Vera

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Ich starre ihm nach. Beim Rausgehen hat er sich genüsslich den Finger abgeleckt, und am liebsten hätte ich ihn da gepackt und wieder zurück in die Toilette gezogen. Und hallo, stört es ihn nicht, dass er aussieht, als hätte er aus einem Erdbeermarmeladenglas genascht? Anscheinend nicht.

Mann, war das gut, ich bin so gechillt,  fühle mich wie eine Königin. Dieser Kerl ist der Hammer, Vampir hin- oder her. Eben noch habe ich mich tot geglaubt und nun... hat er mir eher etwas geschenkt, als dass er was genommen hat. Aber warum, warum ich? Nun, ich habe ja seine Nummer, und werde ihn später mit Fragen löchern. Ich habe seine Nummer- ICH habe SEINE Nummer! Am liebsten würde ich jetzt schon anrufen... um zu prüfen, ob auch wirklich dieser tolle Typ da rangeht. Hm, wenn die Arbeit nicht wäre.

Mein Gott, die Arbeit! Sch...Ich ziehe mein iPhone aus der Tasche, zehn Minuten zu spät- nur zehn?! Eine SMS von Sheila, Ethan's Sekretärin, sagt mir, dass das Meeting um eine Stunde verschoben wurde. Ich atme erleichtert auf. Glück gehabt. Dieser Montag ist doch nicht so schlecht, wie ich angenommen hatte. Ich lebe noch, bin im postkoitalem Chill und krieg' sogar den blöden Vortrag noch rechtzeitig hin. Schnell antworte ich Sheila, dass ich später komme, und dann tippe ich Jared's Nummer in mein iPhone.

Ich säubere das bisschen Blut, das noch an mir klebt... ich habe es Jared zu verdanken, dass es nicht mehr so viel ist. Oh, nur nicht daran denken, wie seine Zunge... ich ziehe meine Unterhose wieder an, das hat etwas Entgültiges. Natürlich wische ich auch den Spiegel ab, schnappe den Mac (der noch da ist...wieder Glück gehabt...) und verlasse die Toilette, die fast mein Grab gewesen wäre. Doch jedes mal, wenn ich nun daran vorbei muss, werde ich an ihn denken müssen, und an den besten Orgasmus seit Jahren. Wenn ich überhaupt mal so einen hatte!

Auf dem kurzen Fußweg zu Arbeit denke ich darüber nach, was das für ein komischer Morgen war. Alles ist so unwirklich, aber vielleicht ist das noch dieses „Seligmachergift" in mir. Und will ich mich wirklich auf so ein... na ja, ein Monster, er tötet Menschen... einlassen? Er könnte mich irgendwann töten, vielleicht nur aus Versehen, wer weiß. Aber andererseits, was habe ich zu verlieren? Ein einsames Leben.

Er kann ja nichts dafür, dass er so ist, und ich mag ihn wirklich, vermisse ihn jetzt schon. Und irgendwie weiss ich, das er mich nicht absichtlich umbringen würde, dann hätte er es eben getan. Im Foyer prüfe ich noch mal mein Aussehen, und bereite mich auf das Meeting vor. Ich bin aufgeregt, aber nicht mehr ängstlich, als ich an meinen Schreibtisch komme und die Präsentation noch einmal checke. Noch eine halbe Stunde, dann geht es los. Ich starre auf mein iPhone.

Soll ich? 



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