Lampenfieber ist der Versuch, so zu tun, als hätte man keins.
(Rudolf Platte)
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Tausend Tode!
Tausend Tode starb ich, als ich die Tür hinter mir schloss und den anwesenden Personen ein nervöses Lächeln schenkte. Zwei Männer, eine Frau ... in einem leeren, recht kleinen Raum. Sie saßen hinter einem schlichten Tisch einem vierten, leeren Stuhl zugewandt, auf den die Frau – blonde, zu einem strengen Dutt zusammengefasste Haare; wache, blaue Augen; schätzungsweise Anfang 50 – einladend deutete.
Mit drei schnellen Schritten überbrückte ich die Distanz von Tür zu Stuhl und ließ mich mit einem leisen Dank darauf nieder, die Handtasche zu meiner Linken auf den Boden stellend.
„Miss Riordan ...", sprach mich der jüngere der beiden Männer an. Er wirkte wie Mitte 30, die schwarzen Haare waren etwas länger und leicht wirr, sein Gesicht wirkte durch ein leichtes Lächeln sehr freundlich. „Ich möchte uns zunächst einmal vorstellen. Margret Huxley und George Ashton, Vorstandsmitglieder dieser Schule", er wies auf die Frau und den zweiten Mann neben sich, „Und ich bin Ethan Stanton, leitender Schauspiellehrer"
Zwischen den beiden älteren, streng auf mich hinab blickenden Personen wirkte er wie ein rettender, lächelnder Fels, der mich davor bewahrte, in meiner Nervosität und Angst zu ertrinken. Vor allem Mister Ashton wirkte mit seinen akkurat zurückgekämmten, grau melierten Haare und der selbstsicheren Haltung wie ein englischer Aristokrat.
Da ich unfähig war, auch nur ein einziges Wort zwischen meinen Lippen hervor zu pressen, nickte ich allen dreien möglichst freundlich lächelnd zu, auch wenn dies vermutlich nicht die angemessene Begrüßung war.
„Ich bitte Sie, sich nun vorzustellen und uns ein wenig von Ihrem Leben und Ihren bisherigen Werdegang als Schauspielerin zu berichten!", forderte mich Mister Stanton auf, wobei seine dunklen Augen sein freundliches Lächeln widerspiegelten.
Für einen kurzen Moment senkte ich den Kopf, schloss die Augen und atmete einmal möglichst tief ein und aus. Dann fing ich an zu sprechen. Zwar war meine Stimme anfangs dünn und zitterte leicht, doch je länger ich redete, umso fester wurde sie. Nur kurz umriss ich meine schulische Laufbahn, erzählte mit knappen Worten von Dad, Fiona und Cillian und berichtete von meiner Arbeit im O'Sheas. Mehr Zeit widmete ich meiner schon früh erwachten Leidenschaft fürs Schauspiel, meinem Engagement in der Schulschauspielgruppe und meiner Festanstellung bei Sam. Ich zählte die Stücke auf, in denen ich mitgewirkt hatte, und erwähnte auch den Workshop, den ich vor zwei Jahren bei einem recht bekannten, irischen Theaterschauspieler absolviert hatte.
Als ich nach etwa zehn Minuten verstummte, nickte mir Mister Stanton leicht zu. Die anderen beiden hatten noch immer die selbe ausdruckslose Maske auf und ließen sich somit nicht anmerken, was sie von meinen Ausführungen hielten.
„Nun, dann wollen wir Sie natürlich auch einmal in Aktion sehen. Suchen Sie sich eine Szene aus, die Sie bereits gespielt haben und in der Sie uns von ihren Qualitäten überzeugen können!", wies er mich sogleich an. Natürlich hatte ich mit solch einer Aufgabe gerechnet. Trotzdem benötigte ich einen Moment des Nachdenkens, ehe ich aufstand und meinen Stuhl etwas zur Seite stellte, dass ich genug Platz hatte. Ich selbst trat ein paar Schritte zurück, konzentrierte mich und dachte an den Abend der Premiere von „Romeo und Julia" zurück. Ich hatte mich für die Szene entschieden, in der Romeo – in unserer Version des Stückes – Julia auf eine Party einladen wollte und sie ihn mit einem längeren Monolog klar machte, was sie von seiner Macho-Art hielt.
Die ersten paar Worte fielen mir schwer, da Julia viel selbstbewusster und schlagfertiger war als ich es in diesem Moment sein konnte. Doch dann war ich ganz in der Rolle und konnte die Szene beinahe genau so abliefern, wie ich es vor ein paar Wochen auf der Bühne unseres Theaters getan hatte. Nur erhielt ich dieses Mal keinerlei Applaus – nur ein knappes Danke von Mister Stanton.
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Remember When It Rained | Tom Hiddleston
FanficYou may not always end up where you thought you were going, but you will always end up where you meant to be. Sie bot allem ein Schauspiel - ihrem Publikum, ihrer Familie, ihren Freunden. Als wüsste sie selbst nicht mehr, wer sie war und was die Ro...