32~Blutige Wahrheiten

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Song zu diesem Kapitel
Monsters von Ruelle

Ich starre auf das Handy in meiner Hand, mein Atem ist flach, meine Hände feucht. Der Anruf läuft. Es gibt kein Zurück mehr. Die Sekunden fühlen sich endlos an, bis eine tiefe, kontrollierte Stimme das Schweigen durchbricht.

„Ja?"

Ich schließe kurz die Augen, sammle mich und versuche, meine Stimme fest und kühl klingen zu lassen. Es darf keine Spur von Unsicherheit durchkommen. „Hi."

„Wer sind Sie und woher haben Sie meine Nummer?" Die Stimme klingt sofort angespannt, misstrauisch. Ich schlucke schwer, lasse mir aber nichts anmerken.

„Ich habe sie von Keanu", sage ich, bemüht, jedes Wort mit einer kalten Präzision auszusprechen, die mehr nach Geschäft als nach persönlicher Betroffenheit klingt. „Ich soll Ihnen ausrichten, dass er ihn erfolgreich umgebracht hat."

Am anderen Ende bleibt es kurz still. Ich höre nur ein leises Rascheln, als der Mann anscheinend die Position wechselt. „Und das hat er Ihnen gesagt?" Seine Stimme ist jetzt schneidend und fordernd, aber auch ein wenig irritiert.

Ich sehe wie Kenzo energisch mit seinem Kopf schüttelt.

„Ja, natürlich", antworte ich mit einem leichten Anflug von Überlegenheit in meiner Stimme. „Woher sollte ich sonst Ihre Nummer haben und es Ihnen bestätigen?"

Ich halte das Handy mit beiden Händen, um das Zittern zu verbergen, das ich nicht ganz unterdrücken kann. Aus dem Augenwinkel sehe ich Kenzo – Keanu – wie er mich anstarrt. Seine Augen sind weit aufgerissen, voller Schock und... Schmerz? Vielleicht auch Wut. Sein ganzer Körper strahlt Anspannung aus, während er sich in den Fesseln windet, als könnte er dadurch freikommen.

„Wo ist Keanu?" Die Stimme am Telefon ist nun drängender, fast ein wenig panisch.

Ich presse meine Lippen zusammen und sage so ruhig wie möglich: „Er ist gerade etwas am erledigen und kann nicht reden. Wortwörtlich."

Eine Pause. Dann ein scharfes: „Wie bitte?" Seine Verwirrung ist unüberhörbar, ein leises Knurren schwingt in der Stimme mit.

Ich lasse mir keine Zeit, um nachzudenken, bevor ich weiterspreche. „Jedenfalls bräuchte er dringend einen neuen Ausweis mit seinem gefälschten Namen drauf."

„Sie meinen Kenzo?" Seine Stimme ist jetzt ruhig, aber hinter der Kontrolle liegt eine klare Bedrohung.

„Genau den meine ich", sage ich knapp, bemüht, nicht nachzugeben.

Ich habe mein Ziel erreicht. Das ist alles was ich wissen musste.

Es folgt ein Moment der Stille, in dem ich mir fast einbilde, meinen eigenen Herzschlag durch das Handy zu hören. Der Mann am anderen Ende überlegt offensichtlich, was er sagen soll.

„Hören Sie", beginnt er schließlich, seine Stimme jetzt wieder fester. „Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber Sie spielen hier ein gefährliches Spiel. Geben Sie Keanu ans Telefon. Sofort."

Ich ziehe das Handy leicht von meinem Ohr weg, um den Anruf zu beenden, bevor er weitersprechen kann. Mein Daumen schwebt über dem roten Button, aber für einen kurzen Moment zögere ich. Schließlich drücke ich auf -Beenden-.

Ich atme schwer aus, fast als hätte ich die Luft angehalten. Langsam senke ich das Handy und sehe wieder zu Kenzo, der mich anstarrt, als hätte ich ihn gerade verraten. Seine Kiefer sind angespannt, seine Augen dunkel vor Zorn, aber da ist auch etwas anderes. Etwas, das ich nicht deuten kann.

Ich trete zu ihm und ziehe das Klebeband von seinem Mund ab. Er keucht kurz auf, atmet schwer, und für einen Moment sagt keiner von uns etwas.

„Du weißt nicht, was du gerade angerichtet hast." Seine Stimme ist heiser, leise, aber voller Wut.

Aiming at LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt