15. »Alles noch dran?«

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Ich streckte die Flügel weit aus und erreichte den gewünschten Effekt. Ich segelte im Sinkflug Richtung Erde. Beinahe perfekt setzte ich auf, kam dann aber durch den Schwung ins Straucheln und landete auf den Knien. Sofort war Tiana an meiner Seite. »Alles noch dran?«, fragte sie mich direkt. Ich konnte nur nicken, zu benebelt war ich noch von meinem ersten Flug.

Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich mich gar nicht so dämlich gemacht. Eigentlich müsste ich sogar stolz über meine Fortschritte sein. Luke fiel mir ein. Schnell ließ ich meinen blauen Panzer verblassen und ging zur Felsenansammlung. Hinter einem der grauen Steine blitzten ein paar Strähnen seines Haars hervor. Ich ging um den Stein herum und kniete mich auf eine sandige Stelle neben Luke.

»Wie wär's mit ein bisschen Gedankenübertragung? Oder wie man das nennt. Vielleicht hast du ja da mehr Erfolg.« Dankbar für die Ablenkung nickte er. »Meinetwegen.« Tiana, die mir gefolgt war, setzte zu einer Erklärung an. »Um eure Gedanken anderen zu schicken, müsst ihr eure Drachengestalt annehmen.

Geübte Drachenwandler können das auch mit kleinen Verwandlungen, wie die Handfläche, aber das ist sehr schwierig. In Menschengestalt kann ein Drache keine Gedanken verschicken, nur empfangen.« Ja, ja. Interessierte das hier jemanden? Ich würde es sowieso nicht schaffen. Luke hatte sich in Sekundenschnelle verwandelt und offenbar auch schon begriffen, wie das ging.

Jedenfalls hörte ich in meinem Kopf leise: »Hallo?« Alecya hatte es wohl auch gehört. »Ein guter Anfang«, lobte sie. »Aber erstens sollte es lauter und deutlicher werden, und zweitens musst du dich auf eine von uns konzentrieren, damit nicht alle mithören können.« Luke schwieg. Ich wunderte mich - warum gab er so schnell auf? »Das war schon viel besser!«, lachte Alecya.

Es dauerte einen Moment, bis ich begriff: Luke hatte in Alecyas Gedanken gesprochen. Beleidigt kniff ich die Augen zusammen. Aber war ich wirklich beleidigt? Das war eher ein anderes Gefühl, das war...Eifersucht? Aber wieso? Da war doch nichts dabei; Luke hatte nur in Alecyas Gedanken gesprochen, weil sie ihm Tipps gab. Oder? Jedenfalls durfte ich mir nichts anmerken lassen.

»Mach das mal nach!«, sagte eine Stimme in meinen Gedanken. »Raus aus meinem Kopf!«, fauchte ich erschrocken. Luke, in normaler Gestalt, grinste mich an. »Na los!«, forderte er mich abermals auf. Ich schickte ihm einen wütenden Blick zu, ehe ich mich in das blaue Halbwesen verwandelte. Meine Idee war, unbemerkt von den beiden anderen, in Lukes Kopf wüste Beschimpfungen abzulassen.

Aber dazu musste es erst mal klappen! Wie besessen dachte ich »Hallo?«, nur es schien nicht zu klappen. »Mach dir nichts draus«, beruhigte Tiana mich. »Wenn die Verwandlung noch nicht abgeschlossen ist, ist es schwerer.« Ich seufzte. Das fing ja gut an. »Hallo. Hallo? Hallo!!« »Hey, ganz schwach habe ich etwas gehört!«, rief Tiana. »Sehr gut, Connie!«

Nach diesem schwer errungenen Triumph brauchte ich eine Pause. Außerdem hatte ich Hunger; es war bestimmt schon Zeit fürs Mittagessen. »Lass uns zum Zelt gehen«, schlug ich Luke vor. »Mit etwas Glück sind Mum und Dad noch nicht da und wir können uns kochen, was wir wollen.«

***

Nach einer Nudelsuppe mit scharfen Würstchen legten Luke und ich uns in die Mittagssonne. Ich fragte mich, was Alecya und Tiana wohl aßen. Ich hatte sie bisher nie aus dem Wald kommen sehen. Kurz vor dem Waldrand hatten sie sich verabschiedet und waren als Drachen davongeflogen. Vielleicht wohnten sie irgendwo hinter dem Wald?

Die Sonnenstrahlen waren angenehm warm und meine Gedanken schweiften zu Connor. Er war wirklich seltsam. Erst erzählte er mir offen alles über Drachen - nachdem er mich enttarnt hatte - und dann wurde er verschlossen und wütend. Und dann kam er daher und zeigte mir wo er wohnte... Aber konnte ich das wirklich beurteilen? Ich hatte bisher eigentlich nur Luke als Freund gehabt.

Und der war ein Thema für sich. Vielleicht war Connor ja ganz normal - abgesehen davon, dass er ein Drache war. Ich atmete tief die Luft ein. Es roch nach Gras und nach Sommer. Eine Biene flog an meinem Gesicht vorbei und sammelte emsig Blütenstaub von den Butterblumen, die um uns herum aus dem Gras sprossen.

Ich drehte den Kopf nach rechts zu Luke und sah zu, wie die leichte Brise seine ohnehin bereits zerzausten Haare verwuschelte. Er hatte die Augen geschlossen und die Sonne glänzte auf seiner gebräunten Haut. Ach, hätte ich nur auch so einen schönen Teint...aber ich musste mich mit heller Haut zufrieden geben. Dieses Wochenende war nicht nur für mich ein schönes Erlebnis - auch Luke musste es gefallen.

Vor ein paar Jahren hatte er mir erzählt, wie sehr er das Reisen liebte. Aber seine Familie konnte sich diesen Luxus einfach nicht leisten. Für viele an unserer Schule war es ganz normal, jede Ferien wegzufahren. Für Luke nicht, und, wenn ich ehrlich war, für mich auch nicht. Meine Eltern hatten wenig Zeit für mich.

Im nächsten Kapitel wird es wieder spannend, versprochen (: Aber ich habe jetzt mal ein 'Übergangs-' Kapitel machen müssen, sonst passiert ja alles Schlag auf Schlag!

Eure FantasyWriting14 ♡

Dragons-Magische VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt