Koray setzte sich zu ihr und warf die gesammelten Stöcke in die Flammen, die knackend und zischend Feuer fingen. Kaja fühlte die Wärme, die sein Körper abstrahlte, deutlicher als die des Lagerfeuers. Da er ihr so nahe war, traute sie sich nicht mehr, ihn anzustarren, und ließ ihren Blick über die Lichtung schweifen. Schlingpflanzen erdrosselten Büsche und Bäume. Moosige Strähnen hingen wie Bärte von den Zweigen. Dunst stieg aus dem Boden und verschmolz mit den Schatten. Korays schwarze Soldatenuniform hing wie ein Geist von den Ästen.
Kaja ballte die Fäuste. Ihr war, als sähe sie General Schaos Gesicht darin. Als könnten Krieger jeden Moment durch das Dickicht springen, um sie festzunehmen. Kaja atmete durch den Mund und versuchte, ihrer aufsteigenden Panik Herr zu werden. Nein. Sie waren in den Imao-Sümpfen, hier verlor sich jede Spur. Vorerst. Doch ihr Blick streifte jeden dunklen Umriss, bis sie Korays Waffe sah, die er achtlos ins Gras geworfen hatte. Ohne Koray anzusehen, flüsterte sie trotz der Schmerzen im Hals:
„Du solltest dein Schwert trocknen, sonst rostet es."
Kaja hatte nicht vergessen, dass Koray dieses Schwert schon bei ihrem ersten Treffen mit sich geführt hatte. Vor über einem Monat hatte er ihr in der Spielerstadt Ravasche geholfen. Als sie versehentlich einen magischen Alarm ausgelöst hatte, wollte er mit der Magie in seiner Klinge von ihr ablenken. Schon damals hatte er geahnt, dass sie Magierin war. Jetzt wusste er es. Somit wusste er mehr über Kaja, als gut für sie war. Ihre Fingernägel gruben sich in ihre Handballen. Kannte er auch ihre anderen Geheimnisse? Warum hatte er sie nicht ausgeliefert?
Koray stand auf und zog seine Waffe aus der Scheide. Was ausgesehen hatte wie ein Schwert, waren zwei, die nahtlos zusammenpassten. Das hatte sie noch nie gesehen. Er nahm in jede Hand eines und sagte:
„Meinst du? Bisher hatte ich nie Probleme mit Rost."
„Dann schleifst du aber deine Schwerter zu Tode."
„Schleifen? Nein. Wozu auch? Sie durchtrennen alles, als wäre es Butter. "
Er schwenkte seine Schwerter ohne Kunstfertigkeit hin und her. Kajas Augen verengten sich misstrauisch.
„Darf ich sie sehen?", unterbrach sie seine gefährliche Darbietung.
Anstelle einer Antwort überreichte ihr Koray die Waffen. Kaja nahm die Schwerter mit gerunzelter Stirn in die Hand und hielt sie zusammen, wobei sie sich perfekt ineinanderfügten. Es war nicht mehr zu sehen, dass es zwei Klingen waren, so eng schmiegten sich die Parierstangen ineinander. Trotzdem konnte man sie nicht zusammengesetzt führen, das wäre zu instabil.
Warum sollte jemand so viel Aufwand und Geld darauf verwenden, die Schwerter so aufeinander abzustimmen, dass sie aussahen wie eines? Hohe Schmiedekunst und Magie hatten diese Waffe geschaffen. Das sah Kaja sofort, obwohl sie einfach gehalten waren, ohne jeden Zierrat, nur klare gerade Linien. Aber mit zwei so langen Klingen konnte man nicht gleichzeitig kämpfen, ohne sich selbst zu behindern.
Sie trennte die Schwerter. Jedes für sich sah vollständig aus, als könnten sie unmöglich zusammenpassen. Und doch fügten sie sich ineinander ohne einen erkennbaren Mechanismus. Kaja legte eines zur Seite, um das in ihrer Hand zu untersuchen. Der ovale Griff in ihrer Faust war schmaler, als sie es gewohnt war, aber das Gewicht verriet ihr, dass die Waffe perfekt ausbalanciert war. Die Klinge hatte genau die richtige Flexibilität, der Querschnitt war ungewöhnlich, aber funktional. Mit dem Finger fuhr sie über den Schliff der Schneide, der keine Spuren von Abnutzung zeigte und zog ihn mit einer schwarzen Schmiere daran weg.
Kaja rümpfte die Nase. Die Waffe war ungepflegt, als klebte der Dreck von Jahrhunderten an ihr. Sie wischte mit dem Zipfel ihres Kleides, das in der Nähe trocknete, über die patinierten Klinge und schneeweisses Metall kam zum Vorschein.
DU LIEST GERADE
Kein Weg aus der Finsternis - Die Legende von Kaja Band 2
FantasíaDie Legende von Kaja Band 2 Wenn sie ihm vertraut, wird er sie verraten, tut sie es nicht, werden sie sterben und wenn sie versagen, wird die Welt bluten. Die Jagd auf den sagen-umwobenen Schüssel geht weiter. Eine Macht, die in den falschen Händen...