblasen um seinen Kopf.
Kajas Lungen brannten vor Verlangen nach Luft. Sie würgte. Unwillentlich öffnete sich ihr Mund. Ein Schwall modrigen Flusswassers schoss in ihren Hals, aber es fühlte sich an wie Feuer und Steine. Kaja hustete.
Koray packte sie fester und katapultierte sie aus dem Wasser. Ihr Kopf durchbrach die Wasseroberfläche. Die kalte Luft stach ihre Haut wie tausend kleine Nadeln. Kaja sog sie begierig ein, aber die Strömung der Molswa zerrte sie unnachgiebig mit sich. Ihre Bewegungen erschlafften. Kaltes Wasser überspülte ihren Kopf, füllte Nase und Mund.
Bevor sie erneut unterging, tauchte Koray neben ihr auf, hielt sie am Nacken über Wasser. Kajas schwarze Haare hatten sich aus ihrer kunstvollen Frisur gelöst und hingen ihr ins Gesicht. Sie japste und röchelte. Nachtluft strömte in ihre Lungen, die sie zu gleichen Teilen zu versengen und zu stärken schien. Ihre Füße durchpflügten das Wasser nach einem Halt.
„Hör auf dich zu wehren! So ertrinken wir beide. Halt dich fest!", presste Koray zwischen Atemstößen hervor.
Das brauchte er ihr nicht zweimal zu sagen. Sie klammerte sich mit aller Kraft an ihn.
„Ich brauche noch Luft zum Atmen!"
Kaja ließ widerwillig seinen Hals los und verlagerte ihre Umklammerung, während die Molswa sie weiter mit sich forttrug. Sie fühlte mit ihrem Körper seine rhythmischen Bewegungen, die beide über Wasser hielten.
In der Dunkelheit sah er blasser aus, als bei Tageslicht. Die schwarze Uniform, die er einem Soldaten gestohlen hatte, klebte ihm am Körper. Das sanfte Plätschern des Wassers klang wie ein Orkan in ihren Ohren.
„Nein, nicht so! Ich muss die Arme frei bewegen können. Halte dich an meinen Schultern fest. Kaum zu glauben, dass du nicht schwimmen kannst."
Sie krallte sich an seiner Uniform fest, sodass die Venen auf ihrem Handrücken erschienen.
„Bringe mich an Land, bit..." Ihre Stimme ging in eine Wispern über und versagte, da jedes Wort in ihrer Kehle schmerzte. Kaja war sich nicht sicher, ob er sie gehört hatte. Sie sah in seine eisblauen Augen, so ungewöhnlich hell wie die eines Wolfs. Koray wandte sofort den Blick ab und sagte:
„Nein. Bisher hatten wir Glück. Wir konnten die Krieger überrumpeln. Und dank der brennenden Wasseroberfläche im Hafen werden sie uns nicht gleich mit Booten verfolgen. Aber wenn wir hier an Land gehen, finden sie uns sofort. Dann war alles umsonst."
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Kein Weg aus der Finsternis - Die Legende von Kaja Band 2
FantasyDie Legende von Kaja Band 2 Wenn sie ihm vertraut, wird er sie verraten, tut sie es nicht, werden sie sterben und wenn sie versagen, wird die Welt bluten. Die Jagd auf den sagen-umwobenen Schüssel geht weiter. Eine Macht, die in den falschen Händen...