Jared

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Sie wird es verstehen. Oder auch nicht. Ach verdammt, was soll ich tun? Ich kippe Zement in die Baugrube, in der ich Shane's Überreste vergraben habe. Dort wird ihn hoffentlich erst einmal niemand finden.

Es war verdammt knapp und ein paar Mal dachte ich, das ist das Ende, aber ich hatte heute wohl das Glück auf meiner Seite. Shane war nur eine Sekunde von meinem piepsenden Handy abgelenkt, und ich konnte diese Sekunde nutzen, ihn zu enthaupten. Ich habe meinen eigenen Mentor getötet, der mir lange zur Seite stand. Aber es war notwendig, sonst wäre ich jetzt einen Kopf kürzer gewesen.

Nicht nur, dass Vera geschockt sein wird, dass ich meinen Mentor getötet habe. Sie wird es gruselig finden, dass ich einen Kopf abreissen kann, als wäre er aus Pappe. Und sie ist auch in Gefahr. Natürlich werden die Anderen kommen und Fragen stellen. Sie werden der gleichen Meinung sein wie Shane. Am besten, ich tauche wieder unter. Ich will das natürlich nicht, nicht jetzt! Aber ich hätte damit rechnen müssen. Wenn man sich in einen Menschen verliebt (was eigentlich quasi unmöglich ist, Menschen sind ja Nahrung) muss man ihn verwandeln und mit in die Kommune nehmen. Und jetzt habe ich auch noch ein weiteres Gesetz gebrochen und einen meiner Artgenossen getötet.

Auf der Treppe stutze ich. Ich höre jemanden in meiner Wohnung. Mist, ich habe Vera ja den Schlüssel gegeben! Wie konnte ich nur so vorschnell sein? Oh, sie wird das Chaos in der Küche schon gesehen haben...

Ich bin in einer Viertelsekunde in der Küche, sie stellt gerade einen umgekippten Stuhl wieder hin und erschrickt fürchterlich. Sie wird totenbleich und ich bereite mich vor, sie aufzufangen. Doch sie bleibt stehen, hält sich eine Hand an die Brust und atmet tief durch. Süß, sie trägt geflochtene Zöpfe. Meine Fantasie schlägt Purzelbäume...du hast andere Sorgen, Jay, ermahne ich mich.

„Mach das nie wieder!" sagt Vera leise. 

Dann umarmt sie mich und drückt fest zu, wenn ich ein Mensch wäre, wäre ich wohl zerquetscht worden. Na ja, fast.

„Gott sei dank, du lebst" flüstert sie. 

Du lebst... oh, Süße, da hast du wohl was nicht mitgekriegt! Sie lässt mich nicht los, und ich halte sie, geniesse ihre Wärme, vielleicht zum letzten Mal. Über ihre Schulter sehe ich, das sie alles sauber gemacht hat. Verdammt, ich hätte ihr wenigstens kurz texten müssen, sie muss fürchterliche Gedanken gehabt haben.

Aber die Zeit war zu knapp gewesen.

Mad Monday Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt